Eindeutige Identifikationsnummer auf gebrannten CDs

Dieses Thema im Forum "Netzwelt" wurde erstellt von zwa3hnn, 11. Dezember 2006 .

  1. 11. Dezember 2006
    Eindeutige Identifikationsnummer auf gebrannten CDs: Philips sieht keine negativen Auswirkungen
    Am 20.10.2006 wurde der Firma Philips, stellvertretend für alle CD-Brenner Hersteller, der BigBrotherAward in der Kategorie "Technik" verliehen, da bei jeder gebrannten CD automatisch eine eindeutige Identifikationsnummer hinzugefügt wird. Was nur wenige wissen: die Nominierung ist das Resultat einer Diskussion auf dem gulli:board. Grund genug die Hintergründe dieser Identifikationsnummer einmal ein wenig genauer zu betrachten.


    Bei der Einführung der CD-R wurde von den Geräteherstellern 1990 das so genannte Orange Book erarbeitet, in dem technische Vorgaben für alle beschreibbaren CDs festgehalten werden. Dieses Buch ist weltweit für Hersteller, deren Produkte zum CD-R-Standard kompatibel sein sollen, bindend.

    1995 kam es zu einem Treffen der Hersteller von Unterhaltungselektronik und der Unterhaltungsindustrie (vertreten durch die International Federation of the Phonographic Industry (IFPI), die Recording Industry Association of America (RIAA) und die Recording Industry Association of Japan (RIAJ)), um zusätzliche Normen zu beschließen, die weiterhin die Kompatibilität zwischen CD-R und Audio-CD Systemen gewährleisten sollten. Nach Angaben von Philips vereinbarte man im Rahmen dieses Treffens auch eine Maßnahme, mit der man auf das "Piraterie-Problem" reagieren wollte, das in den Augen der Unterhaltungsindustrie mit der CD-R verbunden ist, nämlich den Recorder IDentification Code - RID. Mit Hilfe dieses Features wollte man die Möglichkeit schaffen, jede einzelne Disk zu dem Brenner zurück zu verfolgen, mit dem sie gebrannt worden war. Die Gerätehersteller beabsichtigten, auf diese Weise dem Risiko aus dem Weg gehen, später von der Musikindustrie beschuldigt zu werden, CD-Brenner würden Piracy erleichtern. Im Dezeber 1998 schließlich wurde das "Orange Book Part II: CD-R, Volume 1, Version 3.1." veröffentlicht, in dem der RID als Standard festgelegt wurde. Der Code besteht aus drei Blöcken, dem dreistelligen Herstellercode (der bei Philips beantragt werden kann), dem vierstelligen Modell-Code des Brenners und einer mindestens fünfstelligen eindeutigen Geräte-Seriennummer.

    Jeder CD-Brenner, der nach 1998 hergestellt wurde, hinterlässt also den RID im "Subchannel Q" an der gleichen Stelle, an der sich beispielsweise auch der ISRC (International Standard Recording Code) befindet, mit dem CD-Titel eindeutig identifiziert werden können. Dadurch ist es möglich, den RID einer CD auszulesen, wenn diese in einem neuen Brenner gebrannt wurde, aber in einem älteren Gerät abgespielt wird. Bespielbare DVDs (und zukünftige Medien) sind nach Aussage eines Sprechers von Philips von dieser Maßnahme nicht betroffen, da bei der Erstellung der DVD-Standards bereits andere Kopierschutzmechanismen zur Verfügung standen.

    Die Unsinnigkeit und Schädlichkeit dieser Maßnahme liegen auf der Hand. Abgesehen davon, dass kein Fall bekannt ist, in dem ein Verletzter von Urheberrechten durch den RID identifiziert oder gar verurteilt wurde, ist der RID als Mittel gegen professionelle Urheberrechtsverletzungen nahezu nutzlos. Der größte Teil nicht lizenzierter Kopien wird vor allem in illegalen Presswerken in Asien hergestellt. Auch ist in Deutschland das Brennen von urheberrechtlich geschützten CDs zu privaten Zwecken nicht illegal, solange diese nicht aus einer "offensichtlich rechtswidrigen Quelle" stammt oder ein technisch wirksamer Kopierschutz überwunden wird. Selbstverständlich wird der RID auch auf gebrannten CDs hinterlassen, die keine urheberrechtlich geschützten Werke enthalten.

    Außerdem haben die Gerätehersteller als globale Unternehmen auch eine globale Verantwortung. Allerdings wurde diese durch die mangelnde Information der Konsumenten nicht wahrgenommen. In Ländern wie China könnte es beispielsweise für Dissidenten, die regierungskritische Informationen auf gebrannten CDs weitergeben, tödlich enden, wenn diese CDs auf Grund des RIDs zu ihnen zurückverfolgt werden können. Aber auch hier in Deutschland sind z.B. Journalisten darauf angewiesen ihre Quellen wirksam schützen zu können.

    Philips erkennt die Argumente der Datenschützer zwar generell an, sieht aber konkret keine Probleme für die Konsumenten. Allerdings habe man bei der Kommunikation dieser Maßnahme durchaus Fehler gemacht. Damals sei eben das Bewusstsein für den Datenschutz noch nicht so ausgeprägt gewesen. Inzwischen sei das Thema jedoch auch ein wenig veraltet, da so gut wie keine CD-Brenner mehr verkauft würden. Unter anderem aus diesem Grund sehe Philips auch jetzt keine Notwendigkeit einer öffentlichen Stellungnahme.

    An diesem Beispiel zeigt sich mal wieder sehr gut, wozu es führen kann, wenn die Unterhaltungsindustrie ihre Macht und ihren Einfluss auf die Gerätehersteller, bis in die Gremien zur Erstellung technischer Standards hinein, ausübt. Auf diese Weise kommt es dann zur Implementierung von Kopierschutzmechanismen wie den RID, Sony’s XCP oder anderen DRM-Maßnahmen, die auf der einen Seite sinn- und nutzlos sind, da sie weder privates noch kommerzielles Kopieren verhindern können, auf der anderen Seite jedoch tief in die Rechte, Freiheit, Kultur und Sicherheit einer großen Masse von Konsumenten und somit auch der Gesellschaft eingreifen.

    Aber wollen wir das?


    quelle: gulli untergrund news
     
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