Keine Hilfe für Afrika?!

Dieses Thema im Forum "Politik, Umwelt, Gesellschaft" wurde erstellt von Moepix, 9. Februar 2006 .

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  1. 9. Februar 2006
    Zur Person: Shikwati, 35, Gründer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft "Inter Region Economic Network" in Nairobi (Kenia), ist ein leidenschaftlicher Anwalt der Globalisierung. Er plädiert für mehr Eigenständigkeit der Entwicklungsländer und für freien Handel.




    "Streicht diese Hilfe"

    Der kenianische Wirtschaftsexperte James Shikwati über die schädlichen Folgen der westlichen Entwicklungspolitik, korrupte Herrscher und aufgebauschte Horrormeldungen aus Afrika



    SPIEGEL: Herr Shikwati, auf dem G-8-Gipfel von Gleneagles soll mehr Hilfe für Afrika beschlossen werden ...

    Shikwati: ... um Himmels willen, hören Sie bloß auf damit.

    SPIEGEL: Aufhören? Die westlichen Industrienationen haben sich vorgenommen, Hunger und Armut zu eliminieren.

    Shikwati: Solche Vorsätze schaden unserem Kontinent schon seit 40 Jahren. Wenn die Industrienationen den Afrikanern wirklich helfen wollen, sollten sie endlich diese furchtbare Hilfe streichen. Jenen Ländern, welche die meiste Entwicklungshilfe kassiert haben, geht es am schlechtesten. Trotz der Milliarden, die geflossen sind, ist der Kontinent arm.

    SPIEGEL: Können Sie uns dieses Paradox erklären?

    Shikwati: Es werden riesige Bürokratien finanziert, Korruption und Selbstgefälligkeit gefördert, Afrikaner zu Bettlern erzogen und zur Unselbständigkeit. Zudem schwächt die Entwicklungshilfe überall die lokalen Märkte und den Unternehmergeist, den wir so dringend brauchen. Sie ist einer der Gründe für Afrikas Probleme, so absurd das klingen mag. Wenn sie abgeschafft würde, bekäme das der kleine Mann gar nicht mit. Nur die Funktionäre wären schockiert. Darum behaupten sie, die Welt ginge unter ohne diese Entwicklungshilfe.

    SPIEGEL: Selbst in einem Land wie Kenia verhungern jedes Jahr Menschen. Denen muss doch geholfen werden.

    Shikwati: Aber die Kenianer selbst müssen diesen Menschen helfen. Wenn in einer bestimmten Region Kenias eine Dürre herrscht, schreien unsere korrupten Politiker reflexartig nach mehr Hilfe. Dieser Ruf ereilt das Welternährungsprogramm der Uno - also eine riesige Behörde von Apparatschiks, die in der absurden Situation sind, sich zwar dem Kampf gegen den Hunger verschrieben zu haben, aber alle arbeitslos wären, würden sie diesen Hunger tatsächlich beseitigen. Sie nehmen naturgemäß die Bitte nach mehr Hilfe allzu bereitwillig auf, fordern nicht selten noch ein bisschen mehr, als es die jeweilige afrikanische Regierung getan hat, und leiten das Hilfeersuchen an ihre Zentrale weiter. Dann werden Tausende Tonnen Mais nach Afrika verschifft ...

    SPIEGEL: ... der überwiegend von hochsubventionierten europäischen und amerikanischen Landwirten stammt ...

    Shikwati: ... und dieser Mais landet irgendwann im Hafen von Mombasa. Ein Teil wandert oft direkt in die Hände skrupelloser Politiker, die ihn an ihren eigenen Stamm weiterleiten, um damit Wahlkampf zu machen. Ein anderer Teil kommt auf den Schwarzmarkt. Dort wird der Mais dann zu Dumpingpreisen verscherbelt. Ein einheimischer Bauer kann seine Hacke gleich aus der Hand legen, mit dem Uno-Welternährungsprogramm kann niemand mithalten. Und weil die Bauern unter diesem enormen Druck eingehen, hat Kenia auch keine Reserven, wenn nächstes Jahr tatsächlich eine Hungersnot entsteht - ein ganz simpler, aber folgenschwerer Kreislauf.

    SPIEGEL: Täte das Welternährungsprogramm nichts, würden die Menschen verhungern.

    Shikwati: Das glaube ich nicht. In diesem Fall müssten sich die Kenianer eben bequemen, Handelsbeziehungen zu Uganda oder Tansania aufzunehmen und die Nahrungsmittel dort einzukaufen. Dieser Handel ist lebensnotwendig für Afrika. Er würde uns zwingen, die Infrastruktur selbst zu verbessern und Grenzen, die übrigens die Europäer gezogen haben, wieder durchlässiger zu machen sowie Gesetze zu schaffen, die die Marktwirtschaft begünstigen.

    SPIEGEL: Wäre Afrika überhaupt in der Lage, seine Probleme selbst zu lösen?

    Shikwati: Natürlich. In kaum einem Land südlich der Sahara müsste tatsächlich gehungert werden. Zudem sind reichlich Bodenschätze
    vorhanden: Öl, Gold, Diamanten. Afrika wird stets nur leidend dargestellt, dabei sind die meisten Zahlen maßlos übertrieben. In den Industrienationen wird immer der Eindruck erweckt, ohne Entwicklungshilfe würde Afrika untergehen. Aber glauben Sie mir: Afrika hat es schon vor euch Europäern gegeben. Und es ging uns gar nicht so schlecht.

    SPIEGEL: Damals gab es Aids noch nicht.

    Shikwati: Wenn man den Horrormeldungen Glauben schenken würde, müssten heute eigentlich alle Kenianer schon tot sein. Doch plötzlich werden überall Tests durchgeführt, und es stellt sich heraus, dass die Zahlen maßlos übertrieben wurden. Nicht mehr drei Millionen Kenianer sind nun infiziert, plötzlich ist es nur gut eine Million. Malaria ist ein ebenso großes Problem, doch darüber spricht kaum jemand.

    SPIEGEL: Woran liegt das?

    Shikwati: Aids ist ein Riesengeschäft, vielleicht das größte in Afrika. Mit nichts anderem kann man so viel Geld lockermachen wie mit schockierenden Aids-Zahlen. Aids ist hier eine politische Krankheit, wir sollten besonders misstrauisch sein.

    SPIEGEL: Amerikaner und Europäer haben zugesagte Hilfe für Kenia eingefroren. Das Land, sagen sie, sei zu korrupt.

    Shikwati: Ich befürchte nur, dass sie das Geld bald wieder auszahlen, es muss schließlich irgendwohin. Dem verheerenden europäischen Drang, Gutes zu tun, lässt sich bisweilen leider nicht mit Vernunft begegnen. Es ist doch völlig unverständlich, dass unmittelbar nach der Wahl der neuen kenianischen Regierung, welche die Diktatur Daniel arap Mois beendete, alle Hähne geöffnet wurden und das Geld in Strömen in dieses Land floss.


    SPIEGEL: Solche Hilfe ist meist zweckgebunden.

    Shikwati: Das ändert doch nichts. Millionen US-Dollar, die für den Kampf gegen Aids vorgesehen waren, liegen noch auf kenianischen Konten und werden nicht ausgegeben. Unsere Politiker wurden mit Geld überschüttet, dabei versuchen sie, möglichst viel auf die Seite zu schaffen. Der verstorbene Tyrann der Zentralafrikanischen Republik, Jean Bédel Bokassa, hat die Tatsachen zynisch auf den Punkt gebracht, als er sagte: "Alles in unserem Land wird von der französischen Regierung bezahlt. Wir fragen die Franzosen nach Geld, wir bekommen es - und verschwenden es."

    SPIEGEL: Es gibt im Westen viele mitfühlende Bürger, die Afrika helfen wollen. Sie spenden jedes Jahr Geld, viele stecken ihre Kleider in Sammelsäcke ...

    Shikwati: ... und überschwemmen unsere Märkte mit dem Zeug. Auf unseren sogenannten Mitumba-Märkten können wir die gespendeten Kleider billig kaufen. Es gibt Deutsche, die erwerben hier für ein paar Dollar gebrauchte Fußballhemden des FC Bayern München oder von Werder Bremen, die Kinder in Deutschland wohlmeinend den Afrikanern spenden wollten, versteigern sie für den dreifachen Preis bei Ebay und schicken sie zurück in ihre Heimat. Das ist doch Wahnsinn ...

    SPIEGEL: ... und hoffentlich eine Ausnahme.

    Shikwati: Was sollen diese Kleiderberge? Hier friert niemand, stattdessen werden unsere Schneider arbeitslos. Ihnen geht es wie den Bauern. So kostengünstig kann niemand aus der afrikanischen Billiglohnwelt sein, dass er mit den gespendeten Produkten mithalten könnte. 1997 waren in Nigeria 137.000 Arbeiter in der Textilindustrie tätig, im Jahr 2003 waren es noch 57 000. Und so sieht es überall aus, wo überschäumende Hilfsbereitschaft auf fragile afrikanische Märkte trifft.

    SPIEGEL: Deutschland kam nach dem Zweiten Weltkrieg erst mit dem amerikanischen Geld des Marshall-Plans auf die Beine. War das nicht erfolgreiche Entwicklungshilfe?

    Shikwati: In Deutschland musste nur die zerstörte Infrastruktur wieder aufgebaut werden. Deutschland war vor dem Krieg, trotz der Wirtschaftskrise der Weimarer Republik, ein hochindustrialisiertes Land. Auch Thailands Tsunami-Schäden lassen sich mit ein bisschen Geld und Aufbauhilfe beheben. Afrika muss den Schritt in die Moderne jedoch erst selbst gehen. Es muss sich ein Mentalitätswechsel vollziehen. Wir müssen aufhören, uns als Almosenempfänger zu empfinden. Afrikaner sehen sich mittlerweile selbst nur noch als Opfer. Keiner kann sich hingegen einen Afrikaner als Geschäftsmann vorstellen. Um das zu erreichen, wäre es hilfreich, wenn sich die Hilfsorganisationen zurückzögen.

    SPIEGEL: Wenn sie das täten, würden erst einmal viele Arbeitsplätze vernichtet ...

    Shikwati: ... die völlig künstlich geschaffen wurden und die Realität verzerren. Natürlich: Die Jobs bei den ausländischen Organisationen sind sehr beliebt. Darum können sie sich auch immer die besten Leute aussuchen. Wenn eine Hilfsorganisation einen Fahrer braucht, dann bewerben sich Dutzende für diesen Posten. Da dem Entwicklungshelfer ja nicht zuzumuten ist, dass der Chauffeur nur seine Stammessprache beherrscht, muss also jemand her, der fließend Englisch spricht und nach Möglichkeit noch gute Manieren hat. Da fährt dann plötzlich ein afrikanischer Biochemiker einen Helfer durch die Gegend, um europäische Lebensmittel zu verteilen und damit die lokalen Bauern arbeitslos zu machen - was für ein Unsinn!

    SPIEGEL: Die Bundesregierung ist stolz, genau zu überprüfen, wen sie unterstützt.

    Shikwati: Und was kommt dabei heraus? Ein Desaster. Da hat sie Ruandas Präsidenten Paul Kagame das Geld in den Rachen geworfen. Dabei hat der Mann mittlerweile Millionen Menschen auf dem Gewissen, die seine Armee im Nachbarland Kongo umgebracht hat.

    SPIEGEL: Was sollten die Deutschen tun?

    Shikwati: Wenn sie wirklich die Armut bekämpfen wollen, sollten sie sich mit ihrer Entwicklungshilfe komplett zurückziehen und Afrika endlich die Chance geben, selbst für sein Überleben zu sorgen. Derzeit ist Afrika wie ein Kind, das immer gleich nach seinem Babysitter schreit, wenn etwas schief geht. Afrika sollte auf eigenen Füßen stehen.

    Quelle: http://finanzen.ariva.de/board/224412/thread.m?a=_ariva_all&search_id=&search_full=&593
     
  2. 9. Februar 2006
    Der Text ist soweit ich weiss schon etwas älter, aber er bestätigt meine Meinung zu dem Thema. Es geht in Afrika nicht mehr primär um humanitäre Hilfe, sondern nur noch ums Finanzielle.
     
  3. 9. Februar 2006
    er hat völlig recht, durch diese ganze finanzielle hilfe werden die entwicklugsländer nur von großen konzernen abhängig gemacht. wenn ich höre das es schon so genannte economy hitmans gibt die dafür ausgebildet werden solche länder finaziell auszunutzen....
    geld bringt nichts, man sollte dort lieber eine vernünftige infrastrukutur aufbauen der rest wird sich von alleine erledigen. Andereseits, so makaber es klingt, kann unsere westliche welt nciht weiter bestehen ohne die andre hälfte der welt auszunutzen. wir sind reich weil der rest arm ist.....
     
  4. 9. Februar 2006
    Das Problem ist zum größten teil das diese Gelder auch an die Diktaturen geht. Diese verwenden dieses geld aber jedoch nicht um die leiden des volkes zu lindern sondern ihre waffenarsenale weiter aufzustocken. Wenn man diese Gelder streichen würde und gezielt in Ländern ohne diese ständig wechselnden diktaturen/bürgerkriege stecken würde als humanitäre hilfe. DOch gerade ist Bildung wichtig. Den niemand kann Afrika aus dem schlamasel raushelfen sondern nur sie selber... also ich zwar essen/trinken ebenso wichtig aber sie müssen es schaffen.
    Das Geld geht eben nicht an die Bevölkerung oder in Invrastruktur sondern eben nur in die Bürokratie, Korruption und Militär. Und ist der Staat dann pleite wird dem Staat die gesammten Schulden erlassen und er bekommt einen neuen Milliarden Kredit. So bringt das alles nichts... doch würde man die hilfen einstellen wäre das geschrie ja rießig weil das kein mensch verstehen würde... das man anders helfen muss.
     
  5. 12. Februar 2006
    Da kann ich nur zustimmen. Wenn man sich mal vorstellen, wieviel Kohle schon in die Dritte Welt geflossen ist, seit wievielen Jahren schon Länder oder Privatpersonen spenden, da kommen zich Brd. raus.

    Solche Leute wie Michael Jackson oder Kate Winslet haben Mio. gespendet, davon gibt es so viele auf der Welt und dann die ganzen privaten Haushalte und Schulen, die jedes Jahr dort Pakete hinschicken. Mit diesen Geldern könnten man doch schon längst eine riesige Weltmacht da unten hochziehen.

    Es ist klar, dass das Geld nicht an die Armen fließen kann, es geht bestimmt hauptsächlich an den völlig korrupten Staat und in Waffen. Woher haben die Rebellen und die Armee denn sonst Waffen und Munition her. Soviel, dass die Amis sogar Schwierigkeiten hatten dort einzumarschieren.

    Es gibt zwei Möglichkeiten meiner Meinung nach:
    Entweder alle Regierungen dort absetzen, die ganzen Regierungsapparate mit den korrupten Ministern ersetzen und anständige Leute einsetzen oder die Hilfsgelder besser einzusetzen, indem man vllt. gezielz Schulen und Krankenhäuser baut und diese auch gezielz subventioniert.

    Aber so wie die EU und die UNO das machen, das ist total dilletantisch. Das gilt auch für den Nahen Osten, die schicken einfach mal Gelder dorthin, aber wo die dann landen, interessiert keine Sau.

    Am Ende landen diese immer in Waffen und Bomben, mit denen Israel angegriffen wird oder mit denen in der Dritten Welt Paläste ausgebaut werden und die Waffen der Rebellen gekauft werden, während Kinder verhungern.

    Hauptsache mal Gelder hinschicken, wo sie wirklich landen, interessiert nicht, so sind unsere Politiker in der EU und in der UNO.


    MfG
    Famiosi
     
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