Ein Blick auf die Schülerinnen und Schüler
Das Schuljahr 2024/2025 markierte den Start der Verfassungsviertelstunde. Erste Erfahrungen sind nun gesammelt worden. Die Grundschule Berg am Laim in München stellt ein Beispiel dar. Dort besuchen über 600 Kinder aus mehr als 80 Nationen den Unterricht. Die Schulleitung hat ein Schülerparlament etabliert. Die Schüler dürfen ihre Anliegen vorbringen und entscheiden mit. Erfolgreiche Beispiele wie die neuen Radständer sprechen für sich. Eine Vierklässlerin namens Nora sagt: „Es macht Spaß, wenn man mitbestimmen darf.“
Umsetzung ist Schlüssel zum Erfolg
Die Verfassungsviertelstunde ist seit diesem Schuljahr für alle Schulen in Bayern Pflicht. Unterschiede gibt es jedoch bei den Jahrgangsstufen. In der Grundschule findet die Viertelstunde zur Demokratiebildung in den Klassen 2 und 4 statt. Die Mittel- und Realschulen integrieren sie in der 6. und 8. Klasse. Am Gymnasium wird die Viertelstunde in den Klassen 6, 8 und 11 durchgeführt. Das Besondere: Diese Verfassungsviertelstunde soll kein starrer Unterricht sein. Vielmehr steht die Integration von praktischen Beispielen des Alltags der Schüler im Vordergrund. Hier können die Lehrer kreativ sein. Auch an der Berg-am-Laim Grundschule wurden Wahlkabinen und Wahlurnen selbst gebastelt. Klassensprecherwahlen und AGs sind Teil des Programms.
Fehlende Zeit als Herausforderung?
Ob 15 Minuten ausreichen, um umfassende politische Bildung zu vermitteln — darüber debattiert Peter Koch, ein Politikwissenschaftler vom Geschwister-Scholl-Institut in München. Er unterrichtet in der 10. Klasse und sagt: „Zwei Demokratie-Stunden in diesem Jahr sind viel zu wenig.“ Bedeutende aktuelle Themen wie die Einstellung der Zusammenarbeit von Meta mit Faktencheckern bei sozialen Medien erfordern mehr Zeit. Ein interdisziplinärer Ansatz wäre nötig. Die Herausforderung besteht darin, wie Schüler selbständig mit diesen komplexen Themen umgehen können. Angesichts der Wichtigkeit der Förderung der Demokratiebildung lobt Koch die Verfassungsviertelstunde jedoch als wertvollen neuen Ansatz im Dialog mit seinen Schülern.
Forschung und Kritik an der Methode
Klaus Zierer, Bildungsforscher der Universität Augsburg, sieht in der Verfassungsviertelstunde eine "pfiffige Idee". Ferner stellt er fest, dass 15 Minuten nicht ausreichend sind, um dem Thema der Demokratiebildung gerecht zu werden. Er fordert, dass ein anderer Bestandteil des Lehrplans reduziert werden müsste. Vor allem bleibt unklar: Wie wird an verschiedenen Schulen mit der Verfassungsviertelstunde umgegangen? Die Antwort variiert. Der Erfolg liegt stark in der Verantwortung der Lehrkräfte. Ein kritischer Punkt bleibt das Neutralitätsgebot. Falsch verstanden kann dies im Konfliktfall dazu führen, dass Lehrkräfte gegen antidemokratisches Verhalten nicht klar Stellung beziehen können. Eindeutige Schulungen seien notwendig. Bisher fehlen auch systematische Forschung und Begleitung, um diesen neuen Herausforderungen gerecht zu werden.
Wachsendes Bedürfnis nach Unterstützung für Lehrkräfte
Laut Peter Koch stehen viele Lehrkräfte vor Herausforderungen. Das Unterrichten demokratischer Prinzipien erweist sich oft als schwierig. Bei kontroversen Diskussionen oder provokativen Äußerungen sind viele Lehrer überfordert. Eine verstärkte Unterstützung wäre wünschenswert, um Diskussionen über Rassismus und Extremismus im Klassenzimmer zu fördern. Momentan plant das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus die Auswertung der ersten Erfahrungen. Bis zum Schuljahr 2025/2026 könnte die Verfassungsviertelstunde auf weitere Jahrgangsstufen ausgeweitet werden.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Die Einführung der Verfassungsviertelstunde ist ein bedeutender Schritt zur Stärkung der Demokratiebildung an bayerischen Schulen. Die Herausforderungen bei der Umsetzung sind jedoch immer noch bedeutend. Die zukünftige Entwicklung wird zeigen müssen, wie effektiv und nachhaltig die heutigen Bemühungen sind.