Brasilien versus Google

Dieses Thema im Forum "Netzwelt" wurde erstellt von bUggZ, 28. September 2006 .

  1. 28. September 2006
    Der Staat Brasilien versus Google

    Der acht Jahre alte Branchenriese Google hat in Südamerika mit erheblichen Problemen zu kämpfen. Der üblichen Unternehmensstrategie folgend verhält man sich als Weltmeister im Sammeln und ungleich weniger freizügig bei der Herausgabe von Daten jeglicher Art. Dies betrifft auch die brasilianische Onlinecommunity Orkut, die von Google betrieben wird.

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    Die meisten der acht Millionen Brasilianerinnen und Brasilianer, die Orkut als Plattform für virtuelle Freundschaften nutzen und über dieses Portal andere User mit ähnlichen Interessen suchen, hegen dabei keinerlei illegale Hintergedanken. Es geht um die wenigen Ausnahmen der Gemeinschaft, sprich um Personen, die Orkut missbraucht haben, um ****philes Bildmaterial auszutauschen oder Drogendeals anzubahnen. Des Weiteren haben Benutzer von Orkut Menschen mit schwarzer Hautfarbe, Juden und Homosexuelle diskriminiert.

    Am Donnerstag könnte es für den Monopolisten brisant werden. Dann nämlich läuft das Ultimatum des brasilianischen Bundesrichters Jose Marcos Lunardelli ab, der in seinem Urteil vom 22. August die Suchmaschinenbetreiber dazu zwingen will, die persönlichen Daten der betreffenden Benutzer zwecks Strafverfolgung freizugeben. Nach langem hin und her hat Google erst diese Woche auf Anfrage hin acht Orkut-Communitys offline genommen, insgesamt sind in der Vergangenheit in vierzig Fällen Daten von Usern an die Ermittlungsbehörden weitergeleitet worden. Google-Sprecherin Debbie Frost dazu:

    "Google vertritt den Standpunkt, dass seine brasilianische Niederlassung nicht dazu verpflichtet sei, die Daten herauszugeben, weil diese sich in den USA befänden. (...) Wir bearbeiten Anfragen von Behörden anderer Länder nur dann, wenn sie mit dem US-Recht übereinstimmen und aus dem Land kommen, in dem die fraglichen Informationen gespeichert sind."

    Diese Argumentation ist allerdings hinfällig und wirkt eher wie eine schlecht realisierte Verzögerungs- oder sogar Verschleierungstaktik. Weder Kinder ografie noch der Verkauf von Drogen sind auf amerikanischem Boden rechtens. Nicht unmittelbar auf Anfrage Information an staatliche Stellen weiterzureichen ist grundsätzlich keine verkehrte Einstellung, die in der Konzernspitze von Google vorherrscht.

    Andererseits: Sollten sich in den Augen des Richters die Informationen, die bis zum Ablauf des Ultimatums an die brasilianische Staatsanwaltschaft geflossen sind, als nicht ausreichend herausstellen, könnte es zur Verhängung einer Strafe von 23.000 US-Dollar pro Tag kommen. Just bis zu dem Tag, an dem die Damen und Herren bereit sind, die ihnen auferlegten Auflagen in vollem Ausmaß nachzukommen. Für den Richter erscheint es grundsätzlich irrelevant, in welchem Land der Welt die Daten gespeichert sind, solange sie von brasilianischem Boden aus zur Verfügung gestellt werden.

    Der Streitfall gerät zu einer Zerreißprobe für Google, selbst wenn die finanziellen Mittel zur Deckung einer Strafe in dieser Höhe als mehr als vorhanden angesehen werden können. Auch gerät dies zu einem wichtigen Präzedenzfall. Zwar kann man von Brasilien nicht von einem totalitärem Regime sprechen, dennoch unterscheidet sich dessen Rechtsprechung von der in den USA. Sollte sich der Richter tatsächlich durchsetzen können oder anordnen, dass der brasilianische Ableger von Orkut komplett aus dem Internet verschwinden muss, könnten auch weniger freiheitliche Regime wie China auf die Idee kommen, ähnliche Prozesse zu führen.

    Was geschähe im Fall, die chinesische Regierung würde zukünftig vergleichbare Ansprüche in Bezug auf die Herausgabe der Daten von chinesischen Regimekritikern stellen? Auch hier werden die Daten zentral auf den US-Servern gespeichert. Und dies ist mit Sicherheit kein Zufall. Aber was vor Gericht in Brasilien klappt, könnten sich auch die Mitglieder der Parteidiktatur im Fernen Osten zunutze machen. Verweigert sich Google dann in vollem Umfang, droht eine radikale Zensur, respektive die Abschaltung der Niederlassung im betroffenen Land. Diese Gefahr gilt natürlich für jeden anderen Anbieter einer Suchmaschine oder einer Online-Community in gleichem Umfang.

    Welcher Fraktion sollte man nun also den Vorrang geben? Die Behinderung der Strafverfolgung solcher Delikte ist absolut indiskutabel. Die Einschränkung des Schutzes der Privatsphäre jedes Einzelnen allerdings nicht minder.



    Quelle
     
  2. 29. September 2006
    AW: Brasilien versus Google

    Also hier gebe ich Google eindeutig recht , sie halten am festen prinzip um die Daten nicht rauszugeben, und dadurch das Vertrauen auf Sicherheit der User zu stärken..ganz einfach
     
  3. 1. Oktober 2006
    AW: Brasilien versus Google

    In diesem Fall kann man dem Richter nur Recht geben, denn es handelt sich hierbei um keinen Service, bei dem, nach meinem Wissen, in Brasilien anonym sein muss bzw. sonstwo auf der Welt. Da gibt es andere "Angebote" und Orte, bei denen Anononymität wichtig ist.
    So ist das Argument betrefflich China nicht von der Hand zu weisen. Jedoch kann sich ein solcher Prozess so oder so dort abspielen und weiter ist es fraglich ob sich Regimekritiker mit richtigen Daten einloggen bzw. geloggt werden!?

    Ist der Einzug von solchen Daten bei dem Verbrechen nicht normalerweise gängie Praxis?
     
  4. Video Script

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