Christian Lindner ist zurückgetreten

Dieses Thema im Forum "Politik, Umwelt, Gesellschaft" wurde erstellt von Heisenberg, 14. Dezember 2011 .

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  1. 14. Dezember 2011
    FDP-Generalsekretär Lindner tritt zurück

    Eine "neue Dynamik" will Christian Lindner seiner Partei ermöglichen - und tritt als FDP-Generalsekretär zurück. Parteichef Philipp Rösler dankt ihm für die "hervorragende Arbeit" und kündigt an, "ziemlich schnell" einen Nachfolger zu präsentieren. Die Liberalen verlieren in Lindner einen brillanten Redner, der nun vorgibt, Platz machen zu wollen. Doch der 32-Jährige hinterlässt vor allem Leere. Selbst Unionspolitiker zeigen sich erschüttert und bedauern, es habe genau den Falschen erwischt.

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    Der Auftritt dauert zwei Minuten, am Ende sagt Christian Lindner: "Auf Wiedersehen." Er ist an diesem Mittwoch in die Parteizentrale der FDP gekommen, um seinen Rücktritt bekanntzugeben vom vielleicht undankbarsten Posten, der im Berliner Politikbetrieb zu vergeben ist. Lindner ist nicht mehr Generalsekretär der FDP. Die Krise seiner Partei dürfte sich damit noch einmal verschärfen - auch wenn Lindner seinen Abgang als Aufbruch verkauft.
    Video

    Als die Pressekonferenz im Thomas-Dehler-Haus um 11:02 Uhr beginnt, lächelt Lindner wie immer. Allenfalls dunklere Augenringe als üblich verraten, dass der 32-Jährige nun verkünden wird, was 70 Minuten zuvor bereits als Eilmeldung über die Nachrichtenticker gelaufen ist.
    "Moment, in dem man Platz machen muss"

    Lindner verliest eine kurze Erklärung. "Aus Respekt vor meiner Partei und vor meinem Engagement für die liberale Sache" lege er sein Amt nieder. Er wolle Rösler mit seinem Rücktritt ermöglichen, die Bundestagswahl 2013 mit einem neuen Generalsekretär vorzubereiten und "mit neuen Impulsen" zu einem Erfolg für die FDP zu machen.

    "Auf den Tag genau zwei Jahre habe ich als Generalsekretär die Politik meiner Partei in schwieriger Zeit erklärt, verteidigt und mit zu gestalten versucht", sagt Lindner. Er sei dankbar für die Zusammenarbeit und für den Zuspruch seiner Partei. Aber es gebe "den Moment, in dem man seinen Platz frei machen muss, um eine neue Dynamik zu ermöglichen."
    Rösler kündigt schnelle Personalentscheidung an

    Um 13:17 Uhr reagiert Parteichef Philipp Rösler. Auch er gibt eine Pressekonferenz, auch er spricht nur zwei Minuten. Rösler berichtet mit emotionsloser Miene von einem "ausführlichen Gespräch" mit Lindner und dankt für die "hervorragende Arbeit", die er als Generalsekretär geleistet habe. Mit seinem Beitrag zum neuen Grundsatzprogramm der Partei habe Lindner die FDP "inhaltlich nach vorne gebracht", sagt Rösler.

    Er braucht weniger als eine Minute für seine Abschiedsworte, dann richtet er den Blick nach vorn: "Ziemlich schnell" wolle er die Nachfolge regeln. Es füge sich, dass am Donnerstag eine Präsidiumssitzung angesetzt sei. Am Freitag werde das Ergebnis des Mitgliederentscheids zur Euro-Rettung bekanntgegeben, dann habe die FDP "eine klare, inhaltliche Positionierung" und die Chance, mit "dem notwendigen Mut und Zuversicht in das neue Jahr zu gehen".

    Um 13:19 Uhr verlässt Rösler die Bühne im Dehler-Haus wieder, Rückfragen der Journalisten sind nicht erwünscht. Gerüchten zufolge soll der Parteichef den bisherigen Bundesschatzmeister Patrick Döring als Lindner-Nachfolger favorisieren, der wie Rösler aus Niedersachsen stammt.
    Überraschend, aber nicht abwegig

    Der Rücktritt des gebürtigen Wuppertalers Lindner, der vor allem wegen seines jugendlichen Alters "Bambi" genannt wird, kommt überraschend. Völlig abwegig ist er nicht. Seit Lindners Amtsantritt im Dezember 2009 hat die FDP acht Landtagswahlen bestritten, sechs gingen verloren. In Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern verpassten die Liberalen die Fünf-Prozent-Hürde. In Berlin bekam sie zuletzt nur noch 1,8 Prozent der Stimmen. In Umfragen stagniert die Partei bundesweit bei drei Prozent.

    Inhaltlich scheiterte die Partei mit ihrem Bestreben einer deutlichen Steuerentlastung für die Bürger, ihrem wichtigsten Wahlkampfversprechen. Anfang Dezember beschloss die Regierung eine Steuersenkung in zwei Stufen in Höhe von etwa sechs Milliarden Euro. Gering- und Mittelverdiener werden davon kaum etwas zu spüren bekommen.
    Die Krise ging an ihm vorbei

    Auch bei anderen Themen rieb sich die FDP an ihren Koalitionspartnern CDU und CSU (auf). So traf etwa Angela Merkels Wende bei der Atomenergie bei vielen Liberalen auf Unverständnis. Die harte Haltung der liberalen Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bei Themen der inneren Sicherheit geht wiederum vielen Unionspolitikern gegen den Strich.

    Vor allem diese Themen meint Lindner wohl, wenn er am Mittwoch davon spricht, er habe Politik "verteidigen" müssen. Als Generalsekretär ist er für Wahlkämpfe, die Außendarstellung und die Mobilisierung der Partei zuständig. Dennoch wurde Lindner die Krise lange nicht angelastet, eher im Gegenteil. Er galt lange als heißer Favorit auf die Parteispitze, als im April 2011 Guido Westerwelle stürzte. Sein junges Alter und seine mangelnde Erfahrung sprachen dagegen. Den Posten übernahm schließlich Philipp Rösler, der als ein Verbündeter Lindners gilt oder zumindest bis heute galt. Gemeinsam mit Gesundheitsminister Daniel Bahr wurden sie die "Boygroup" der Partei genannt.

    In seiner Erklärung vor der Presse bleibt Lindner eine Erklärung schuldig. Er sagt jedoch, die Ereignisse "der letzten Tage und Wochen" hätten ihn bestärkt. Das entscheidende Thema war für die Liberalen in diesem Zeitraum der Mitgliederentscheid zur Euro-Rettung. Aus der Partei wurde Kritik an Lindner laut, er habe die Auswirkungen der Abstimmung unterschätzt. Erst als der Entscheid nicht mehr zu verhindern war, reagierte die Parteispitze und veränderte die Tonlage gegenüber den Initiatoren.

    Lindner begegnete dem Euro-Skeptiker Frank Schäffler in Diskussionen über die künftige Europapolitik. Jedoch hieß es bald, der Generalsekretär tue nicht genug für die Mobilisierung der Partei. Als Parteichef Rösler andeutete, dass Schäffler das nötige Quorum für einen gültigen Entscheid verpassen würde, kommentierte Lindner das angebliche Scheitern süffisant.
    Protest gegen "unfaire" Methoden

    Er spöttelte, wenn die Hürde von einem Drittel der Parteimitglieder nicht erreicht werden würde, sähen viele FDP-Mitglieder "offenbar gar keinen Veränderungsbedarf an unserem europapolitischen Kurs". Offenbar sei der Euro-Rettungsschirm für weniger FDP-Mitglieder ein Aufreger, als Schäffler gedacht habe. Einer der Initiatoren des Entscheids, der Euro-Skeptiker Burkhard Hirsch, beklagte daraufhin die "unfairen" Methoden der Parteispitze und regte an, den Entscheid juristisch prüfen zu lassen.

    Ob Lindner das zum Anlass nahm, von seinem Amt zurückzutreten? Womöglich sah der Generalsekretär einfach keine Chance mehr, seiner Partei aus der Krise zu helfen. Zuletzt gab es Gerüchte, wonach der wirtschaftsliberale Flügel der Partei Rainer Brüderle zum neuen Parteichef machen würde. Lindner wird eher dem sozialliberalen Flügel der Partei zugerechnet. In Interviews musste er Röslers Entscheidung rechtfertigen, Brüderle beim Dreikönigstreffen der Partei im Januar nicht reden zu lassen.
    "Ich bedauere das menschlich und politisch"

    Wie schwer der Verlust Lindners die Partei treffen dürfte, zeigen erste Reaktionen. Während Thomas Oppermann, der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, von einem "Bauernopfer" spricht, äußern zahlreiche Politiker der Union bei Twitter ihr Bedauern über den Rücktritt. "Ich habe den Eindruck, da ist der Falsche zurückgetreten. Wenn einer die Zukunft der FDP ist, dann Lindner", schreibt Thomas Jarzombek, ein CDU-Abgeordneter aus Düsseldorf.

    Auch bei den Liberalen herrscht Trauer und Enttäuschung. "Ich bedaure diesen Schritt menschlich und politisch", wird Gesundheitsminister Bahr zitiert. Der Altliberale Gerhart Baum fordert eine Neuwahl der gesamten FDP-Spitze. "Ich bin wirklich betrübt, dass einer der wichtigsten Hoffnungsträger in der Führung der FDP resigniert", sagte der frühere Innenminister. Er werte Lindners Schritt auch als Misstrauensvotum gegen Parteichef Philipp Rösler. Selbst der Euro-Skeptiker Hirsch sagt, er halte die "Entscheidung für nicht richtig." Er "wünsche und hoffe", dass Lindner der Partei weiter zur Verfügung stehe.

    Lindner trägt nur seine Erklärung vor, weitere Aussagen trifft er nicht. Um 11:04 sagt der Ex-Generalsekretär "Auf Wiedersehen" und verlässt die Bühne.
    Quelle

    --
    Wow, ich kann es ehrlich nicht wirklich glauben. Hätte ich am wenigsten mit gerechnet, zumal er doch der treibendste Kopf in der FDP ist. Gerade der Artikel, der ein "Bauernopfer" erwähnt. Lindner hat doch viel mehr die ganzen Parteikonzepte vorgelegt. Mir persönlich war er der einzige der FDP, der soetwas wie "Potential" hatte.

    Naja, vielleicht macht er ja jetzt ne eigene Partei mit Guttenberg auf

    Der Kapität verlässt das sinkende Schiff...
     
  2. 14. Dezember 2011
    AW: Christian Lindner ist zurückgetreten

    Der Rücktritt Lindners ist mehr als eine Überraschung und ein herber Verlust für die fdp in dieser Phase, weil er der einzige war, der in bestimmten bereichen wirklich ahnung hatte! Leider stand er bei der FDP eh auf der falschen seite, deshalb halte ich politisch von ihm nicht allzu viel! nichtsdestotrotz war er einer der wenigen in der fdp, die sich überhaupt noch getraut haben, politik zu machen!

    Naja die FDP ist eh tot! die ratten verlassen das sinkende schiff!
     
  3. 14. Dezember 2011
    AW: Christian Lindner ist zurückgetreten

    Die Demokratische Versager Partei Deutschland?
     
  4. 14. Dezember 2011
    AW: Christian Lindner ist zurückgetreten

    Ja, ich erinne mich noch vor ein paar Jahren hatten sie irg wo 11 oder 12 %
    Ich weiß aber nicht mehr wo das war.
     
  5. 14. Dezember 2011
    AW: Christian Lindner ist zurückgetreten

    ......................

    14,6% bei der BT-Wahl 2009.

    Das Zitat lautet: Der Lotse geht von Bord.

    Und solange die FDP sich nicht grundsätzlich ändert, bleiben sie leider dort unten. Schon traurig, wenn keine liberale Partei im BT vertreten wäre. Und nein, die Piratenpartei zähle ich nicht als liberal.
     
  6. 15. Dezember 2011
    AW: Christian Lindner ist zurückgetreten

    Für mich war Lindner eigentlich DER Kopf der FDP, der sich um Rösler scharrende Rest ist kontur- und bald sicher auch machtlos.
    War bislang Sympathisant, mitunter Mitglied der FDP, muss jetzt aber eingestehen, dass eine solche Partei mit einem derartigen Zappelhillip vorneweg und in Ermangelung allen Mutes und Glaubhaftigkeit liberale Ansprüche zu Gunsten weniger Pöstlein verhöhnenend, dass diese dem Abseits entgegensegelt.
     
  7. 15. Dezember 2011
    AW: Christian Lindner ist zurückgetreten

    Man sollte aufhören über die FDP zu reden, sonst wird die doch wieder gewählt. Ist wie mit schlechten Popmusikern. Solange man genug drüber redet, machen die auch Kasse.

    Rössler wirds schwer haben. Der Kerl ist zwar wahrscheinlich ein Guter aber hat halt nix drauf.
     
  8. 15. Dezember 2011
    AW: Christian Lindner ist zurückgetreten

    Der neo-konservativ-liberale Verein hat ausgewirtschaftet. Kein Verlust für Deutschland.

    Lindner selbst hat mir eigentlich einen ganz vernünftigen Eindruck gemacht, zeitweise hatte ich sogar den Eindruck, dass er geneigt war den Menschen die Wahrheit zu sagen, dies aber nicht konnte / durfte.
     
  9. 15. Dezember 2011
    AW: Christian Lindner ist zurückgetreten

    Seh ich auch so. Lindner wirkte immer sehr intellektuell und auch idealistisch, wurde jedoch durch die die weichgespülte Partei gebremst. Er war einer der wenigen, die den liberalen Ansprüchen noch gerecht wurden. Der Rest ist geil auf Pöstlein und wirft damit alle Ideale in den Mist. Wie es die Politiker nunmal zu tun pflegen.
     
  10. 15. Dezember 2011
    AW: Christian Lindner ist zurückgetreten

    Konsens!!


    Die FDP gibt mir Linder ihr letztes Hemd. Jetzt steht sie nackt da. Ohne Vorzeigepersönlichkeit. Wer will denn auch Rösler oder Brüderle sehen. Ich denke, mit der FDP ist es nun endgültig vorbei.

    Für mich war Lindner die Person, die die FDP wieder aufgebaut hätte, wenn Rösler mal endlich abgedankt hätte. Aber nun steht da nurnoch dieser unsympathische Volksclown da. Eigentlich schade.
     
  11. 16. Dezember 2011
    AW: Christian Lindner ist zurückgetreten

    Vollkommen korrekte Entscheidung von ihm. Mit 32 kann er noch alles andere machen als der verwursteten Partei beim ausbluten zuzugucken... Die FDP wird nun ihren Abwärtstrend nochmal ne Ecke beschleunigen, vielleicht war das sogar der entgültige Gnadenstoß.
     
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