Die tiefen Geheimnisse des Erdmantels - Geologen bohren 1,2 km in seltene Gesteine

Geologen durchdringen mit einem beeindruckenden neuen Rekord das Innere der Erde. Sie bohren tief in den Erdmantel – 1,2 Kilometer tief, um genau zu sein. Diese Entdeckung bietet einen einzigartigen Einblick in ein geologisches und biologisches Umfeld, das für die Menschheit normalerweise unzugänglich bleibt.

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Die tiefen Geheimnisse des Erdmantels - Geologen bohren 1,2 km in seltene Gesteine

9. August 2024 von   Kategorie: Wissenschaft
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Der Erdmantel - Ein geheimnisvoller Bereich


Der Erdmantel umfasst den größten Teil des Inneren unseres Planeten. Tausende von Kilometern erstreckt er sich zwischen der Erdkruste und dem Kern. Er besitzt eine Konsistenz, die mit der von Karamell vergleicht werden kann. Dieser „squishy“ semi-feste Zustand hat eine ganz andere mineralogische Zusammensetzung. Das gelingt nicht nur durch das Vorhandensein verschiedener Mineralien, sondern auch durch physikalische und chemische Prozesse, die in der Tiefe stattfinden.


Herausforderung der Erforschung - Die Dicke der Kruste


Die Untersuchung des Erdmantels gestaltet sich als große Herausforderung. Häufig ist er von etwa 40 Kilometern krustaler Gesteinsdecke überlagert. Doch an bestimmten Stellen, wo die Erdkruste dünner ist, dringt Mantelmaterial an die Oberfläche. Dort haben die Wissenschaftler ein bemerkenswertes Bohrprojekt aufgestellt.


Die Expedition in den Atlantischen Ozean


Ein internationales Team begab sich zum Mittelozeanischen Rücken – einem gewaltigen Graben im Meeresboden des Nordatlantiks, wo sich die eurasische und die nordamerikanische Platte langsam voneinander trennen. An diesem Ort tritt das Mantelgestein Peridotit an die Meeresoberfläche. Hierbei handelt es sich um eine neklektisierte Form, die durch Seewasser beeinflusst wurde und „serpentinisiert“ ist, was ihm ein Muster ähnlich Schuppen eines Schlanges verleiht.


Der Rekord und die Erkenntnisse


Die Forschungsschiff JOIDES Resolution hat einen bisher unvergleichlichen Gesteinskern gebohrt. Der neue Rekord von 1.268 Meter bedeutet, dass 71 % des Gesteins erfolgreich geborgen wurden. Zum Vergleich: Der vorherige Rekord blieb bei 201 Meter stehen. Die Forscher planten anfangs nur die gleiche Menge wie beim vorherigen Rekord zu bohren, entdeckten jedoch, dass die Arbeit weitaus schneller und leichter vonstatten ging.

Ein Team von 30 Wissenschaftlern war an Bord des Schiffes und analysierte die Proben sofort. Die Tatsache, dass der Peridotit nicht in reinem Zustand vorlag, sondern multiple Interaktionen mit dem Seewasser aufwies, legt eine neue Sichtweise nahe.


Lebensbedingungen im Erdmantel - Mikroben und chemische Reaktionen


Der Prozess war nicht nur von geologischem Interesse, sondern auch biologisch relevant. Die Forscher sammelten auch Proben von Mikroorganismen, die in verschiedenen Abschnitten der Probe leben. Das Ziel war das Studium der chemischen Reaktionen, die Wasserstoff und andere lebensnotwendige Moleküle erzeugen.

Professor Gordon Southam, ein Mitautor der Studie, erklärte: “Diese Proben nutzen wir, um die Grenzen des Lebens in diesem Tiefsee-Bereich zu erforschen. Damit wollen wir unser Verständnis über die Ursprünge des Lebens verbessern und die Möglichkeiten extraterrestrischen Lebens definieren." Nickel spielt eine wichtige Rolle und wird benötigt, um das Enzym Hydrogenase zu bilden, das den Bakterien ermöglicht, Wasserstoff in diesen extremen Umgebungen zu verwenden.

Diese Erforschung ist nicht nur für die Geologie von Bedeutung. Sie hat das Potenzial, unser Verständnis von Lebensformen und deren Überlebensmechanismen zu revolutionieren.

Bild & Quelle: C. Johan Lissenberg et al., A long section of serpentinized depleted mantle peridotite. Science 385,623-629 (2024).