Obstanbau komplett ohne Pestizide - Martin Geng beweist es funktioniert

Über 80 Prozent der Verbraucher wünschen sich ungespritztes Obst - aber der Marktanteil von pestizidfreien Früchten liegt nicht mal bei einem Prozent. Martin Geng, ein Obstbauer aus Staufen, kennt beim Ökoanbau keine Kompromisse, selbst auf die erlaubten Mittel aus dem Biolandbau verzichtet er. Der steigende Absatz seines Unternehmens belegt das es funktioniert.

Obstanbau komplett ohne Pestizide - Martin Geng beweist es funktioniert

1. Dezember 2019 von   Kategorie: Wirtschaft
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Kürzlich nahm der Quereinsteiger den Bundespreis für Ökolandbau des Bundeslandwirtschaftsministeriums entgegen. Und das, obwohl so viele Kollegen an Martin Geng gezweifelt haben. Er verzichtet in seinem Betrieb auf jegliche Spritzmittel, selbst wenn diese im Biolandbau erlaubt sind. Auf 17 Hektar Fläche baut er Obst an, die er zu über 100 verschiedenen Frucht-Produkten verarbeiten lässt. Diese werden nur im Direktverkauf im "Obstparadies" angeboten. Derzeit liegt die Erntemenge bei 50 Tonnen im Jahr.


Widerstandsfähige alte Obstsorten - eine Langfristige investition


Selbst den geringsten Einsatz von Pestiziden verneint der selfmade Obstbauer, stattdessen setzt er auf widerstandsfähige alte Obstsorten, die schauen dann zwar nicht alle perfekt aus wie aus Plastik, aber dafür schmecken sie hervorragend - was auch die Kunden zu schätzen wissen. Im letzten Winter pflanzte Geng 400 Birnbäume alter Sorte, die erst in 15 Jahren eine erste Ernte liefern werden. Zum Ausgleich gedeihen ihre Obstbäume viele, viele Jahre; sogar länger als die meisten Menschen leben (bis zu 150 Jahre). Zum Vergleich: Die typischen modernen Kulturreihen sind nach drei Jahren zum ersten Mal erntereif und nach spätestens 15 Jahren unfruchtbar und werden ersetzt. Die gepflanzten Bäume sind also eine nachhaltige Investition in die Zukunft.


Das Erfolgsmodell Geng: Ökologische Landwirtschaft im Fokus


Die Natur sorgt für das Insektensterben bei Geng. Riesig ist auch das Interesse am Betrieb selbst. Bei zirka 40 Führungen jährlich zeigt Geng rund 2.000 Menschen seine Plantagen und den Direktverkauf auf dem Hof. Besucher – darunter Behördenvertreter, Vogelschützer, Umweltschützer und Studenten oder einfach an Ökologie interessierte Bürger – sind gefesselt von seinen Methoden.

Lebendige Wiesen und fröhlicher Summen


Es summt und brummt in den Wiesen unter den Bäumen. Überall schwirren und krabbeln Insekten, sagt Geng. Bei ihm bestimmt die Natur das Insektensterben. Eine Familie von Meisen verzehre 75 Kilogramm Insekten im Jahr, beschreibt der Ökolandwirt mit Begeisterung. 27 verschiedene Vogelarten hat der Naturschutzbund auf seinen Plantagen gezählt – darunter seltene Arten wie Neuntöter und Pirol.

Konsequenz und Kontroverse


"Es geht, es hat geklappt," erklärte Geng bei der Preisverleihung. Hauk habe die kritischen Worte gelassen aufgenommen. Anschließend unterhielten sich der Geehrte und der Minister bei einem Glas Wein. Für manche gilt der Staufener Bioobstbauer als ständige Provokation, die zeigt, dass es anders geht. Doch man hört ihm zu. Der Bauernverband BLHV lud ihn letzte Woche zu einer Podiumsdiskussion ein.

Bundesweite Anerkennung


Seit Geng zu Jahresbeginn von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner den Bundespreis für Ökolandbau erhielt – bundesweit sorgt die Erfolgsgeschichte des Familienbetriebs für Aufsehen. Geng ist gefragt. Er hat viel zu berichten.

Erfolge und Herausforderungen – dahinter verbergen sich viel Engagement, Wissen und Leidenschaft. Gengs ökologischer Ansatz – klar überzeugt und inspiriert.


Widerstandsfähigkeit von Pflanzen war kein Zuchtziel


Ein extrem großes Problem ist vor allem, dass viele Obstsorten aber auch sonstige Kulturpflanzen extrem "ungesund" sind in ihrer Widerstandsfähigkeit. Sie sind komplett verzüchtet auf maximales Gewicht und Ertrag und leider abhängig von Spritzmitteln. Viele neue Kultursorten sind auf viele Pestizide angewiesen, denn auch in der Züchtung wird das als "Standard" angenommen und eingesetzt und somit werden die wichtigen Gene herausgezüchtet welche die Pflanze gesund und widerstandsfähig machen.

Die Zuchtkriterien sind leider, hohe Erträge, hohes Gewicht, optimales Aussehen - der gesundheitliche Aspekt und der Geschmack spielen dabei keine Rolle. Kunden sind es gewohnt nach dem Aussehen zu kaufen, die Verpackung ist daher im Handel das wichtigste Kriterium und oft "Wertvoller" als das enthaltene Produkt. Auch bei Gemüse und Obst spielt das Aussehen die Hauptrolle.

Quelle: Staufener Bioobstbauer zeigt, wie Landwirtschaft ohne Spritzmittel aussehen kann - Staufen - Badische Zeitung
 

Kommentare

13. August 2020
Das sind die Nachrichten, die wirklich weiterhelfen, mal sehen, ob es nicht auch Foren für/von Bauern gibt, damit dies an die richtige Adresse geht.

vielen Dank dafür

Lieben Gruß
KK
 
13. Juli 2024
Für viele Früchte ist das bei dem unbeständigem Wetter aber auch ein hohes Risiko für starke Ernteausfälle.

Klar für den Kunden ist das gut, dann gibt es eben nichts; also keine gespritzten Früchte die gut aussehen aber von innen Verfaulen dafür aber nicht Schimmeln dank Fungizid. Besonders bei Erdbeeren ist das ein Problem.

Ohne "Behandlung" ist bei Obst die Haltbarkeit und Ernte deutlichen Schwankungen unterlegen, die sich dann in der Verfügbarkeit und im Preis widerspiegeln.

Konventionell ist also produktiver und billiger - dafür bezahlt man eben den Preis mit Spritzmittel und ungünstigsten Fall mit Umweltschäden.

Auch die starke Düngung und intensive Bewässerung ist ein großes Problem... langfristig sogar mehr als die Spritzmittel, die schaden nur dem Konsument selbst und den Insekten.