Ein Blick auf die Mikrodosierungsbewegung
In den letzten zehn Jahren hat die Mikrodosierung von Psychedelika an Beliebtheit gewonnen. Die Idee, therapeutische Dosen zu konsumieren, kann auf die Arbeiten des amerikanischen Forschers James Fadiman zurückgeführt werden. In der Vergangenheit waren niedrige Dosen von Psychedelika vor allem Psychonauten bekannt. Jedoch hat sich das heutige Konzept der Mikrodosierung deutlich weiterentwickelt. Es geht darum –läuft alles nach Plan– dass eine Person eine winzige Dosis eines Psychedelika einnimmt. Normalerweise wird dafür entweder LSD oder Psilocybin verwendet. Ziel ist es, keinerlei akute Wahrnehmungseffekte zu verspüren.
Warum Mikrodosierung?
Die Menschen haben sich im Laufe der Zeit aus verschiedenen Gründen für die Mikrodosierung entschieden. Von einem verbesserten Wohlbefinden – bis hin zu kreativen Energieschüben: die Liste von behaupteten Vorteilen ist lang. Viele glauben, es könne hilfreich gegen Depressionen und Angstzustände sein. Darüber hinaus gibt es Berichte über gesteigerte Konzentration und Fokus. Trotz all dieser Anekdoten bleibt die klinische Forschung zur Mikrodosierung jedoch hinter den Erwartungen zurück. Nur wenige kontrollierte Studien haben signifikante Effekte nachweisen können.
Der klinische Versuch zu ADHS-Symptomen
Der neue klinische Versuch war der erste seiner Art, der sich gezielt mit Mikrodosierung bei einer spezifischen Krankheit beschäftigte. ADHS wurde gewählt, da dies oft als das häufigste Leiden angesehen wird, das von Mikrodosierung profitiert. Eine Umfrage aus dem Jahr 2019 ergab, dass jeder dritte Anwender von Mikrodosierung diese Methode zur Behandlung von ADHS-Symptomen nutzt.
Die Details des Versuchs
Insgesamt wurden 53 Teilnehmer rekrutiert. Alle erfüllten die Diagnosekriterien für ADHS, moderat bis schwer. Die Hälfte der Teilnehmer erhielt 20 Mikrogramm LSD, während die andere Hälfte ein Placebo erhielt. Die Dosen wurden über einen Zeitraum von sechs Wochen –zweimal pro Woche– verabreicht. Am Ende zeigten alle Teilnehmer signifikante Verbesserungen ihrer ADHS-Symptome. Dies war unabhängig davon, ob sie LSD oder ein Placebo eingenommen hatten. Interessanterweise verzeichnete die Placebo-Gruppe sogar marginal bessere Ergebnisse.
Die Erwartungen und deren Rolle
Matthias Liechti, der Studienleiter, stellte fest, dass die Studie nicht explizit die Erwartungshaltung der Teilnehmer maß. Dennoch wurde die Verblindung verfolgt, und die meisten Teilnehmer glaubten, sie hätten LSD erhalten – selbst die Placebo-Gruppe. Dies könnte die Robustheit der Ergebnisse unterstreichen. Er erklärte: "Es gab absolut keinen Wirkungsunterschied zwischen Placebo und LSD. Selbst in einer großen Studie wurde kein Effekt nachgewiesen." Die subjektiven Erwartungen der Teilnehmer spielten also eine entscheidende Rolle.
Die Dosierung und ihre Implikationen
Besonders bemerkenswert war die Wahl der Dosis. 20 Mikrogramm LSD gelten als relativ hoch für eine Mikrodosierung. Die Forscher vermuteten, dass ein höherer Wirkstoffgehalt eher positive Effekte bei ADHS hervorrufen könnte. Auch wenn einige Teilnehmer milde psychedelische Wirkungen berichteten, blieben die Verbesserungen der Symptome fast identisch, unabhängig davon, ob sie tatsächlich LSD erhielten oder nicht. Demnach scheint der wahrgenommene Nutzen mehr mit den Erwartungen der Teilnehmer verknüpft zu sein als mit der Substanz selbst.
Zusammenfassung der Forschungsergebnisse
Zwar kann diese Einzelstudie keine definitive Antwort auf die Frage nach der Wirksamkeit von Mikrodosierung auf ADHS geben – jedoch ist Liechti überzeugt, dass alle als vorteilhaft erlebten Effekte vermutlich aus dem Bereich des Placebo-Ansatzes stammen. Er weist darauf hin, dass Mikrodosierung wahrscheinlich auch bei anderen Störungen Vorteile bringen kann, aber dafür sind detaillierte, kontrollierte Studien notwendig. "Die wahrgenommenen Effekte sind größtenteils eine Placebo-Reaktion", so Liechti.
Ausblick auf zukünftige Forschungen
Der Bedarf an weiteren Forschungen ist evident. Zwar wurden vielversprechende Hinweise gefunden, doch bleibt die Frage offen, ob Mikrodosierung in anderen Anwendungsbereichen wirksam sein könnte. Eine tägliche Dosierung könnte möglicherweise effektiver sein. Ebenso könnte eine Niedrigdosis von 10 Mikrogramm bei Depressionen hilfreich sein. Hochdosis-LSD-Behandlungen zeigen zudem in der Therapie von Angst- sowie depressiven Störungen vielversprechende Ansätze. Zukünftige Studien sollten nicht nur Umfragen durchführen, sondern auch mehr randomisierte kontrollierte Versuche initiieren.
Die neue Studie wurde in JAMA Psychiatry veröffentlicht.