Cookie-Richtlinie: Wie die EU Internet-Nutzer nerven will

Dieses Thema im Forum "Netzwelt" wurde erstellt von Melcos, 1. Mai 2009 .

  1. 1. Mai 2009
    COOKIE-RICHTLINIE
    Wie die EU Internet-Nutzer nerven will



    Die EU-Ratspräsidentschaft versucht, ein Zustimmungsverfahren zu Cookies einzuführen. Das klingt zunächst nach einer langweiligen Marginalie. Bis man begreift, dass Sie mehrere Einverständniserklärungen hätten unterzeichnen müssen, um auch nur diese Zeilen zu lesen.

    Über Cookies kann man geteilter Meinung sein. Die kleinen Textdateien machen Notizen über Ihr Surfverhalten, über Ihre auf bestimmten Web-Seiten gewählten Einstellungen und Präferenzen und darüber, welchen Funktionalitäten einer Seite Sie zugestimmt und welche Sie abgelehnt haben.

    Betreiber von Web-Seiten nutzen Cookies, um Ihnen zum Beispiel ein bequemes Einkaufen zu ermöglichen. Sie sorgen dafür, dass Sie beim Einloggen in Ihren Instant Messenger nicht jedesmal Nutzernamen und Passwort eingeben müssen. Wir bei SPIEGEL ONLINE setzen sie unter anderem ein, um - anonymisiert - zu registrieren, wie viele Menschen welche Werbung zu sehen bekamen.

    Für Nutzer sind Cookies wichtig, weil sie viele Dinge bequemer machen. Für uns Web-Unternehmen sind sie wichtig, weil die über Cookies erhobenen Daten eine essentielle Grundlage für unsere Refinanzierung darstellen. SPIEGEL ONLINE wäre nicht bezahlbar, wenn es gegenüber Werbekunden nicht ausweisen könnte, wie viele Leser es hat. Wenn Sie so wollen, werde auch ich mit Keksen bezahlt.

    So weit, so gut. Aber Cookies sind auch Protokolle über Dinge, die Sie im Netz getan haben. Und natürlich gibt es Unternehmen, die mit solchen Informationen Schindluder treiben.

    Ich persönlich habe meinen Browser deshalb so eingestellt, dass er sie bei jedem Schließen des Programms komplett löscht. Jeder Browser ermöglicht auch, nur sogenannte Session Cookies anzunehmen - Cookies, die nach Beendigung einer Internet-Nutzung wieder verschwinden. Sehr viele Nutzer machen das so und jeder kann es: Es dauert nur ein paar Sekunden, das entsprechend einzustellen.

    Sind Sie einverstanden? Wirklich? Ganz sicher? Hm?

    Der EU ist das nicht genug. Sie berät zurzeit über eine Neufassung des Artikels 5 der Richtlinie zur Privatsphäre und Elektronischen Kommunikation (kurz "ePrivacy-Richtlinie"), die Gutes will und Brachiales verursachen könnte. Der seit Freitag vorliegende, nicht öffentliche Textvorschlag der EU-Ratspräsidentschaft läuft informierten Kreisen zufolge angeblich darauf hinaus, den Einsatz von Cookies an ein Opt-in-Verfahren zu koppeln. Das heißt, dass jedesmal, wenn Ihrem Browser ein Cookie gesetzt werden soll, Sie ein Pop-up-Fenster oder eine "Vertragsseite" präsentiert bekämen, und Sie zuerst Ihr ausdrückliches Einverständnis erklären müssten. Nach Meinung der Befürworter dient diese Cookie-Ergänzung der Datensicherheit der Nutzer.

    Denn Cookies, das haben die EU-Parlamentarier durch die Diskussionen um Google, vor allem aber um den britischen Datenkraken Phorm gelernt, können dazu dienen, das Konsumverhalten von EU-Bürgern auszuspionieren. Es gäbe wohl wichtigere Datenschutzthemen, die eine Hinterfragung lohnen würden - von Ursula von der Leyens abstrusen Internet-Sperr-Plänen über Wolfgang Schäubles Überwachungsphantasien bis hin zur Bürgerdaten-Tombola im internationalen Sicherheitsbehörden-Club und zur leidigen Vorratsdatenspeicherung. Sei's drum: Die EU-Parlamentarier finden es okay, wenn unsere Vorstrafen zwecks Terrorrabwehr an US-Behörden vermailt werden und unsere ganze Kommunikation auf Monate dokumentiert wird. Hauptsache, niemand bekommt ohne ausdrückliches Einverständnis einen Cookie.

    Die klammheimlichen Verordnungspläne gehen zahlreichen Medien-, Werber- und Händlerverbänden dagegen ganz schön auf den Keks.

    Bürger, duck' Dich: Man hält Dich für nicht mündig

    Kein Wunder, denn in der Praxis würde die Ergänzung zur ePrivacy-Richtlinie bedeuten, dass Sie auf jeder besuchten Web-Seite mit ganzen Kaskaden von Pop-up-Verträgen belästigt würden.

    Jedesmal, wenn Sie einen Artikel aufriefen, eine Seite weiterblätterten, der Ad-Server, der die Werbung einspielt, eine Anzeige wechselte; wenn Sie sich bei Amazon einen Artikel ansähen, wenn Sie versuchen würden, die Artikel-Merkfunktion bei Ebay zu nutzen; wenn Sie Benutzereinstellungen in Ihrem Facebook-, MySpace- oder StudiVZ-Account vornähmen; wenn Sie sich in Ihr E-Mail-Konto einloggten, bei jedem Schritt in Ihrem Online-Banking würde Ihnen ein Pop-up serviert, in dem Sie erst einmal bestätigen müssten, dass Sie wirklich wollen, was Sie da gerade tun und damit einverstanden sind, dass Ihnen auch ermöglicht wird, was Sie wollen: umzublättern, Artikel aufzurufen, einzukaufen, Post zu lesen, Social Networks zu nutzen. Herr, wirf Hirn vom Himmel!

    Europa, die Nervzone des Webs?

    Man muss sich das einmal vorstellen. Mit der bequemen Nutzung des Webs wäre es vorbei, sobald man sich auf Web-Seiten bewegt, die in der Europäischen Union hinterlegt sind - denn natürlich würde all das für außereuropäische Seiten nicht gelten. SPIEGEL ONLINE unterschiede sich vom "Sydney Morning Herald online" nicht nur in Sprache, Design und geografischem Fokus, sondern auch dadurch, dass es seine Nutzer gesetzlich verordnet dauernerven müsste - denn EU-Direktiven sind nach dem Subsidiaritätsprinzip in Landesgesetze umzusetzen.

    Dabei kommt viel Sinnvolles heraus, leider zu oft aber auch geballter Schwachsinn. Das Problem dabei: Oft erfahren wir zu spät davon, weil EU-Themen in der Öffentlichkeit selten diskutiert werden. Vieles, was dort in der Mache ist, erscheint als bürokratisch und sehr weit weg - bis es uns in Form gültiger Gesetze serviert wird mit dem Argument, EU-Richtlinien müssten halt umgesetzt werden.

    Im Fall Cookies steht zu befürchten, dass viele der Leute, die möglicherweise schon am 5. Mai darüber abzustimmen haben, nicht den geringsten Schimmer haben, worüber sie da eigentlich abstimmen. Es einfach nicht begreifen, sich nicht vorstellen können. Das Thema nicht erfassen, weil sie es nicht kennen. Das Internet nicht nutzen, sondern nutzen lassen, aber durchaus darüber entscheiden. In informierten Kreisen nennt man solche einflussreichen Menschen auch "Internet-Ausdrucker". Man kann nur hoffen, dass von denen wenige beteiligt sind; dass auch unsere deutschen Abgeordneten die Wichtigkeit des vermeintlich technischen Themas begreifen.

    Denn man kann leider nicht davon ausgehen, dass das Thema vor der Abstimmung wirklich vertieft, erklärt und beredet würde. Es ist eine kleine, scheinbar marginale Änderung von vielen in einer Richtlinie, die nur einige wenige wirklich lesen werden. Erheblich größer wird die Zahl der Betroffenen ausfallen: Aktuellen Schätzungen zufolge gibt es davon allein in Deutschland rund 55 Millionen. Gemeint sind alle Internet-Nutzer, vor allem aber die, die dort versuchen, ihr Geld zu verdienen.

    Verordneter Wettbewerbsnachteil

    Ingo Notthoff, Sprecher des Bundesverbands Digitale Wirtschaft BVDW, entdeckt in den wohlmeinenden Plänen einen "Rückschlag für Internet-Nutzer und die Online-Wirtschaft". Er ist damit nicht allein: Wenn eine EU-Richtlinie die Nutzung europäischer Web-Seiten verkomplizieren würde, liefe das auf eine verordnete Wettbewerbsverzerrung hinaus. "Die Einführung eines Opt-in-Systems würde die Nutzung des Internets für den einzelnen Nutzer durch zahlreiche Zustimmungserfordernisse verlangsamen und den Zugang zu Online-Services und -Inhalten verkomplizieren", heißt es auch in einem Brief der Verlegerverbände an die deutschen Europa-Abgeordneten. "Eine einfache und verbraucherfreundliche Nutzung von Web-Seiten wäre dann nicht mehr möglich."

    Es ist sogar noch schlimmer: Die Regelung ist schlicht kontraproduktiv. Sie schützt die Daten der Nutzer nicht, sondern nervt sie nur unnötig. Wenn ich mit meiner Browsereinstellung, die alle Cookies und Verlaufsdaten nach jeder Sitzung löscht, solch eine EU-kompatible Seite besuche, werde ich jedes Mal aufs Neue mit diversen "Sind Sie einverstanden, dass ..."-Fenstern genervt. Mein Kollege, der auf Datenschutz pfeift und alle Cookies und Verlaufsdaten bis zum Jüngsten Gericht speichert, wird damit nur ein einziges Mal konfrontiert: Sein einmal gegebenes Einverständnis bleibt archiviert.

    Was bitte schön soll an dieser Regelung im Sinne des Verbrauchers sein? Wie soll ihn das schützen? Wer sich selbst schützt, indem er Cookies killt, statt sich damit EU-konform einverstanden zu erklären, wird mit endlosen Pop-up-Kaskaden bestraft. Wer seinen Datenschutz vernachlässigt, wird auch mit den EU-Cookie-Pop-ups nicht behelligt.

    Erde an Brüssel: jemand zu Hause?

    Quelle: spiegel online - 01.05.2009
     
  2. 1. Mai 2009
    AW: Cookie-Richtlinie: Wie die EU Internet-Nutzer nerven will

    Mein Gott es ist nur ein Entwurf...
    Es werden keine Gesetze verabschiedet, die gegen die Interessen der Medienkonzerne gerichtet sind. Der Grund dafür sollte klar sein.

    Außerdem betreibe ich eine weitaus strengere Cookiepolitik und lege selbst für Subdomains fest, ob Cookies sessionweise gespeichert werden sollen.
    Reißerischer Artikel.
     
  3. 1. Mai 2009
    AW: Cookie-Richtlinie: Wie die EU Internet-Nutzer nerven will

    würd ich dem artikel so nicht unterstellen.. es passiert oft genug, dass sinnlose abkommen und richtlinien verabschiedet werden, obwohl die abgeordneten keinen blassen schimmer vom thema haben
     
  4. 1. Mai 2009
    AW: Cookie-Richtlinie: Wie die EU Internet-Nutzer nerven will

    Dem ist nur noch hinzuzufügen, dass das beste Beispiel die Vorratsdatenspeicherung ist...
    Bleibt nur zu hoffen, dass der Entwurf nicht umgesetzt wird...

    Mfg
    TuXiFiED
     
  5. 1. Mai 2009
    AW: Cookie-Richtlinie: Wie die EU Internet-Nutzer nerven will

    Mal wieder ein Top Artikel und endlich mal einer, der auch andere Unmöglichkeiten zumindest andeutet. 1A geschrieben und wirklich gut. Was Brüssel da tut wird am Ende alleine die Arbeit im Parlament in eine Geschwindigkeit des letzten Jahrhunderts zurückwerfen.

    Mal sehen was passiert.
     
  6. 1. Mai 2009
    AW: Cookie-Richtlinie: Wie die EU Internet-Nutzer nerven will

    Wie wärs mit einer neuen Topic ?

    "EU-Abgeordnete suchen verzweifelt nach Dasseinsberechtigung"

    Absoluter Unsinn was die erlassen wollen.
    Die tun alles außer das Volk vertreten.

    lg
     
  7. 1. Mai 2009
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 14. April 2017
    AW: Cookie-Richtlinie: Wie die EU Internet-Nutzer nerven will

    Bild
    {img-src: http://www.kolumne24.de/blogbilder/cookies-delete.jpg}

    Das da jetzt die Leute aus der Onlinewirtschaft, oder wie man sie nennen soll, bedenken anmelden war ja klar. Ich bin kein Fan von dem Gedanken, dass jemand mein Kaufverhalten ausspäht.
     
  8. 1. Mai 2009
    AW: Cookie-Richtlinie: Wie die EU Internet-Nutzer nerven will

    Der Eindruck entsteht zumindest zusnehemend. Ich mein was soll das auch, Richtlinien für jeden Mist erlassen aber so Sachen wie Einheitsgrößen im Supermarkt (die wirklich sinnvoll waren) abschaffen..
    Da sehe ich keinen Sinn drin..
    mfg
    4n4rch157
     
  9. 2. Mai 2009
    AW: Cookie-Richtlinie: Wie die EU Internet-Nutzer nerven will

    Najo, der Artikel stellt ein Szenario dar, das er wirklich stark überspitzt.
    Sollte es wirklich jemals so weit kommen, wird es andere Lösungen geben, irgendjemand schreibt schon nen Crack oder so. Ansonsten machen wir es so wie der Freund des Autors der auf Datenschutz pfeift und stellen noch weniger persönliche Daten ins Netz, dann wird die Angelegenheit halt noch anonymer. ^^
    Ich mach mir erst nen Kopf darüber, wenn es wirklich soweit ist. ^^
     
  10. 2. Mai 2009
    AW: Cookie-Richtlinie: Wie die EU Internet-Nutzer nerven will

    nbegreiflich, wie man auf so eine Idee kommt.. wenn das durch kommt, würd ich echt überlegen, das nternet abzuschaffen...ne. dann wär mein leben vorbei^^..aber trotzdem totaler nonsens
     
  11. 5. Mai 2009
    AW: Cookie-Richtlinie: Wie die EU Internet-Nutzer nerven will

    na ja der Text ist aber wirklich alles andere als objektiv. Spiegel online halt. Also ich habe nach paar Absätzen aufgehört zu lesen, viel zu einseitig. Und letztendlich so dumm ist der Entwurf nicht. Guckt mal, wieviele Cookies ihr habt und wieviele wirklich für uns nützlich sind. Dass die Onlinebetreiber mit den Cookies ihr Geld machen, also mit meinen Daten, interessiert mich ein Scheiss.
     
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