#1 29. Januar 2011 Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 13. April 2017 Hallo RR-Finanzprofis, vor kurzem kam mir die Frage nach der Logik unseres Zinssystem und nach etwas Recherche traf ich auf sowas wie Bestätigung, dass da so einiges nicht aufgehen kann. Ein paar zentrale Punkte: Die Geldmenge verbunden mit Zinsrückzahlungen geht nicht auf (z.B. 2 Leute leihen sich 10EUR von der Bank zu 10% Zinskonditionen -> nur einer von beiden wird fähig sein 11EUR zurückzuzahlen. Man könnte argumentieren, dass nicht nur das "geliehne" Bankkapital im Besitz beider ist sondern auch vorheriger Geldbesitz z.B. 5EUR pro Person. Folglich würde das Zinssystem, in großem Maßstab gesehen, trotzdem zu einer Verarmung der Allgemeinheit führen. Damit sind wir Normalbürger gemeint, die die Verlierer des Zinssystems sind. Banken müssen nur einen bestimmten Prozentsatz des Geldes das verliehen wird wirklich besitzen. D.h. meine eingezahlten 100EUR können so beispielsweise 10 mal verliehen werden zu einem Satz von 10%, d.h. nach einem Jahr haben sie 100EUR drin. Womit sie zu 90% aus nichts Geld gemacht haben! Nach meinen Überlegungen könnte durch Inflation diese Ungleichheit und unrealistische Geldmenge wieder "ausgeglichen" werden. Schauen wir uns aber die Hauptaufgabe der EZB an sehen wir als Hauptziel die Preisstabilität des Euros. D.h. ein/(der?) möglicher Ausweg ist nicht mehr möglich. Laut Koran ist es verboten Zins zu erheben. So arbeiten sie meiner Ansicht nach mit einmaligem Zins (10EUR geliehn, 11EUR müssen zurückgezahlt werden aber ohne Anstieg dieser Summe: 11EUR bleiben 11EUR) Hat da jemand das Problem erkannt und es schriftlich festgehalten ("das Wort Gottes"), so das ca. 1,5 Milliarden Menschen (Anhänger des Islams) das auch so sehen müssten? Unsere Finanzkrisen Zinsverschuldet? (Wortspiel *g*) Natürlich spielen immer viele Faktoren eine Rolle aber ist unser Zinssystem nicht ein Hauptproblem, das die nächste Finanzkrise impliziert? Worin liegt der Zins begründet? Ich denke an das Risiko, dass die Banken eingehen wenn sie mir Geld leihen und ich es nicht zurückzahlen kann. Alles klar. Aber warum nicht ein einmaliger Zins ohne Zinseszins? Ist der einzige Grund, dass die Banken so mehr Geld fressen können? Ist der Gedankengang verständlich? Hier noch 2 Videos die es nochmal anschaulich machen und meine These untermauern. Vergesst Anfang und Ende des Videos, in diesem Thread geht es NICHT um pro/contra Islam. Jeden Beitrag in diese Richtung werde ich melden. YouTube-Video Ausschnitt aus dem ZDF YouTube-Video Mir geht es darum das System mit wenig bis mittelmäßigen Wirtschaftskenntnissen zu verstehen und auf vergessene Gesichtspunkte des ganzen Themas aufmerksam gemacht zu werden. Wenn es diese nicht gibt, dann läuft irgendetwas falsch in der Wirtschaft ;-) Herzliche Grüße + Multi-Zitat Zitieren
#2 29. Januar 2011 AW: Zinssystem zum Scheitern verurteilt? Was meinst du damit? Die Bank sollte keinen Verlust (sogar Gewinne) machen weil die Zinsen den Total oder Teilausfall von bestimmten Kunden decken. Die Normalbuerger sind auch keine Verlierer des Systems, zum einen koennen sie so Investitionen taetigen (und damit u.U. mehr Geld verdienen) zum anderen koennen sie ihr Geld mehr oder weniger indirekt bzw. direkt verleihen und erhalten somit selber zinsen. Giralgeldschöpfung , recht interessante sache, Sozialkunde LK Klasse 11. Was meinst du damit? Den Leitzins ? Gibt es nun einen Zins oder nicht? Das kommt auf die Finanzkriese an, bei der letzten US Krise ja, zum grossteil. Zuviele Ausfaelle (Keditnehmer pleite) => Bank macht Verlust => Zinsen explodieren / Bank geht wohlmoeglich pleite. Wie meinst du das mit einmaligem Zins? Meinst du die Zinshoehe? Die wird nach deinem Ausfallrisiko festgelegt. Ohne Zinsen keine Kredite, ohne Kredite kein vernuenftiges, Kapitalistisches System. Haettest echt mal Sozialkunde LK waehlen sollen, da kahm das alles (imho) in Jahrgang 11/1 dran. btw. ich find das aktuelle (kapitalistische) system gut. gn8 + Multi-Zitat Zitieren
#3 29. Januar 2011 AW: Zinssystem zum Scheitern verurteilt? Danke für deinen Beitrag dreamax auch wenn er mir inhaltlich nicht viel hergibt. Außerdem hättest du dir die LK Anspielungen sparen können, da ich sicher bin, dass auch du nicht in jedem Themengebiet bestens informiert bist. Das der erhöhte Rückzahlungsbetrag auch zur Deckung von Ausfällen anderer Kunden erhoben und genutzt wird ist klar. Ist eine eigene Wohnung eine Investition? Wohl kaum eine die einem selbst Profit erzeugt. Erfolgreiche Unternehmer sind Gewinner des Zinssystems (d.h. Leute mit hohen Ersparnissen). Diese sind jedoch in der Unterzahl zu denen die sich am Zinssystem dumm und dämlich zahlen. Eine Welt in der wir alle Unternehmer und Gewinner des Systems sind ist eher utopisch. Danke für den Fachausdruck. Wiki schreibt auch Das Problem ist schön beschrieben aber weder wird die Problematik wirklich thematisiert noch wird sie widerlegt. Da stecken zwei Punkte drin. 1. Inflation, egal wie sie startet könnte für ein Gleichgewicht sorgen. 2. Die EZB sorgt für Preisstabilität des Euros. Dabei ist der Leitzins durchaus Werkzeug. Vielleicht ist das meinerseits etwas unglücklich formuliert und wir sollten hier vom Zinseszins reden. Was sagst du zu Dirk Müller, der phrophezeit, dass es immer und immer wieder diese Krisen geben wird? Lass uns von nun an in Zins und Zineszins unterteilen. Meiner Ansicht nach ist ein einmaliger Zins (ohne Zinseszins, Zins in Form eines Festpreises) in Ordnung. Hängt der Zins(eszins) wirklich so stark an der uns so vertrauten kapitalistischen Marktwirtschaft? Investitionen kann es auch mit "einmaligem Zins" oder zinslos, mit Gewinnbeteiligung geben. Am weiteren kapitalistischen Wesen wäre doch nicht viel verändert. Ich finde die Grundzüge auch in Ordnung doch frage ich mich wie das System langfristig aufgehen kann und ist die Frage für mich noch nicht beantwortet. + Multi-Zitat Zitieren
#4 29. Januar 2011 Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 15. April 2017 aW: Zinssystem zum Scheitern verurteilt? Winans hat letztes auch sowas behauptet. Meine Widerlegung findet sich hier. Der Zins ist nur ne ableitung vom Unternehmensgewinn. "Unter kapitalistischen Verhältnissen, d.h. wenn auch die Produktion kapitalistisch organisiert ist, hat Geld die Fähigkeit, in einem bestimmten Zeitraum einen Profit zu erzielen. Wird Geld verliehen, so wird diese Fähigkeit "verkauft". Der "Preis", der für diese besondere Ware zu zahlen ist, ist der Zins. Gezahlt wird der Zins aus dem Profit, der mit Hilfe des Geldes erzielt wurde. Ein großer Teil der Kredite dient also zur Bereicherung der Schuldner: Sie leihen sich Geld, um es als Kapital zu verwenden. Diese Form des Kredits, die in vorbürgerlichen Gesellschaften nur ausnahmsweise vorkam, ist die für kapitalistische Unternehmen typische Kreditform, die alle anderen Formen(bspw. Konsumentenkredit) dominiert." Quelle: Michael Heinrich "Kritik der politischen Ökonomie. Eine Einführung" Kapitel 8: Zins, Kredit und "fiktives Kapital" Online: all4all.org | Kritik der politischen Früher verschuldeten sich vor allem in Not geratene Bauern und Handwerker. aufgrund der schwierigen Bedingungen und dem Fakt, dass sie die Schulden per eigener arbeitsleistung zurückzahlen mussten, schafften das nur wenige, was zu Zisnsätzen von 20-30% führte. aus dieser zeit stammt also auch das Zinsverbot in den Religionen. Das ist im Kapitalismus, wie im Zitat erklärt, völlig anders. Fazit: Problem ist und bleibt der Kapitalismus (vulgo: Marktwirtschaft) basierend auf dem Privateigentum an Produktionsmitteln. + Multi-Zitat Zitieren
#5 29. Januar 2011 AW: Zinssystem zum Scheitern verurteilt? Die Austrians sehen im Zins den Ausruck der Zeitpräferenz; sie gehen von dem Axiom aus, dass Menschen Konsum in der Gegenwart Konsum in der Zukunft vorziehen. Zinsgebühren dienen für den Verleiher als Entschädigung für gegenwärtigen Konsumverzicht. Die ökonomische Produktion orientiert sich am Zins, indem die Produktionsstruktur entweder auf gegenwärtigen oder auf zukünftigen Konsum angepasst wird. Die gegenwärtige Zinskritik geht vom heutigen, ungedeckten Papiergeldsystem aus - da liegt meiner Ansicht nach der Denkfehler bei den meisten Zinskritikern... denn so ein Zinssystem ist von Anfang an zum Scheitern verurteilt. - @n0b0dy: Habe Heinrichs Buch noch vor Weihnachten zu Ende gelesen und finde den Begriff der abstrakten Arbeit und die damit zusammenhängenden unbewussten Redutkionen während des Tauschprozesses mehr als problematisch und bin nicht in der Lage, die marx'sche Arbeitswertlehre nachzuvollziehen, die ja Grundlage für seine Theorie der Ausbeutung und für alles weitere ist, das daraus folgt. Zum Vergleich: Böhm-Bawerks "Zum Abschluss der Marxschen Systems"; die dargelegte Kritik im Unterabschnitt "Der Irrtum im Marxschen System; sein Ursprung und seine Verzweigungen" fasst u.a. zusammen, was mir während der Lektüre aufgestoßen ist und bei mir zu Verwirrung führte. (Also nicht verwundern, dass ich hier wieder bzw. immer noch mit den Austrians ankomme.) + Multi-Zitat Zitieren
#6 29. Januar 2011 AW: Zinssystem zum Scheitern verurteilt? Wieso sollte es einen so großen Unterschied machen, ob Geld mit Gold oder wertbeständigem Eigentum gedeckt ist? Eine, soweit ich das beurteilen kann, sehr gute Zusammenfassung der Geldschöpfung aus keynesianischer/marxistischer Sicht findet sich hier: Teil1, Teil2. Ergänzung zum Wachstumszwang: Teil1 Leuchten dir konkrete Argumente nicht ein oder ist es dir generell noch zu unklar? Mir persönlich hat dieses Beispiel noch deutlich geholfen, das Ding mit der gesellschaftlich notwendigen Arbeit zu verstehen. Einfach isses wirklich nicht. Hab ich im marx vs. vwl. thread schon mal gepostet gehabt: Spoiler (E.K. Hunt/Howard J. Sherman (1990): Volkswirtschaftslehre. Einführung aus traditioneller und kritischer Sicht, Campus-Verlag. Band 1: Mikroökonomie, S. 190-193.) Hunt/Sherman setzen der Einfachheit halber voraus: Mobile Produktionsfaktoren(Kapital wird dort investiert wo die Profitrate am besten ist), profitorientierte Unternehmen, vollkommene Konkurrenz, stabilen Geldwert, einheitliche Produktionstechniken /edit: Ah die Böhm-Bawerk Kritik. Damit hatte ich mich schon mal auseinandergesetzt, ist aber länger her. Mal sehen ob ich die Notizen noch finde. Das war soweit ich mich erinner ein ziemlicher Mix aus Missverständnissen und Ungenauigkeiten bei Marx selbst. Kann aber etwas dauern bis ich zu ner ausführlichen Antwort komme, da ich gerade im Prüfungsstress bin. Ich denke mal die Probleme beginnen mit dem Argumentationsschritt, dass das Gemeinsame die Arbeit sein soll und nicht der Nutzen, richtig? Oder hast du dich auch schon mit dem Transformationsproblem beschäftigt? + Multi-Zitat Zitieren
#7 30. Januar 2011 AW: Zinssystem zum Scheitern verurteilt? eine eigene wohnung ist sehr wohl eine gewinnbringende investition, da du sonst dauerhaft miete zahlen müsstest (-->opportunitätskosten) an für sich ists ja so, dass man nur einen kredit aufnimmt wenn man sich irgendeinen vorteil dadurch erhofft. das kann wie beim wohnungsbeispiel sein um schneller keine miete zahlen zu müssen oder im fall eines unternehmens welches ein neues werk baut um in zukunft mehr zu produzieren. aus welchem grund nehmen leute dann einen kredit auf wenn es für sie von nachteil wäre. und ohne zins bestünde ja auch kein grund sein geld jemand zu leihen. also ist der zins eher ein mittel um das verleihen von geld zu ermöglichen. zum thema inflation als ausgleich: da die menschheit dauerhaft einen mehrwert generiert geht das prinzip mehr oder weniger auf. als beispiel: es werden bodenschätze gefördert, die zu anfang des geldsystems noch nicht verfügbar waren, also sind auf einmal mehr "waren" verfügbar. das kann einerseits zu einer inflation führen oder aber dazu, dass der (durchschnittliche) mensch mehr konsumiert als früher. dadurch wäre das system soweit stabil. du kannst den zinseszins auch als motivation sehen schulden zeitnah zurückzuzahlen. die zinsgeber wollen irgendetwas dafür, dass sie dir ihr geld geben. ob das jetzt ein zins ist, eine mögliche gewinnbeteiligung oder sonst ein verdienst ist ja erst mal egal. und die höhe dieses gewinns für die kreditgeber wäre ja genau gleich, egal in welcher form diese ihn bekommen. bei einer gewinnbeteiligung dann zusätzlich eines aufschlages für evtl risiken, etc. wie oben gesagt, dem großen topf "wert" in unserer wirtschaft werden dauerhaft kleine bröckchen hinzugefügt. zum beispiel gehen die meisten menschen 5 tage die woche arbeiten. das machen sie nur weil sie dadurch einen wert erschaffen und dafür von ihrem arbeitgeber entlohnt werden. (stahl+reifen+...+arbeitskraft wird zu einem auto dass mehr wert ist als die sachen, die man vorher reingesteckt hat). und wenn ich mich recht erinnere ist das ziel der ezb nicht keine inflation zu haben sondern für eine geringe inflation zu sorgen. zum beispiel haben die japaner rießen probleme weil sie seit jahren eine deflation haben(ich schweife ab ). schönen sonntag + Multi-Zitat Zitieren
#8 30. Januar 2011 AW: Zinssystem zum Scheitern verurteilt? also, eine volkswirtschaft ist grundsätzlich als funktion von zwei faktoren zu sehen, arbeit und kapital. die kosten der faktoren, die sogenannten faktorpreise sind dabei der Lohn (in der Fachliteratur oft w = wage) der Arbeit und die Kosten des Kapitals (r für revenue). Denn niemand wird umsonst arbeiten oder jemandem gratis Geld leihen (die aktuelle Leitzinspolitik der Federal Reserve sei mal ausgeklammert). Grundsätzlich lassen sich über Funktionen dieser Faktoren und deren Preise alle volkswirtschaftlichen Prozesse abbilden. Es gibt verschiedene Modelle, die ergründen sollen, warum Menschen und Volkswirtschaften so handeln, wie sie es tun. Genannt seien hier mal Ricardo und Krugman wenn jemand was googlen will. Die Frage ist keineswegs beantwortet und schon gar nicht eindeutig. Daher kann natürlich auch im Sinne des Threaderstellers kritisch hinterfragt werden, warum Zinsen und vor allem Zinseszinsen anfallen. Gleich mit einer religiösen Begründung bzw. einer historischen Schlussfolgerung anzufangen halte ich allerdings für unangebracht. Zinsen und Zinseszinsen begründen sich wie der Vorposter schon richtig sagte auf dem Prinzip der Opportunitätskosten. Zusätzlich muss berücksichtigt werden, dass eine Kreditgewährung gleichzeitig auch eine Liquiditätsminderung des Assets für den Gläubiger mit sich bringt. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass hohe Liquidität Geld kostet. Umgekehrt muss also gelten, dass eine gesteigerte Illiquidität dieses Kapitals ein höheren Return einbringt. Es verhält sich mit den Zinsen ähnlich wie mit gezahltem Lohn. Es ist auch so, dass sich an eine Partei einer Volkswirtschaft gezahlter Lohn - sagen wir Lohn, der für Arbeit vom Staat an ein privates Unternehmen gezahlt wird- wieder von dieser Partei gewinnbringend in mehr Arbeit verwandelt wird, in dem zB. mehr Leute angestellt werden oder mehr Lohn an die Arbeitnehmer des Unternehmens gezahlt wird. Im Prinzip verhält sich das Kapital hier genauso: Durch die Revenues aus Kapitalanlage -also klassischen Investitionen- werden neue Investitionen generiert. Insgesamt fördert dieser Kreislauf das Wachstum aller Volkswirtschaften, wir lassen Handels- und Zollphänomene mal aussen vor. Das System als Kreislauf reguliert sich früher oder später selbst. Das ist auch momentan wieder evident. Es wird immer Blasen geben, die platzen. Aber durch einen weltweiten Kapitalmarkt werden Unregelmässigkeiten des Marktes immer selbst reguliert, soweit die klassische Theorie. Ich stimme dem - zumindest beschränkt - zu. Also, was ist schlecht an Zinsen und wo genau seht ihr die langfristigen Probleme? + Multi-Zitat Zitieren
#9 31. Januar 2011 Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 15. April 2017 aW: Zinssystem zum Scheitern verurteilt? Zinsen sind ja nur abgeleitet vom Unternehmensgewinn, wie oben erklärt. Das Problem, dass aus der Möglichkeit für sich arbeiten zu lassen (Zins+Gewinn) entsteht ist folgendes. Da reguliert sich offensichtlich auch nicht selbst: Spoiler Ein interessanter Indikator für den ausmaß der Umverteilung durch den Neoliberalismus und die verheerenden ökonomischen auswirkungen ist die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes. "In der Volkswirtschaftslehre ist die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes die Häufigkeit, mit der die vorhandene Geldmenge innerhalb eines Jahres durchschnittlich umgesetzt wird." (wiki) Kaufkraft- und damit konjunkturrelevant ist allein die Umlaufgeschwindigkeit der Geldmenge M1 (V1), welche aber in Relation zur Sparquote zu setzen ist. In den USa gab es eine steigende V1 mit entsprechendem Wirtschaftsboom [1], da die Sparquote von ~10% der 70ern bis zur heutigen Krise auf etwa ~0 (!) gesunken ist [2] d.h. es gab eine massive Verschuldung. Das ist aber ein Extrembeispiel, da in Deutschland die allgemeine Sparquote von ~14% in den 70er Jahren auf ~12% selbst im Krisenjahr 2009 nur leicht gesunken ist. [3] Dennoch fiel V1 von 6,5 im Jahr 1970 auf 2,0 im Jahr 2009 d.h. auf 30% des ursprünglichen Wertes. ausführliche Berechnung: [4] (Diagramm 2). Das ist nur zu erklären, wenn man einbezieht, dass die Sparquote je nach Einkommen grundverschieden ausfällt [5]. Durch die Konzentration von Einkommen und Vermögen bei den wenigen oberen Prozent und der gleichzeitigen relativen Verarmung bis Verschuldung der restlichen Bevölkerung [6] (rot=staatl. Transfer; grün=Löhne; (hell)blau=Kapitaleinkommen) bleibt die allgemeine Sparquote zwar relativ konstant, V1 sinkt aber, da oben die Sparquote viel höher ist. Ohne ein massives Geldmengenwachstum von 8-10% jährlich hätten wir ein enormes Deflationsproblem. auch in der Eurozone gibt es durchgehend eine fallende Tendenz der Umlaufgeschwindigkeit. [7] Die neoliberale Umverteilungspolitik kann also kurzfristig die Profitrate durch Lohndrückerei sanieren, aber auf Dauer wird das Problem nur verschärft, da niemand investieren wird, wo es aufgrund zunehmender armut nichts zu holen gibt. Radikale Umverteilung ist also nicht nur unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten aufgrund dem Kapitalismus immanenter positiver Rückkopplungseffekte bzgl. Vermögensanhäufung angesagt (=ausbeutung!), sondern auch aus wirtschaftspolitischer Hinsicht dringend notwendig. + Multi-Zitat Zitieren
#10 31. Januar 2011 AW: Zinssystem zum Scheitern verurteilt? naja die linkspopulistische idee einer wie auch immer gearteten, nach "gerechtigkeit" (philosophisch auch höchst fragwürdig - was ist schon gerecht?) geregelten umverteilung ist sehr kritisch zu hinterfragen. man könnte auch provozieren und fragen, wann ein umverteilungssystem anfängt sich selbst zu tragen durch schwindende motivation des einzelnen zur besserung seiner eigenen verhältnisse beizutragen. das führt aber in eine politische diskussion, die mit sicherheit irgendwo mit der zinsfrage verknüpft ist, hier aber eher eine rolle am rand spielt. zum stichwort neoliberal: unterscheide doch hier bitte mal den klassischen liberalismus vom neoliberalismus in einer begründung, warum zinsen ein problem sind. ich seh keinen sinn, ein doch sehr politisch geprägtes, und mit sicherheit häufig falsch verwendetes schlagwort zu nutzen. + Multi-Zitat Zitieren