Haben Elektroautos eine Chance?

Artikel von Tommy Weber am 21. Juni 2021 um 09:58 Uhr im Forum Auto & Motorrad - Kategorie: Technik

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Haben Elektroautos eine Chance?

21. Juni 2021     Kategorie: Technik
Sie sind teuer, unkalkulierbar und außerdem noch gefährlich – geht es um Elektroautos, dann gibt es eine Menge Vorurteile. Die Autos mit dem elektrischen Antrieb sollen eine klimaschonende Alternative zu einem Auto mit Benzin und Diesel sein. Aus ökonomischer Sicht sind aber nicht nur die ökologischen Effekte von E-Autos kritisch zu betrachten. Ob sich diese Autos tatsächlich in der nahen Zukunft durchsetzen können, hängt nicht nur von den technischen Entwicklungen ab. Eine wichtige Rolle spielen noch die Preise für die benötigten Rohstoffe und natürlich die Strompreise.

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Noch fehlt es an gesicherten Erkenntnissen, mit welchen gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen in der Zukunft zu rechnen ist.

Ein ambitioniertes Ziel
Aus politischer Sicht hat sich Deutschland, was Elektroautos angeht, sehr ambitionierte Ziele gesetzt. Eines dieser Ziele war es, bis zum Jahr 2020 eine Million E-Autos auf die Straße zu bringen, was rund zwei Prozent des gesamten Fahrzeugbestands an PKWs wären. Wie utopisch dieses Ziel ist, hätte die Politik bereits 2010 erkennen müssen, denn zu diesem Zeitpunkt gab es gerade einmal 1642 E-Autos auf deutschen Straßen.

Hingegen alles andere als schleppend verlaufen ist die Entwicklung im Bereich der E-Fahrräder. Gab es 2005 noch 25.000 der Fahrräder mit Elektroantrieb, so wurden nur drei Jahre später schon 110.000 und 2009 sogar 150.000 Pedelecs in Deutschland verkauft. Dies ist ein Anstieg von 36 Prozent.

Kaum Interesse
Es wird viel geworben und noch mehr versprochen, es gibt Prämien und trotzdem schließt mehr als die Hälfte der Deutschen den Kauf eines E-Autos kategorisch aus. Eine Studie aus dem Jahr 2020 zeigt das sehr deutlich. Die Argumente der Skeptiker gleichen denen in anderen Ländern. Während sich in Deutschland knapp 60 Prozent gegen ein E-Auto entscheiden, sind es in den USA 50 Prozent, in Frankreich 57 Prozent und in Japan 46 Prozent. Nur in China kann sich, laut der Studie, eine große Mehrheit mit dem Elektroauto anfreunden.

In Deutschland wird vor allem der Mangel an Ladestationen als Grund genannt, sich gegen ein E-Auto zu entscheiden, dann folgen die zu geringen Reichweiten der elektrisch betriebenen Autos im Vergleich zu Benzinern und Dieselfahrzeugen. Viele Menschen bemängeln besonders die langen, erzwungenen Ladepausen während einer ausgedehnten Fahrt.

In Frankreich nennen die Menschen den hohen Preis der E-Autos als Hauptgrund, sich keinen dieser Wagen zu kaufen, in Deutschland sind viele Verbraucher der gleichen Meinung. Ein weiteres Argument, warum sich so viele gegen ein E-Auto aussprechen, ist, dass sie die Technologie nicht für umweltfreundlich halten. In Frankreich ist ein Viertel der Befragten ebenfalls dieser Ansicht. In den USA spielt die Umweltfreundlichkeit ebenso wenig eine Rolle wie in Japan. In Amerika denken elf Prozent, dass E-Autos schädlich für die Umwelt sind, in Japan ist es gerade einmal ein Prozent.

Sind E-Autos wirklich so umweltfreundlich?
E-Autos gelten als emissionsfrei, da sie im Unterschied zu einem Verbrennungsmotor keine direkten Emissionen erzeugen, allerdings entstehen aber CO2-Emissionen und Schadstoffe bei der Stromproduktion. Geht es um die sogenannte Lebenszyklus-Analyse, dann kommen noch die CO2-Emissionen dazu, die bei der Produktion eines E-Autos anfallen. Hier zeigt sich dann, dass ein Elektroauto praktisch eine CO2-Last mit durch sein ganzes Autoleben schleppt. Diese Last ist deutlich größer als bei Autos, die einen Verbrennungsmotor haben. Schuld daran ist die Produktion der Batteriezellen, die sehr aufwendig ist, was die Energie angeht.

Wie sieht es mit der Reichweite aus?
Wie groß die Reichweite bei Elektroautos reicht, ist immer von unterschiedlichen Faktoren abhängig, beispielsweise von der Außentemperatur und vom individuellen Fahrverhalten. Studien haben gezeigt, dass E-Autos einen bis zu 20 Prozent höheren Verbrauch an Strom haben und damit zugleich deutlich geringere Reichweiten erreichen. In den Wintermonaten kann es sogar ein bis zu 30 Prozent höherer Stromverbrauch sein.

Allerdings kommen immer mehr elektrisch betriebene Autos auf den Markt, die Reichweiten von 300 bis 400 Kilometern und eine Schnellladeleistung von bis zu 150 kW haben, zudem werden E-Autos mit unterschiedlichen Batteriegrößen angeboten.

Sind E-Autos zu teuer?
Wer einen Blick auf die Bruttolistenpreise für E-Autos schaut, wird schnell feststellen, dass diese Wagen sehr teuer sind. Werden hingegen die kompletten Betriebskosten, wie die Steuern, die Wartung, die Versicherung oder die Energiekosten plus Umweltbonus dazugerechnet, dann sind E-Autos im Vergleich überraschend günstig. Entscheidend ist dabei auch das persönliche Nutzungsverhalten. Wer mehr fährt, zahlt mehr, in diesem Punkt sind sich Autos mit Elektromotor und Verbrennungsmotor einig.

Gibt es ausreichend Ladesäulen?
Im Hinblick auf die Ladeinfrastruktur gibt es viele Bedenken und das nicht immer zu Unrecht. Eine Tankstelle ist schnell gefunden, das Tanken dauert ein paar Minuten, es wird bezahlt und die Fahrt geht weiter. Wer ein E-Auto fährt, muss sich auf jeden Fall auf seine Reise sehr gut vorbereiten und im Voraus planen, da die Nutzung von öffentlichen Ladesäulen aufwendig ist. In den vergangenen Jahren wurde sehr viel Geld vor allem in den Aufbau der Ladesäulen mit Schnellladefunktion investiert. Inzwischen gibt es in den Städten, an den Autobahnen und in den ländlichen Regionen ein Netz aus 35.000 normalen Ladestationen und 5700 Schnellladepunkten. Trotzdem muss diese Infrastruktur noch weiter ausgebaut werden, damit es in der Zukunft keine Engpässe gibt.

Können die Stromnetze zusammenbrechen?
Immer mehr E-Autos auf den Straßen, bedeutet zugleich, dass mehr Strom verbraucht wird. Kritisch wird es hingegen, wenn viele Menschen zur gleichen Zeit unterwegs sind, beispielsweise nach Feierabend. Eine Überlastung des Stromnetzes wäre eine der möglichen Folgen . Die Stromkonzerne wollen allerdings dagegen wirken, und zwar mit harten Maßnahmen. Um zu vermeiden, dass das Stromnetz zu arg belastet wird, wollen die deutschen Stromversorger eine sogenannte „Spitzenglättung“ vornehmen. Was genau heißt so etwas? In den Spitzenzeiten, also nach Feierabend oder am Morgen, wenn viele zur Arbeit fahren, wird entweder weniger Strom angeboten oder es wird eine höhere Gebühr verlangt.

Das Wirtschaftsministerium ist von dieser Idee begeistert, vergisst dabei aber leider, dass diese „Spitzenglättung“ einen Haken hat. Die Stromversorger behalten sich vor, bei dieser Glättung den Strom für bis zu zwei Stunden beim Laden der E-Autos einfach zu unterbrechen. Für den unwissenden Verbraucher ist dies nicht nur sehr ärgerlich, sondern vor allem auch nachteilig, besonders, wenn das Auto am Abend noch benötigt wird. Nach den Angaben der Stromversorger sie jedoch nicht geplant, die Versorgung mit Strom zu bestimmten Tageszeiten komplett zu kappen. Um diese „Spitzenglättung“ durchzuführen, ist jedoch eine gesetzliche Regelung nötig, die bisher noch nicht erfolgt ist.

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Bildquelle: © Depositphotos.com / aapsky
 

Kommentare

#2 23. Juni 2021
Lässt sich einfach beantworten in München sind 725.000 PKW zugelassen. Wenn jetzt nur 2/3 eine Ladestation über Nacht benötigen würden, müssten erstmal 500.000 Ladestationen zur Verfügung stehen + Besucher bei Messen oder Oktoberfest, Klinken etc. Wenn jetzt jedes Fahrzeug 350 KW benötigt wären das bei (500.000) 175000 MegaWatt über mehrere Stunden. Ein Kernkraftwerk in Deutschland hat im Schnitt 1400 MegaWatt. Nur sollte in München auch noch Strom fließen. Kauft also mal Kerzen und stapelt Holz für den Winter.

Für ganz Deutschland benötigt man ca. 48 Millionen E Autos die mindestens zur Hälfte jeden Tag ans Stromnetzt müssten. Das wollen wir gar nicht erst rechnen.
Wir nehmen von den 24 Millionen die ständig am Strom hängen, nur mal 1 Million E Autos und dann lass ich mal den Harald Lesch vor rechnen:

Zitat:
Am berühmtesten ist wohl die von Harald Lesch in einer Folge "Terra X Lesch & Co" vom Juni 2019. Darin rechnet Prof. Lesch vor: "Also nehmen wir mal an, eine Million Fahrzeuge […] möchte nun schnell aufladen, weil die Leute sind nach Hause gekommen, wollen aber demnächst irgendwo hinfahren und durch die Nacht womöglich und 500 Kilometer und brauchen sie schnell. Also jedes Auto zieht 350 Kilowatt. Eine Million, das macht zusammen 350 Gigawatt, die dann bereitgestellt werden müssen."

Tja, jetzt gucken wir uns unsere Stromerzeugung an und das Maximum lag am 19.04.2021 bei knapp 70 Gigawatt. Es dürfte also selbst mit doppelt so viel Wind- und Solarkraft unmöglich sein, eine Million Autos gleichzeitig mit 350 Kilowatt aufzuladen.
Zitat Ende:

Mal sehen ob das mit der Elektrifizierung unserer Autos nicht ein Flop wird.
Eine Windkraftanlage braucht 2 Jahre bis man einen Standort gefunden hat wo genug Wind weht. 5 - 10 Jahre bis man das dann durchgeklagt hat und dann ist nur zu 20 % damit zu rechnen das es gebaut werden darf.

Es geht vorwärts in Deutschland mit der Windkraft und den E-Autos, lassen wir die Finger davon. Wo sind denn da die Parkplätze für die Ladestationen. Dann die E-Autos sind Sondermüll, brandgefährlich bei Unfällen, besonders die Batterien die 5 - max 7 Jahre halten.
 
raid-rush gefällt das.
#3 24. Juni 2021
Zuletzt bearbeitet: 24. Juni 2021
Das Elektroauto wird wohl eine "Nische" sein vor allem für Menschen mit Garage die selbst laden können ggf. über Solarzellen. Ein kleines Elektroauto für Mutter und Kinder zur Schule und Einkauf, das ist so was am meisten Sinn macht. Kurzstrecke mit stop&go, da spart das E-Auto extrem viel Energie gegenüber dem Verbrenner.
Was eher weniger Sinn macht, ist wohl Pendler-Autos ersetzen die ggf. keine Garage haben mit Strom. Öffentlicher Verkehr ist total unangenehm das will sich keiner antun der sich was anders leisten kann. Also da müssten bessere Mobilitäts-Lösungen her die höheren Ansprüchen genügen.
Verkehrswende heißt also an vielen Schrauben drehen.
Die Elektrifizierung ist also ein langwieriger Prozess.

Ich vermute das man aber einen Teil langfristig ersetzen kann, da viele Autos nur herumstehen und nur kurze Strecken fahren, wo Aufladen nur alle paar Wochen nötig ist. Es betrifft also nur einen Teil der Autos die so häufig und vor allem regelmäßig/täglich mehrmals Fahren, das eine Elektrifizierung schwer/unsinnig wird.

Effiziente Verbrenner wird es also auch in 20 Jahren noch geben, da bin ich mir sicher. Es sei den, es tut sich ein neuer technologischer Sprung den ich jetzt nicht sehe.



Passend dazu:

Verursachen E-Autos doppelt so viel CO2-Ausstoß wie gedacht? Das sagen Experten

*Zitat*
[...]
Doch das eigentliche Problem ist: Die ganze Logik (im Brief) ist fundamental falsch. Das nehmen die vom SCM befragten Experten ausführlich auseinander.

Erstens: Wenn Elektroautos tatsächlich ein Problem haben mit dem Grenzstrom, dann gilt das für E-Fuels noch in viel höherem Maße, denn dafür wird ein Vielfaches an Strom benötigt. „Das Argument fällt wie ein Bumerang auf Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe zurück, und das in vollem Umfang“, kommentiert etwa Batterieforscher Dirk Uwe Sauer von der RWTH Aachen. Energieforscher Rehtanz von der TU Dortmund formuliert es ähnlich: „Hier fällt dem Brief das Lobbying auf die Füße. Genau dieses Problem haben E-Fuels, die genauso erneuerbaren Strom benötigen, nur im Vergleich zu Batteriefahrzeugen um ein Vielfaches (ungefähr Faktor 8) mehr.“

Zweitens: Die Auslagerung der E-Fuel-Produktion an andere Länder ist aus Klimasicht keine Lösung. Dazu Dirk Uwe Sauer: „Der wichtigste Punkt ist, dass quasi alle Länder, die heute als mögliche Standorte für die Wasserstofferzeugung angesehen werden, selber noch eine stark fossile Stromversorgung haben. Die höchste Klimawirkung wird also erzielt, wenn die neuen EE-Anlagen in diesen Ländern die fossilen Kraftwerke ersetzen und nicht synthetische Kraftstoffe für Deutschland erzeugen.“

Drittens: Die Stromerzeugung in Europa unterliegt dem Emissionshandel, der CO2-Ausstoß ist damit gedeckelt. Zusätzlicher Bedarf an fossilem Strom verteuert die Zertifikate, was Einsparungen an anderen Stellen attraktiver macht.

Viertens: Elektroautos lassen sich gezielt bei hohem Stromangebot laden. Das könne zu „sehr geringen (gegebenenfalls sogar negativen) Marginalemissionen führen“, so Patrick Jochem, Abteilungsleitung Energiesystemanalyse beim DLR.

[...]
Quelle: heise.de
 
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#4 25. Juni 2021
Ich finde es schade, dass man da nicht durchblicken kann. Soweit ich es weiß, ist ein Elelktroauto um nichts umweltfreundlicher als ein Diesel Wagen. Jedenfalls kommt mir vor, dass auch mehr Kraftwerke wegen der E-Autos gebaut werden sollen. Womöglich liege ich mit der Info aber daneben. Gelesen habe ich kürzlich von Pumpspeicherkraftwerken. Dann heißt es auch immer: der Umstieg auf erneuerbaren Strom kostet Geld. Wie immer bleiben die Kosten an den Bürgern hängen. Vom Investment bis zum Verbrauch.