Orcas vs. Yachten: Das Rätsel der zerstörerischen Begegnungen gelöst

Seit vier Jahren erleben Luxusyachten in europäischen Gewässern schicksalhafte Begegnungen mit Orcas. Diese intelligenten, sozialen Tiere haben begonnen, Boote zu rammen und zu versenken. Wissenschaftler standen zunächst vor einem Rätsel. Weder antikapitalistische Absichten noch territoriale Aggressionen stecken dahinter. Die Wahrheit ist viel simpler – es ist ein Kinderspiel.

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Orcas vs. Yachten: Das Rätsel der zerstörerischen Begegnungen gelöst

29. Mai 2024 von   Kategorie: Wissenschaft
Orca rammt ein Boot am Kiel.jpg


Warum Orcas Boote rammen: Erkenntnisse aus der Forschung


Nach Jahren der Forschung hat ein Team aus Biologen, Regierungsvertretern und Experten der Schifffahrtsindustrie Licht ins Dunkel dieser Verhaltensweise gebracht. Es stellte sich heraus, dass vor allem junge Orcas ihre natürliche Neugier und Verspieltheit ausleben wollen. Insbesondere junge Orcas und Teenager haben das "Trend"-Verhalten des Rammens von Booten übernommen. Diese Tendenz ist für eine Art, die von Zeit zu Zeit seltsame und isolierte Verhaltensweisen an den Tag legt, nicht überraschend.

Ein bedeutender Faktor ist der dramatische Anstieg der Blauflossenthunfischpopulation in der Region. Rund 40 vom Aussterben bedrohte Iberische Orcas, die sich ausschließlich von diesen Fischen ernähren, haben nun mehr Freizeit, da sie nicht mehr so viel Zeit mit der Jagd verbringen müssen. Durch den Einfluss des Klimawandels könnten diese Thunfische auch ganzjährig im Golf von Cádiz vorkommen, was den Orcas weitere Freizeitaktivitäten ermöglicht.

Die Jugend treibt's wild


Beim Analysieren der Daten stellten Wissenschaftler fest, dass die sogenannten "Angriffe" meist von ein bis zwei Tieren aus einer Kerntruppe von 15 Orcas verübt werden. Diese Orcas sind hauptsächlich männliche Jugendliche und Teenager, die "neugierigsten und erkundungslustigsten" der Population. Was als spielerisches Anstoßen der Ruder begann, hat sich deutlich intensiviert, da diese Orcas mittlerweile größer und kräftiger sind.

Tiere über 25 Jahren – das Alter, in dem männliche Orcas ausgewachsen sind – wurden in dieser Tätigkeit bisher nicht beobachtet. Es wird vermutet, dass jüngere Orcas das Verhalten älterer Geschwister nachahmen. Ein paar Weibchen wurden ebenfalls gesehen, wahrscheinlich jedoch nur als Aufpasserinnen für die jüngeren Tiere.

YouTube-Video
Dennoch ist die Spielzeit eines Orcas die beängstigende Begegnung eines anderen Menschen, wie dieses Video vom Ocean Race im Jahr 2023 zeigt (schneller Vorlauf auf etwa 20 Sekunden).

Spielt das Ruderspiel aus? Ein Vergleich mit anderen Orca-Populationen


Forschungen zeigen, dass Orcas in verschiedenen Regionen ihre kulturellen Traditionen haben, die sich von Generation zu Generation weitervermitteln. Einigen Populationen entwickeln sogar temporäre Verhaltensmoden, die keinen offensichtlichen adaptiven Zweck erfüllen. So wurde im Jahr 1987 beobachtet, wie eine weibliche Orca im Pazifik einen toten Lachs auf ihrem Kopf trug. Diese Modeerscheinung verbreitete sich schnell und verschwand ebenso schnell wieder.

Beziehungen zu anderen Verhaltensweisen: Von Ballspielen bis zu Todesritualen


Orcas sind bekannt dafür, Objekte und andere Tiere in ihrer Umgebung bis zur Zerstörung zu bespielen. In der südlichen Population von Resident-Orcas vor Washington, die sich von Lachs ernähren, werden Hafenschweinswale bis zum Tod „bespielt“. Ähnlich wie diese Verhaltensweisen scheinen auch die Boot-Interaktionen eher auf Spiel und soziale Interaktion als auf Aggression hinzudeuten.

Bootsbesitzer in Alarmbereitschaft: Wie lange hält der Trend?


Seit 2020 verzeichnet die Atlantic Orca Working Group (GTOA) 673 Interaktionen mit Wasserfahrzeugen, wobei mindestens vier Boote gesunken sind. Jüngst wurde die 15 Meter lange Yacht Alboran Cognac vor der Straße von Gibraltar mehrmals gerammt und sank schließlich. Das spanische Rettungswesen SASEMAR warnte Bootsfahrer davor, sich zu weit von der Küste zu entfernen und den Anker nicht in gefährdeten Gebieten zu setzen.

Die Experten sind sich einig: Diese Interaktionen sind keine aggressiven Angriffe, sondern vielmehr Ausdruck eines spielerischen Verhaltens. Der Begriff 'Angriff' sei irreführend und sollte nicht weiter verwendet werden. Nun hoffen Bootsbesitzer und Behörden, dass dieser "Trendsport" der Orcas bald aus der Mode kommt.

Quelle: https://iwc.int/resources/media-resources/news/from-indigenous-whaling-to-iberian-killer-whales
 

Kommentare

29. Mai 2024
Hoffentlich verletzen sich die Tiere dabei nicht... wäre schade. Einfach mal das Boot Zuhause lassen und besser mit dem Privatjet etwas übertanktes Kerosin bei der Landung ablassen.

Der Mensch (Homer Sapiens; auch Simpsons H. genannt) ist seinen eigenen Fähigkeiten, geistig nicht gewachsen - er hat es ja auch an die Spitze der Nahrung.. ähm; Narrenkette geschafft.
 
30. Mai 2024
Wale, zu denen ja auch Orcas gehören, sind hochintelligente Tiere. Die Sprache von Buckelwalen ist zum Beispiel um Welten komplexer, als man sich das noch vor einigen Jahren hätte vorstellen können: https://www.heise.de/news/Erste-Erkenntnisse-Was-KI-ueber-die-Sprache-der-Wale-verraet-9578936.html

Irgendwas werden sich die Orcas wahrscheinlich schon denken, wenn sie die Boote rammen. Spiel würde bedeuten, dass sie es zum Spaß und ohne ein bestimmtes Ziel stattfindet. Da wäre ich mir nicht so sicher, dass das in den Fällen mit den Booten der Fall ist. Ich könnte mir schon vorstellen, dass die Boote als störend empfunden werden und deshalb gezielt versucht wird diese zu versenken.
 
raid-rush gefällt das.
30. Mai 2024
Zuletzt bearbeitet: 30. Mai 2024
Ich glaube auch nicht an die Theorie der einfachen Spielerei. Weil vorher gab es solche Wal-Aktivitäten in diesem Umfang auch nicht, das war eher selten.

Vermutlich hat der Schiffsverkehr durch die unzähligen Privatboot so stark zugenommen das sich die Wale gestört fühlen und dann die vor allem "rebellischen Jugendlichen" daran machen diesen "Dingern" eines auszuwischen. Die älteren Orcas sind vermutlich vorsichtiger und ängstlicher (wie eben bei Menschen und anderen Tieren auch), sie nehmen es eher hin.

Der Lärm im Wasser hat die letzten Jahrzehnte sicherlich gewaltig zugenommen, da auch die Schifffahrt ein enormes Wachstum hingelegt hat und die ist noch schädlicher als der Flugverkehr.

Ich bin für eine Seefahrtsteuer - International - das Geld soll dann dem Meeresschutz zugute kommen. Auch Kunststoffe müssten Besteuert werden, die Einnahmen gehen dann an Reinigung und Recycling sowie Forschung. Ja gibt vieles was Sinnvoll wäre und nötig. Aber wer denkt schon weiter als 5 Meter Feldweg... die tiefen Sitzmulden der grauen Politik traut sich nicht - man muss ja eher noch befürchten das die Mulde rechts rückt und Braun wird, da geht was in die Hose.