Lutetium-Hydride: Forscher erzielen Superleitfähigkeit bei Raumtemperatur

Artikel von Fabiane Herbst am 10. März 2023 um 20:35 Uhr im Forum Wissenschaft & Forschung - Kategorie: Wissenschaft

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Lutetium-Hydride: Forscher erzielen Superleitfähigkeit bei Raumtemperatur

10. März 2023     Kategorie: Wissenschaft
Wissenschaftler der University of Rochester haben einen Durchbruch in der Erforschung von Superleitfähigkeit erzielt. Sie konnten eine Materialzusammensetzung entwickeln, die sowohl bei Raumtemperatur als auch bei vergleichsweise niedrigem Druck eine Superleitfähigkeit aufweist. Dies ist ein bedeutender Schritt in der praktischen Anwendung der Superleitfähigkeit.


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Eine Probe von etwa einem Millimeter Durchmesser aus Lutetiumhydrid, einem supraleitenden Material, das im Labor des Rochester-Wissenschaftlers Ranga Dias hergestellt wurde, durch ein Mikroskop betrachtet. Dieses zusammengesetzte Bild ist das Ergebnis von Focus Stacking und Farbverbesserung mehrerer Bilder.


Superleitfähigkeit bei Raumtemperatur


Die Forschungsergebnisse wurden in der renommierten Fachzeitschrift Nature veröffentlicht. Die Wissenschaftler beschreiben darin eine Stickstoff-dotierte Lutetiumhydrid-Verbindung (NDLH), die Superleitfähigkeit bei einer Temperatur von 69 Grad Fahrenheit (20 Grad Celsius) und einem Druck von 10 Kilobar (145.000 Pfund pro Quadratzoll, oder psi) aufweist.

Obwohl der Druck von 145.000 psi immer noch außergewöhnlich hoch zu sein scheint (der Druck auf Meereshöhe beträgt etwa 15 psi), werden Spannungstechniken, die in der Chip-Herstellung verwendet werden, beispielsweise bei der Verwendung von Materialien mit höherem inneren chemischen Druck eingesetzt.

Visuelle Veränderung bei der Komprimierung


Die resultierende Lutetium-Stickstoff-Wasserstoff-Verbindung war zunächst von einem "bläulich glänzenden" Farbton. Als die Verbindung in einer Diamantenambosszelle zusammengedrückt wurde, kam es zu einer "verblüffenden visuellen Veränderung": Von Blau zu Pink beim Einsetzen der Superleitfähigkeit und dann zu einem hellen roten nicht-superleitenden metallischen Zustand.

Die Forscher haben die Verbindung in diesem Zustand humorvoll als "Reddmatter" bezeichnet - nach einem Material, das Spock im beliebten StarTrek-Film von 2009 erschaffen hat.

Potenzial für neue Anwendungen


Mit Unterstützung der National Science Foundation CAREER-Auszeichnung (CAREER steht für "Faculty Early Career Development Program") und einem Zuschuss des US Department of Energy hat das Forschungsteam die Frage beantwortet, ob ein Superleiter-Material bei Raumtemperatur und bei Drücken niedrig genug für praktische Anwendungen existieren kann.

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Dias ist überzeugt, dass die Verwendung von NDLH die Fortschritte in der Entwicklung von Tokamak-Maschinen zur Erreichung von Fusion beschleunigen wird. Anstatt mithilfe von leistungsstarken, konvergierenden Laserstrahlen einen Brennstoffpellet zu implosionieren, verlassen sich Tokamaks auf starke Magnetfelder, die von einer ringförmigen Umgebung abgegeben werden, um überschweren Plasmen zu halten und zu zünden. NDLH, das bei Raumtemperatur ein "enormes Magnetfeld" erzeugt, wird nach Meinung von Dias eine "Gamechanger" für die aufstrebende Technologie sein.


Maschinelles Lernen


Dias sieht auch das Potenzial, dass maschinelles Lernen in der Erforschung von Superleitfähigkeit genutzt werden kann. Durch die Nutzung von Daten aus Superleitfähigkeits-Experimenten in seinem Labor können Algorithmen trainiert werden, um weitere mögliche Superleiter-Materialien aus tausenden von möglichen Kombinationen von Seltenen Erden, Stickstoff, Wasserstoff und Kohlenstoff zu prognostizieren.

Keith Lawlor, Mitautor der Studie, hat bereits begonnen, Algorithmen und Berechnungen mithilfe von Supercomputing-Tools des Center for Integrated Research Computing an der University of Rochester zu entwickeln.


Quelle: Viable superconducting material created in Rochester lab