Warum der Tee der Aristokrat unter den Getränken ist

Artikel von Tommy Weber am 28. März 2022 um 10:08 Uhr im Forum Essen & Trinken - Kategorie: Trend & Lifestyle

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Warum der Tee der Aristokrat unter den Getränken ist

28. März 2022     Kategorie: Trend & Lifestyle
Viele beginnen ihren Tag nicht mit einer Tasse starken Kaffee, um wach zu werden, sondern genießen in aller Ruhe eine Tasse Tee. Ruhe ist etwas, was Teetrinker sehr zu schätzen wissen, denn sie zelebrieren es, den Tee zu genießen. Hinter dem alten Spruch: Kaffee muss sich setzen, aber Tee muss ziehen, ist viel Wahres, denn Tee braucht seine Zeit, damit er sein volles Aroma entfalten kann. Tee ist eines der ältesten Kulturgetränke, die der Mensch kennt. Tee wurde am Anfang noch als Medizin verwendet und war vor allem in Europa nur für die wohlhabende Bevölkerungsschicht erschwinglich.

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Dies änderte sich erst im 18. Jahrhundert, als der Tee zu einem Alltagsgetränk für alle wurde und der Kaffee das Luxusgetränk war. Bis heute hat Tee den Nimbus des edlen Getränks, was nicht, wie ein schneller Espresso, einfach hinunter gekippt wird. Teetrinker, so sagt man, sind besondere Menschen und die Vergangenheit beweist diese These.

Nicht immer ein Hochgenuss
Tee war in früheren Zeiten alles andere als ein Getränk, was zum Genießen eingeladen hat. Ursprünglich waren die Teeblätter dazu gedacht, den Geschmack von salzigem und fauligem Wasser gnädig zu überdecken. Die Weltumsegler nahmen im 18. Jahrhundert die aromatischen Blätter mit auf die Reise, denn eine Tasse mit starkem Tee half darüber hinweg, dass zu wenig Wein an Bord war und dass andere Genussmittel nicht zur Verfügung standen. Über die Pflanze selbst, ihre Herkunft, die Ernte und vor allem über die Art der Zubereitung wussten die Menschen lange Zeit sehr wenig.

Erst als der Tee zu einem Getränk für alle sozialen Schichten geworden war, begann man sich für den Tee zu interessieren. Je mehr bekannt wurde, umso attraktiver war der Tee als Handelsware, etwa für die East India Company, einen der frühen Tee-Monopolisten. Rund um die Handelsware Tee gab es immer wieder politische Verwicklungen und Streitigkeiten, die in der berühmten „Boston Tea Party“ im Jahre 1773 ihren Höhepunkt fanden und die amerikanische Unabhängigkeit von Großbritannien zur Folge hatte.

Der Tee in der Literatur
Der Tee spielt in der Weltliteratur eine wichtige Rolle, ähnlich wie das Brot mit Marmelade für den knuffigen Bären Paddington oder der geschüttelte Martini für James Bond, den Spion ihrer Majestät. Bei einer Tasse Tee löste Miss Marple die schwierigsten Kriminalfälle, die sich ihre Schöpferin Agatha Christie für die etwas schrullige alte Damen ausgedacht hat. Puritanische Sittsamkeit bewies J. M. Barries Wendy, wenn sie darauf bestand, zunächst eine gute Tasse Tee zu sich zu nehmen, bevor sie sich Peter Pan anvertraute, um neue Abenteuer zu erleben.

Tee hat den Figuren in der Literaturgeschichte einen sehr dezenten, unaufdringlichen Glanz, aber auch eine elegante Grazie verliehen. Oscar Wilde, der nichts mehr hasste als das Mittelmaß, war bekennender Teetrinker. Ebenso Theodor Fontane, der seinem Tee gerne einen guten Schuss Rum verpasste, bevor er den „Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“ zu Papier brachte. Johann Wolfgang von Goethe trank Tee und sein Vertrauter, der Poet Johann Peter Eckermann, freute sich immer auf die zwanglosen Zusammenkünfte bei Musik und Tee.

Der Tee als Medizin
Tee wurde und wird bis heute von vielen Völkern als wirksame und günstige Medizin betrachtet. Die medizinische Geschichte der aromatischen Blätter beginnt in Indien, geht dann über China nach Birma und Thailand. Dort fanden die Ärzte schnell heraus, dass Tee eine heilende Wirkung hat und gleichzeitig noch die Konzentration fördern kann. Die Chinesen erkannten dabei als Erste, dass sich Blätter kommerziell sehr gut vermarkten lassen. Die ersten Teesträucher wurden im Hochland von Tibet in der direkten Nähe zur Provinz Yunnan vermutet. Andere Forschungen gehen davon aus, dass die Sträucher zuerst im Grenzgebiet zwischen Indien, Tibet und Myanmar gefunden wurden.

Zunächst wurden die Blätter gekaut und in Birma war es üblich, Teeblätter als Salat zuzubereiten. In Tibet wurden entweder die ganzen Blätter oder der Tee selbst mit Gerste und Salz sowie ranziger Yakbutter vermischt. Tee, vermischt mit Stutenmilch, war ein beliebtes Getränk im Winter war. Sowohl die Butter als auch die Milch mit dem Tee sollten bei Schmerzen in den Knochen und bei Fieber helfen.

Ein modisches Getränk
Während in Asien der Tee schon ein alltägliches Getränk war, wurde er in Europa erst im 17. Jahrhundert zu einer Art Modegetränk. Schuld daran war der Orient-Trend, der vor allem in den europäischen Königshäusern und Fürstenhöfen vorherrschte. Als der Dreißigjährige Krieg 1648 beendet war, gab es in Europa wieder Grund zum Feiern und es wurden sogenannte „Genusskartografien“ erstellt. Auf diesen Landkarten der Genüsse war zu lesen, dass die Franzosen und die Briten den grünen Tee bevorzugen, die Deutschen, die Dänen, die Schweden und die Niederländer hingegen waren Freunde des schwarzen Tees.

Ganz ähnlich wie andere Luxusgüter, zu denen Seide, wie Porzellan oder seltene Pelze gehörten, wurde der Tee zu einem begehrten und wertvollem Gut. Tee durfte nur im Austausch gegen Silber oder später gegen Opium das Land verlassen. Dies ging bis 1758, dem Jahr, in dem die East India Company das Monopol für den Handel mit Opium aus China bekam.

Der Tee wird salonfähig
Im 18. Jahrhundert wurde der Tee endlich auch in Europa erschwinglich und zu einer Art Alltagsgetränk. Waren es 1776 noch 60 Tonnen Tee, so stieg die Menge 1790 auf 300 Tonnen an. Tee war beliebt, auch bei Dichtern wie Gotthold Ephraim Lessing, der schrieb: „Ob ich morgen noch lebe, weiß ich freilich nicht, doch dass ich morgen noch lebe und Tee trinken werde, weiß ich gewiss.“ Zunächst wurde der Tee nur aus Bechern getrunken, gefertigt aus feinstem chinesischen Porzellan. Die Europäer versahen die Becher mit einem praktischen Henkel, damit sich niemand mehr die Finger verbrennen musste.

Ende des 18. Jahrhunderts wuchs der Konsum von Tee kontinuierlich an, und selbst die unteren Schichten konnten sich sowohl Kaffee als auch Tee leisten. Im 19. Jahrhundert betrieben die Niederländer in den Kolonien in Indien den Anbau und den schwungvollen Handel mit Tee. In China hingegen tranken die Menschen aus lauter Verzweiflung Tee, denn die Behörden gingen streng gegen den Konsum von Opium vor.

Heute ist Tee ein Getränk, was sich jeder leisten kann, aber er ist immer noch die „kultivierteste Alternative zum Alkohol“ und aus diesem Grund auch der Aristokrat unter den Getränken.

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