Sashiko - die traditionelle japanische Art des Stickens

Artikel von Tommy Weber am 20. April 2021 um 08:45 Uhr im Forum Allgemeines & Sonstiges - Kategorie: Trend & Lifestyle

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Sashiko - die traditionelle japanische Art des Stickens

20. April 2021     Kategorie: Trend & Lifestyle
Für alle, die gerne sticken, wird Sashiko mit Sicherheit Liebe auf den ersten Blick bedeuten. Die traditionelle Kunst des Stickens aus Japan ist immer wieder anders, es gibt ständig etwas Neues zu lernen und unendlich viele Möglichkeiten der Gestaltung. Es lohnt sich, etwas über die Kultur sowie die Art und Weise dieser besonderen Handarbeit zu erfahren. In Japan ist Sashiko nicht einfach nur sticken, wer stickt, begibt sich vielmehr auf den Do, einen einzigartigen Weg.

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Sashiko bedeutet, immer eine Entdeckungsreise zu machen. Nicht das fertige Produkt steht dabei im Mittelpunkt, sondern vielmehr der Weg, der dorthin führt.

Eine außergewöhnliche Technik
Sashiko hat im Land der aufgehenden Sonne eine sehr lange Tradition und Geschichte. Ursprünglich handelte es sich dabei nicht um die Kunst des Stickens, sondern um eine Reparaturtechnik, mit der schadhafte Kleidung ausgebessert wurde. Aus diesem Handwerk der speziellen Sticktechnik hat sich im Lauf der Jahrhunderte eine Technik entwickelt, um Kleidung attraktiv zu verzieren. Streng genommen ist Sashiko in der Grundtechnik eine eher einfache Stickerei. Schon im Kindergarten erlernen die Kinder Sashiko mithilfe von vorgestanzten Schablonen. Zugleich lernen sie, dass es nicht nur auf das Sticken allein ankommt, was zählt, ist allein der Weg, der zum Ziel führt.

In der Kunst des japanischen Stickens spielen die ausgeklügelten Motive ebenfalls eine Rolle, aber wichtiger ist Do, also der Weg. Achtsamkeit ist genauso wichtig wie Meditation, denn auch dies ist Sashiko in den Momenten, in denen gestickt wird.

Wie wird gestickt?
Grundsätzlich wird für die japanische Form des Stickens kein Stickrahmen verwendet, gestickt wird immer mit dem sogenannten Vorstich. Bei Sashiko Stickereien wandert der Stoff durch die Nadel und nicht umgekehrt, wie es beim klassischen Sticken der Fall ist. Während eine Hand die Sticknadel hält und mit dem Finger Druck auf die Nadel ausübt, bewegt gleichzeitig die andere Hand den Stoff durch die Nadel. Auf diese Weise werden so viele Stiche wie möglich auf einmal auf die Sticknadel gelegt, und zwar so lange, bis der Faden durchgezogen und dann wieder neu angesetzt wird.

Bei der alten japanischen Form des Stickens ist es wichtig, dass dabei immer der kürzeste Weg durch das jeweilige Muster gewählt wird.

Welche Farben stehen zur Verfügung?
Traditionell sind es die beiden Farben Blau und Weiß, die beim Sashiko Sticken verwendet werden, entweder wird ein weißes Sashiko-Garn für ein blaues Grundmaterial gewählt oder umgekehrt. Diese Reduktion der Farben in der alten Stickkunst entspricht bis heute der japanischen Kultur. Ebenfalls von Bedeutung sind die Prinzipien, denn die japanische Kunst lebt vor allem von der Reduktion und dem Weglassen. Nur so gelingt es, den Fokus auf das Eigentliche zu lenken und darin die Schönheit zu finden.

Material, Garn und Nadeln
Beim Sashiko Sticken wird hauptsächlich Baumwolle verwendet. Möglich ist auch Leinen und bei sehr feinen Stickereien ist reine Seide eine sehr gute Wahl. Etwas Besonderes ist das Garn, was für diese spezielle Stickerei verwendet wird. Dieses Garn ist sehr eng gedreht, damit sich eine schöne, ebenmäßige Oberfläche sticken lässt. Es gibt dünnes Garn mit vier Fäden und dickeres Garn mit sechs Fäden, welches infrage kommt, richtet sich nach dem jeweiligen Stoff. Dünnes Garn ist für Seide und Leinen ideal, dickeres Garn passt sehr gut zur Baumwolle. Die Dicke des Stickgarns hat immer einen sehr großen Einfluss auf den optischen Effekt des Musters.

Neben dem Garn gibt es auch besondere Sashiko-Nadeln. Diese Nadeln sind deutlich länger als herkömmliche Sticknadeln und sehr kompakt. Die längsten Nadeln messen 51 Millimeter und sind nur etwas für Könner der japanischen Stickkunst. Zum Sashiko Sticken gehört immer ein Fingerhut oder ein breiter Fingerring, die auf dem Zeigefinger oder dem Mittelfinger getragen werden.

Welche Motive sind besonders beliebt?
In Japan werden seit Jahrhunderten traditionell Taschentücher, Servietten, Unterlagen für die Teezeremonie und vor allem Handtücher bestickt. Dafür werden Motive gewählt, die eine ganz besondere Bedeutung haben. Frauen, die heiraten, besticken für ihre Aussteuer sogenannte „Yumefukin-Tücher“, was übersetzt so viel wie Traumhandtücher bedeutet. Viele dieser Tücher haben bereits ein eingezeichnetes Muster, was nur noch nachgestickt werden muss. Die Tücher werden auch ohne Muster angeboten und wer möchte, kann mit einem wasserlöslichen Stift selbst ein Muster auf den Stoff zeichnen und dann nachsticken.

Die Muster auf den Traumhandtüchern sind nicht zufällig gewählt, sie folgen vor allem ästhetischen Aspekten. Jedes dieser Muster hat eine sehr lange Tradition und immer eine symbolische Bedeutung.

Die Welt der Götter
Die Muster, die auf die Traumhandtücher gestickt werden, stammen in der Hauptsache aus der japanischen Götterwelt des Shintoismus, was so viel wie der Weg der Götter bedeutet. Der Shintoismus ist die traditionelle Religion des Landes, neben dem später aus China dazu gekommenen Buddhismus und der Naturreligion. In der japanischen Götterwelt gibt es unzählige Naturgeister, Götter und seltsame animierte Wesen, die in vielen Erzählungen und Legenden immer wieder auftauchen. Durch die Sashiko-Stickerei werden auf den Traumhandtüchern zum Teil ganze Geschichten erzählt oder höfische Gegebenheiten aus dem Kaiserhaus wiedergegeben. Die Bedeutung der Muster soll auf den Träger und auf seinen Alltag übergehen.

Den kürzesten Weg gehen
Zu jeder Sashiko-Stickerei gehören noch bestimmte Prinzipien. Eines davon lautet: Suche stets den kürzesten Weg. Genau dieses Prinzip macht die japanische Stickkunst so einfach, denn es gibt keine komplizierten Muster oder Techniken. Gestickt wird mit einfachen Vorstichen und die Nadel liegt dabei ruhig in der Hand. Was sich bewegt, ist der Stoff, der durch die Nadel gestochen wird. Für alle, die das klassische Sticken gewohnt sind, ist die japanische Art des Stickens zunächst eine sehr große Umstellung. Allerdings wird schnell klar, dass diese Art zu sticken sehr entspannend ist und tatsächlich einer Meditation gleicht.

Im Set kaufen
Alle, die gerne Sticken und gerne einmal etwas Anderes ausprobieren wollen, sollten sich ein Stickmuster-Set kaufen. Es gibt im Internet eine gute Auswahl an unterschiedlichen Sets für Anfänger und für Fortgeschrittene. Ein Set enthält in der Regel zwei bis drei unterschiedliche Nadeln, Traumhandtücher oder Traumtaschentücher sowie das passende Garn. Wer noch nie nach der Sashiko-Kunst gestickt hat, sollte mit einem kleinen Set aus zwei Nadeln, zwei Garnen in Blau und Weiß und natürlich mit zwei Traumtaschentüchern beginnen. Ideal ist es, wenn die Tücher ein vorgezeichnetes Muster haben.

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Bildquelle: © Depositphotos.com / maxcab
 
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Kommentare

#2 26. April 2021
Vielen Dank für den interessanten Artikel! Ich habe zwar schon jahrelang nicht mehr gestickt, kann mir aber gut vorstellen, dass ich es mit diesem Sashiko probiere. Es liest sich richtig schön und schaut genauso toll aus.