Doppelgänger mit Silikonhaut

Dieses Thema im Forum "Netzwelt" wurde erstellt von z3Ro-sHu, 22. Juli 2006 .

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  1. 22. Juli 2006
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    Hiroshi Ishiguro ist gleichzeitig Chef des Intelligent Robotics Laboratory an der Universität von Osaka und Leiter eines Projekts für "Kommunikationsroboter" am ATR (Advanced Telecommunications Research Institute International) in der Nähe von Kyoto. Die Wege zwischen beiden Standorten will sich Ishiguro in Zukunft mit Hilfe einer Doppelgänger-Maschine ersparen. Sein neuer Roboter namens "Geminoid HI-1" soll an seiner Stelle die Lehrverpflichtungen erfüllen.

    Druckluft bewegt das Professoren-Double aus Silikon und Stahl, das autonom sogenannte Mikrobewegungen simuliert, die Menschen etwa beim Atmen vollführen oder um das Gleichgewicht zu halten. Diesen Mikrobewegungen schenkt Ishiguro viel Aufmerksamkeit, seit seine Experimente ergeben haben, dass Maschinen, die solche Bewegungen nachbilden, als deutlich menschenähnlicher empfunden werden. Haltung, Gestik oder Mimik des maschninellen Professors steuert allerdings der Schöpfer selbst: Die Handbewegungen per Mausklick, die Lippen dirigieren am Mund aufgeklebte Bewegungssensoren. Die Worte des Professors nimmt ein Mikrofon auf; der Replikant gibt sie eins zu eins per Lautsprecher wieder.

    Viele moderne Roboter handeln erheblich autonomer als Geminoid HI-1: Die Mars-Rover "Spirit" und "Opportunity" wären kaum so weit gekommen, wenn sie selbständig nur in der Lage wären, nervös mit den Füßen zu zucken. Der künstliche Professor Geminoid HI-1 kann nämlich nicht einmal gehen. Hiroshi Ishiguro interessiert sich allerdings auch für etwas andere Dinge als viele seiner Robotik-Kollegen: Er möchte mit Hilfe seines Doppelgängers untersuchen, inwieweit seine Studenten oder auch Familienmitglieder ihn als anwesend empfinden, wenn nur sein Roboter-Double vor Ort ist.

    Ishiguro hat bereits einer Reihe von Maschinenmenschen gebaut: Mit Repliee-R1 kopierte er seine eigene Tochter (und studierte deren Reaktionen auf die Doppelgängerin), Repliee Q1expo war einer japanischen Nachrichtensprecherin nachempfunden und begrüßte auf der Expo 2005 in Aichi die Besucher. Seine künstlichen Menschen will Ishiguro für Experimente zur menschlichen Wahrnehmung, Kommunikation und Kognition einsetzen. Diesen Forschungsansatz bezeichnet er als "android science".

    Eine Maschine wie Geminoid HI-1 entlastet seinen Schöpfer nur wenig von der eigentlichen Arbeit: Die Vorlesungen muss Ishiguro nach wie vor selbst halten, wenn auch an einem anderen Ort. Auf der anderen Seite entfällt das Risiko, dass sich ein derart kontrollierter Roboter jemals gegen seinen Schöpfer erhebt. Ein Problem, das Ishiguro ohnehin fremd zu sein scheint: Beim Symposium in Bremen zu "50 Jahren Künstlicher Intelligenz" wurde ihm die Frage gestellt, ob es etwas gäbe, was seine Roboter auf gar keinen Fall tun sollten. Ishiguro gab zur Antwort, er wolle nur erforschen, wie Menschen funktionieren und wie man sie nachbauen könne. Über andere Dinge -- wie etwa konkrete Anwendungen -- denke er nicht nach.
     
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