Männermode im Wandel der Zeit

Artikel von Jonas Hubertus am 20. Januar 2020 um 23:21 Uhr im Forum Allgemeines & Sonstiges - Kategorie: Trend & Lifestyle

Männermode im Wandel der Zeit

20. Januar 2020     Kategorie: Trend & Lifestyle
Kleidung macht es möglich, die eigene Unverwechselbarkeit zu betonen. Zugleich wirkt sie aber auch in hohem Maße normierend. Die Modewelt propagiert Verschiedenheit und ebnet sie im nächsten Augenblick wieder ein. Mode ist ein soziales Phänomen. Mode ist das augenfälligste Kommunikationsmittel: "Noch bevor wir uns verbal mitteilen, kommunizieren wir über unsere Kleidung, wer wir sind oder sein wollen", Zitat; Roland Müller-Neumeister, künstlerischer Leiter der Meisterschule für Mode München.

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Selbst notorische Modeverweigerer wie Nerds und Fleecejackenfetischisten signalisieren mit ihrer Antimode eine Haltung zur Gesellschaft und sich selbst.


Männermode im Wandel der Zeit
In der neueren Modegeschichte wird sich meist nur auf den Wandel der Bekleidung der Frau konzentriert. Heute beleuchten wir jedoch den Herren der Schöpfung. Wie hat sich die Männermode im Laufe der Geschichte verändert?


Bekleidung in der Steinzeit
Bekleidung gab es schon in der Steinzeit. Die Neandertaler schützten ihre Körper bereits vor über 10.000 Jahren vor Kälte, Nässe und Wind, indem sie sie in die unbehandelten Felle erlegter Tiere hüllten. Vor 35.000 Jahren bearbeiteten die Menschen ihre Kleidung bereits und machten sie auf diese Weise haltbar. Neben Fellen wurden auch Pflanzenfasern und Baumrinde zu Kleidungsstücken verarbeitet. Historiker vermuten, dass auch schon damals besonders schöne Felle nicht nur aus rein funktionellen Gründen, sondern auch zur Zierde getragen wurden. Mode hatte also bereits in der Steinzeit auch immer etwas mit Status und Selbstdarstellung zu tun und verriet den Betrachtern etwas über die Persönlichkeit ihres Trägers.


Die Kleidungsstile der Antike
Die Toga war in der Antike den Männern vorbehalten, Frauen trugen Tuniken Im alten Ägypten stellte Kleidung einen Luxus dar, den sich nicht jeder leisten konnte. Durch prachtvolle und aufwendig verarbeitete Stoffe grenzten sich die Reichen und Mächtigen von der bürgerlichen Gesellschaft ab. Der weniger wohlhabende Ägypter trug einen knielangen Schurz aus leichten Leinen, während reiche Ägypter zusätzlich über edle Tuniken verfügten. Sklaven hingegen waren meist nackt, was in der damaligen Gesellschaft nicht verpönt war. In der griechischen und römischen Antike wurden vornehmlich die Tunika sowie die Toga getragen, die jeder ganz individuell nach seinen persönlichen Vorlieben drapieren konnte. So war die Art, wie der Stoff gelegt war, eine Möglichkeit, sein individuelles Modebewusstsein auszudrücken.
Während die Tunika ein Alltagegewand für beide Geschlechter war, wurde die Toga, ein aus etwa sechs Meter langem Stoff bestehendes Ehrenkleid, ausschließlich von Männern und nur zu wichtigen Anlässen getragen. Nach dem Ende des römischen Reiches verschwand dieses Kleidungsprinzip keinesfalls aus der Geschichte. Noch heute erinnern die Gewänder katholischer Messdiener an die römische Tracht.



Prachtvoll und hochgeschlossen – Das Mittelalter
Der Übergang von der Antike zum Mittelalter stellte auch modisch einen harten Schnitt dar. Die christliche Kirche forderte die Verhüllung des Körpers und dementsprechend hochgeschlossen zeigte sich auch die Mode dieser Zeit. Lange Ärmel und Hosenbeine sowie Untergewänder und Hemden waren an der Tagesordnung. Zur Zeit der mittelalterlichen Minnesänger war die Männermode mindestens ebenso prachtvoll, wie die der Frauen. Beide Geschlechter trugen im hohen Mittelalter die reich verzierte Tunika als zweites Obergewand sowie den ärmellosen Surcot, eine Art Überrock. Doch nicht nur in Bezug auf die Oberbekleidung gab es Gebote und Verbote, auch das Schuhwerk wurde reglementiert. So sollte der Stand einer Person an der Länge seiner Schuhe zu erkennen sein. Je länger der Schuh, desto hoher der Stand der Person, die ihn am Fuß trug. Derlei Modeauswüchse wurden vom Klerus allerdings sehr missmutig beäugt, schließlich galt übertriebene Eitelkeit als Teufelswerk.



Modische Experimente – Die Renaissance
Der Halskrause war typisch für die Epoche der Renaissance Zwischen 1450 und 1500 vollzog sich der Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. Große Ereignisse wie die Erfindung des Buchdrucks oder die Entdeckung Amerikas kennzeichnen diesen Übergang. Der Burgundische Hof, der damals eine zentrale Position in Europa einnahm, wurde zum Vorreiter in Sachen Mode und sorgte zum Beispiel dafür, dass die schlanke Erscheinung der Herren als en vogue galt. Kurze und eng anliegende Jacken mit Stehkragen sowie Strumpfhosen bedeckten die Körper der Männer und betonten ihre Figur. Die Farbe Rot war zu dieser Zeit ausschließlich dem Adel vorbehalten. Nach dem Verfall des Burgundischen Hofes wurde Italien das neue Vorbild, wenn es um Modefragen ging. Vor allem die Männermode erlebte in dieser Zeit einen großen Wandel. Aus dem Latz der Männerhosen entstanden sogenannte Schamkapseln in ganz unterschiedlichen Ausführungen. Es wurde zudem üblich, einen weiteren Überrock, genannt Schaube, zu tragen. Im 16. Jahrhundert gewann Spanien immer mehr politische und wirtschaftliche Bedeutung, was vor allem an den neuen Handelswegen nach Amerika lag. Schon bald war es also Spanien, das die neuen Modetrends diktierte. Jedoch setzten sich die spanischen Trends nur langsam in anderen europäischen Ländern durch. Die hohe Halskrause, genannt Kröse, kam für beide Geschlechter in Mode und Schwarz wurde zur beliebtesten Modefarbe. Modische Männer zu dieser Zeit trugen einen Spitzbart.



Ludwig der XIV – modisches Vorbild des Barock- und Rokokozeitalters
Im Anschluss an den 30-jährigen Krieg lag die politische und kulturelle Führung Europas bei Frankreich. Die Hofhaltung von Ludwig dem XIV, welche von 1651 bis 1715 regierte, wurde zum Vorbild für fast alle europäischen Höfe, auch in puncto Mode. Im Zeitalter des Barock fand eine Annäherung der Männermode und der Frauenmode statt. So trugen beide Geschlechter beispielsweise einen aus Spitze gefertigten Schulterkragen. Ludwig der XIV brachte die Allongeperücke in Mode. Fortan war die langhaarige, lockige und schwere Perücke vom Kopf männlicher Adliger nicht mehr wegzudenken. Die Haare unter der Perücke wurden kurz getragen oder der Kopf wurde komplett geschoren. Da Perücken für die einfache Bevölkerung unerschwinglich waren, setzte es sich bei den dortigen Männern durch, die Haare möglichst lang zu tragen. Zudem kamen Rockhosen in Mode, die von Männern zu Seidenstrümpfen und Schuhen mit Absätzen getragen wurden. Im Rokoko wurde die Männermode wieder etwas dezenter und die Dekadenz dieser Epoche endete mit dem gesellschaftlichen Umbruch der Französischen Revolution von 1789 bis 1799.


Der Pragmatismus zur industriellen Revolution
Zu Zeiten der industriellen Revolution musste Mode in erster Linie praktisch sein Die industrielle Revolution brachte einen gesellschaftlichen Umbruch sowie einen wirtschaftlichen Aufschwung mit sich, der sich auch auf die Mode auswirkte. Vor allem die Kleidung der Männer musste nun praktisch sein, um im modernen und durch Maschinen unterstützen Arbeitsprozess nicht zu behindern. So waren Hosenträger vor allem praktisch weil sie die oft schweren Hosen welche mit Werkzeug beladen waren gut fixieren konnten.


Geburtsstunde des klassischen Gentleman
Der Typus des Dandy kristallisierte sich im frühen 19. Jahrhundert innerhalb der bessergestellten Gesellschaftsschicht heraus. Elegante Kleidung und einwandfreies Benehmen war Vertretern dieser modischen Strömung sehr wichtig.
Der bürgerliche Mann trug lange Röhrenhosen und Zylinder. Die Errungenschaften der industriellen Revolution und die damit verbundene Massenproduktion erlaubten es nun auch einfachen Bürgern, sich modisch zu kleiden. Mode wurde nun nicht mehr als Zeichen der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Stand interpretiert. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts trat die Männermode mehr und mehr in den Hintergrund.
Schlichte dunkle Anzüge, die sehr an heutige Modelle erinnern, wurden immer häufiger getragen. Natürlich durfte auch eine Fliege nicht fehlen. Männer der damaligen Zeit wollten mit ihrer Kleidung Seriosität ausdrücken - auch die Krawatte macht hier ihren Siegeszug und ist seither ein Signal für "Seriosität" was sich auch Banker und Versicherungsvertreter mit ihrer Business Kleidung zu nutze machen. Ihren Wohlstand zeigten die Männer damals eher durch die edlen Kleider ihrer Frauen und Töchter.


Das 20. Jahrhundert – Mode wird zum Massenphänomen
Mithilfe der Massenmedien gewann die Mode im 20. Jahrhundert immer mehr an Bedeutung und wurde zu einem zentralen kulturellen Faktor. Konfektionsware hatte es zwar bereits im späten 19. Jahrhundert gegeben, jedoch galt sie damals als schlecht verarbeitet. Mit der Entwicklung der Chemiefaser wurde die Massenproduktion von Konfektionsware vorangetrieben und sie erlangte immer mehr Zuspruch in allen gesellschaftlichen Schichten. Vor allem die USA wurden zum modischen Vorbild, nicht zuletzt durch den Siegeszug der Jeans, der sich von Übersee nach Europa ausbreitete. Die berühmte blaue Hose hat sich 1945 aus Überbeständen der stationierten US-Army in Europa verbreitete.



Die 60er und 70er Jahre – Mode als Ausdruck des Protestes
Bunt, bunter, die Hippie Bewegung In den 60er und 70er Jahren wurde die Mode von der Jugend genutzt, um sich von der älteren Generation abzugrenzen. Ausgefallene Kleidung wurde zu einem Zeichen des Protestes. Mode wurde zu einem Phänomen der Jugend und Models genossen eine Berühmtheit, die früher nur Schauspielern vorbehalten war. Wurden Modetrends früher nur in den privilegierten Schichten geboren, entschied nun die Jugend, was angesagt war und die Designer ließen sich von den „Modetrends der Straße“ inspirieren. Viele Männer dieser Zeit rechneten sich der Hippie-Bewegung zu, trugen lange Haare und bunte Kleidung mit Rüschen oder Spitze.
In den 70er Jahren dominierte körperbetonte Kleidung die Herrenmode. Knallenge Hosen und kurze Pullover und Jacken waren in den Kleiderschränken modebewusster Männer zu finden. Im Zuge des Unisex-Looks waren Männer und Frauen in Bezug auf Kleidung und Frisur oft nur schwer voneinander zu unterscheiden.



Mode im 21. Jahrhundert – Keine klaren Trends erkennbar?
Macht sich im 20. Jahrhundert die Jugend die Mode zu Nutze, um damit ihre Anliegen auszudrücken, sind aufgrund der Vielfalt und der Schnelllebigkeit der modischen Strömungen im 21. Jahrhundert kaum noch klare Trends erkennbar. Trends aus ganz verschiedenen Epochen werden im 21. Jahrhundert wieder aufgegriffen und bunt gemischt. Somit wird es dem Einzelnen ermöglicht, seine individuelle Persönlichkeit durch die von ihm kreierten Modekompositionen auszudrücken.



Die Technik avanciert zum Accessoire des modernen Mannes
Technik als modisches Accessoire Handy, MP3-Player und Co. sind im 21. Jahrhundert zu modischen Accessoires avanciert. So sorgen beispielsweise Handyhüllen in verschiedenen Designs und Farben dafür, dass das mobile Telefon jeden Tag aufs Neue dem Outfit angepasst werden kann. In Zukunft könnte es sogar zu einer noch stärkeren Verschmelzung von Mode und Technik kommen. Schon heute sind zum Beispiel Jacken mit eingebauten Kopfhörern auf dem Markt. Diese Kleidungsstücke sind jedoch nur begrenzt waschbar, weshalb Forscher nun daran arbeiten, die intelligente Kleidung weiterzuentwickeln.



Stilmix - Vergangene Trends bekommen ein neues Gesicht
Es entsteht der Eindruck, beim Thema Mode wäre alles schon einmal da gewesen. Neue Trends zu schaffen, scheint deshalb nahezu unmöglich. Aufgrund dessen greifen Designer immer wieder auf längst vergangene Stilepochen zurück, entlehnen einzelne Modetrends, wandeln sie ab, kombinieren sie mit aktueller Mode und verleihen ihnen so ein modernes Gesicht. Aktuell erfreuen sich vor allem Modestücke aus den 80er und 90er Jahren des letzten Jahrhunderts wieder großer Beliebtheit bei der Jugend.


Die Zukunft der Mode liegt (hoffentlich) in der Nachhaltigkeit
Heute spielt auch der Gedanke des Umweltschutzes eine wichtige Rolle, immerhin ist Mode für ein Viertel der weltweiten Umweltverschmutzung verantwortlich. Vor allem was die Klimabilanz und den Wasserverbrauch angeht. Der auf die Spitze getriebene Konsum und die Wegwerfmentalität bei Mode haben viele dazu bewegt sich "Alternativ" zu Kleiden, was bedeutet - Altes zu recyceln oder wieder aufzuarbeiten. Secondhand ist Mode und hier kommen eben Kleidungsstücke aus allen Epochen zusammen. So sind langlebige Jeansjacken Retro und Nachhaltig zugleich.