Hat Cholesterin zu Unrecht einen schlechten Ruf?

Artikel von Tommy Weber am 12. November 2021 um 11:25 Uhr im Forum Wissenschaft & Forschung - Kategorie: Wissenschaft

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Hat Cholesterin zu Unrecht einen schlechten Ruf?

12. November 2021     Kategorie: Wissenschaft
Bis heute hält sich der Mythos vom bedrohlichen Cholesterin, was für viele schwere Erkrankungen verantwortlich ist. Viele kennen nur das „schlechte“ Cholesterin und fürchten, dass ihr Cholesterinwert zu hoch sein könnte. Nur wenige wissen jedoch, dass Cholesterin oder Cholesterol, wie es medizinisch richtig heißt, ein natürlicher und sehr wichtiger Teil des Körpers ist. Aus dem Griechischen übersetzt bedeutet Cholesterol so viel wie „harte Galle“. Es ist eine Substanz, die dem Fett ähnelt und in allen Zellen des Körpers vorkommt. Das so verschmähte Cholesterin ist überlebenswichtig für einige ganz bestimmte Prozesse, die im Körper stattfinden.

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Ein wichtiger Baustein
Für die sogenannte Zellmembran ist Cholesterin ein sehr wichtiger Baustein und damit für jede einzelne Zelle im menschlichen Körper unentbehrlich. Der Organismus braucht das Cholesterin außerdem, um so wichtige Hormone wie Östrogen und Kortison produzieren zu können, selbst die Herstellung der Gallensäure ist ohne Cholesterin nicht möglich. Cholesterin entsteht in der Leber, in der Nebenniere, in den Eierstöcken und in den Zellen des Dünndarms.

Der Mensch nimmt Cholesterin zudem über tierische Nahrungsmittel, wie Fleisch, Milch, Butter und Eier zu sich. Zudem ist Cholesterin in vielen Milchprodukten zu finden, wie im Joghurt oder in der Buttermilch.

Das gute und das schlechte Cholesterin
Ist vom Cholesterin die Rede, dann ist in den meisten Fällen das „schlechte“ Cholesterin gemeint. Grundsätzlich gibt es zwei Arten Cholesterin: das LDL oder Low Density Lipoprotein und das HDL oder High Density Lipoprotein. Das „gute“ LDL wird in der Leber produziert und gelangt dann über den Magen in den Darm. Von dort aus setzt es seinen Weg in den Blutkreislauf fort, kommt damit in das Gewebe und schließlich in die Zellen. Wenn sich der LDL-Cholesterinspiegel so weit erhöht, dass sich der Stoff in den Arterien absetzen kann, führt dies früher oder später zu einer Verengung der Arterien und schließlich zu einer Verkalkung.

Dieser schleichende Prozess erhöht die Gefahr einer Herzkreislauferkrankung, zugleich steigt das Risiko für einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt. Das HDL-Cholesterin gelangt ebenfalls aus der Leber in den Magen und in den Darm, von wo aus es im Blutkreislauf landet. Das HDL ist praktisch der Gegenpart des LDL-Cholesterins und darauf spezialisiert, das Cholesterin wieder zurück in die Leber zu bringen, wo es anschließend abgebaut wird.

Das Gleichgewicht halten
Beim Cholesterin gibt es im Prinzip folgendes Problem: Das Gleichgewicht zwischen der körpereigenen Produktion von Cholesterin und der Zufuhr durch die Nahrungsmittel von außen stimmt nicht mehr. Der Körper hat ein eigenes Regelungssystem, was heißt: Wenn zu viel Cholesterin von außen kommt, produziert der Körper entsprechend weniger. Falls hier ein Ungleichgewicht entsteht, dann steigt der Cholesterinspiegel an. In der Regel stellt der Körper zwei Drittel des erforderlichen Cholesterins auf dem endogenen Weg her, er produziert es also selbst. Das noch fehlende Drittel kommt auf dem exogenen Weg, also über die Nahrungsmittel dazu.

Warum ist Cholesterin eigentlich in Ungnade gefallen?
Bereits in den 1980er Jahren ist die Wissenschaft davon ausgegangen, dass ein zu hoher Cholesterinspiegel den Fettanteil im Blut erhöht, was zu einem erhöhten Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle führt. Schuld an diesem zu hohen Cholesterinspiegel, so die Wissenschaft, ist in erster Linie eine zu cholesterinreiche Ernährung aus Butter, Eiern, Fleisch, Milch und Milchprodukten. Das ständige Wiederholen, wie groß die Gefahr durch das schlechte Cholesterin ist, führte schließlich dazu, dass eine regelrechte Hysterie ausbrach und die Verbraucher tierische Produkte mieden.

Diese Angst schuf schließlich einen Mythos, der zu einem Milliardengeschäft wurde. Die Hersteller von Lebensmitteln und besonders die Pharmaindustrie bauten rund um die Angst vor dem bösen Cholesterin ein ganz neues Geschäftsfeld auf. Die Zahl der Produkte, die kein Cholesterin mehr enthielten, wuchs und die Pharmakonzerne brauten massenweise Mittel auf den Markt, die angeblich den Cholesterinspiegel im Blut senken können. In kürzester Zeit waren die Cholesterinsenker das umsatzstärkste Medikament weltweit.

Cholesterin ist kein Gift
Inzwischen wurde nachgewiesen, dass das Cholesterin in der Nahrung kaum Einfluss auf die Blutwerte hat. Wird dem Körper mehr Cholesterin zugeführt, dann drosselt er eben seine eigene Produktion und reguliert damit den Cholesterinspiegel. Studien haben zudem nachgewiesen: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Erkrankungen, die das Herz betreffen und einem zu hohen Cholesterinspiegel. Cholesterin ist also kein Gift für den Körper, selbst wenn sich dieses Gerücht besonders hartnäckig hält. Es ist vielmehr ein sehr wichtiger Baustein für die Zellmembran, für die Bildung der Gallensäure und ebenfalls für das so wichtige Vitamin C.

Ohne Cholesterin geht es einfach nicht, allerdings sollte auf das Gleichgewicht zwischen dem exogenen und endogenen Cholesterin geachtet werden. Streng genommen kann der Organismus sogar auf das Cholesterin von außen verzichten. Der Körper ist durchaus in der Lage, das, was er an Cholesterin braucht, selbst zu produzieren. Menschen, die vegetarisch oder vegan leben, müssen keine Angst haben, dass ihr Cholesterinspiegel in den Keller sinkt.

Margarine ist nicht gesünder
Dass Butter fett ist, ist allgemein bekannt und daher gilt sie auch einer der größten Feinde des Cholesterinspiegels. Sie wird vielfach aus Angst gemieden und durch pflanzliches Fett wie beispielsweise Margarine ersetzt. Dass Margarine aber die gesunde Alternative zur Butter ist, stimmt nicht. Der Grund, warum immer wieder behauptet wird, dass Margarine gesünder ist, liegt an der Zusammensetzung des Brotaufstrichs. Butter besteht aus dem reinen Fett der Milch, Margarine hingegen wird aus Pflanzenfett hergestellt und ist deshalb kein natürliches Produkt, sondern ein rein industrielles Erzeugnis.

Das natürliche Produkt Butter enthält die Vitamine A, E, D und K, viele Nährstoffe und wichtige Mineralstoffe, wie etwa Kalzium. Damit die Margarine überhaupt streichzart wird, muss sie gehärtet werden und bei diesem Vorgang entstehen sogenannte Transfettsäuren. Diese wirken sich negativ auf den Stoffwechsel aus und erhöhen den Anteil des „schlechten“ LDL-Cholesterins.

Der schlechte Ruf ist nicht gerechtfertigt
Cholesterin hat zu Unrecht einen schlechten Ruf. Neben den Nahrungsmittelherstellern ist es vor allem die Pharmaindustrie, die den Mythos des ungesunden Cholesterins in die Welt gesetzt hat. Für Menschen, die nicht gesund sind, besteht bei zu viel Cholesterin ein geringes Risiko, dass zu viel Fett ins Blut gelangt und die Arterien verengt. Für gesunde Menschen ist das Essen von Butter, Eiern, Fleisch und Milchprodukten hingegen nicht mit Gefahren verbunden, wenn das Gleichgewicht im Körper bestehen bleibt.

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