Eisen und kognitive Leistung: Ein besorgniserregender Zusammenhang
Zunehmende Hinweise deuten darauf hin – niedrige und hohe Eisenwerte im Blut können zum Fortschreiten der Alzheimer-Krankheit führen. Bei steigendem Alter sammeln sich Eisenablagerungen in verschiedenen Regionen des Gehirns. Normalerweise spielt Eisen eine wichtige Rolle in zahlreichen neurologischen Prozessen. Dennoch kann ein Übermaß schädlich sein. So tragen hohe Eisenkonzentrationen zu einer verstärkten Ablagerung des Beta-Amyloids bei, welches eng mit der Alzheimer-Entwicklung verknüpft ist. Diese Ablagerungen führen zur Bildung von Tangles. Neurodegeneration – ein Kernsymptom der Alzheimererkrankung – wird durch diese Ablagerungen gefördert.
Eisen-Chelatoren als mögliche Therapie?
Medikamente, die Eisen über Bindung reduzieren, werden als potenzielle Behandlungen für Alzheimer angesehen. Dieser Prozess wird als Chelation bezeichnet. Ein Medikament, das in diesem Zusammenhang gepriesen wurde, ist Deferiprone. Es wird normalerweise verwendet, um überschüssiges Eisen bei Menschen mit bestimmten Blutkrankheiten zu entfernen, wie z.B. Thalassämie oder Sichelzellenanämie.
Eine kritische klinische Studie
An der jüngsten Studie waren mehrere renommierte Institutionen Australiens beteiligt – unter anderem das Florey Institute of Neuroscience and Mental Health, die Universitäten von Melbourne, New South Wales und Monash sowie das Queensland Brain Institute. Die Forscher untersuchten Deferiprone in einer 12-monatigen klinischen Studie. Dabei nahmen 81 Patienten über 54 Jahren mit milden kognitiven Einschränkungen oder Frühstadien der Alzheimer-Krankheit teil.
Die Probanden erhielten entweder 15 mg/kg Deferiprone zweimal täglich oder ein Placebo. Die Hauptziele umfassten die Verbesserung der kognitiven Funktionen. Gedächtnis, exekutive Funktionen und Aufmerksamkeit wurden zu Beginn sowie nach sechs und 12 Monaten bewertet. Als sekundäres Ziel wurde die Veränderung der Eisenwerte im Gehirn gemessen.
Ergebnisse: Ein Dilemma
Entgegen dem erhofften Erfolg zeigte die Magnetresonanztomographie (MRT), dass Patienten, die mit Deferiprone behandelt wurden, weniger Eisen im Hippocampus aufwiesen – einer Region, die überaus wichtig für das Gedächtnis ist. Jedoch ging diese Reduktion des Eisenwerts mit einem beschleunigten kognitiven Rückgang einher. Besonders im Bereich der exekutiven Funktionen waren die Ergebnisse alarmierend. Exekutive Funktionen sind entscheidend für das Planen, das Fokussieren der Aufmerksamkeit und das Multitasking.
Schlussfolgerung: Warnung vor der Verwendung von Deferiprone
Die Ergebnisse dieser Studie sind für die Forschergemeinschaft alarmierend. Das Team kommt zu dem Schluss, dass eine Senkung des Eisenpegels durch Deferiprone die Situation für Alzheimer-Patienten verschlechtert – anstatt ihnen zu helfen. Folglich ist große Vorsicht geboten, wenn es um die Anwendung von Eisen-Chelatoren in der Behandlung der Alzheimer-Krankheit geht. Wissenschaftliche Erkenntnisse können oft unerwartete Wendungen nehmen. Eine Behandlung, die auf den ersten Blick vorteilhaft erscheint, kann im Zusammenspiel mit komplexen neurologischen Mechanismen schädlich sein.
Die Erforschung von Alzheimer bleibt ein dynamisches Feld, in dem weitergehende Studien notwendig sind. Nur so lassen sich zukünftige Therapieoptionen für Erkrankte herauskristallisieren. Der Kampf gegen Alzheimer ist noch lange nicht vorbei.
Quelle: Ayton S, Barton D, Brew B, et al. Deferiprone in Alzheimer Disease: A Randomized Clinical Trial. JAMA Neurol. Veröffentlicht am 4.November 2024. DOI:10.1001/jamaneurol.2024.3733