Die Lebensweise der Wandersalamander
Beheimatet im pazifischen Nordwesten von Nordamerika, findet man den Wandersalamander (Aneides vagrans) vor allem in den Baumkronen majestätischer Küstenmammutbäume. Wie eine fliegende Maus bewegt er sich geschickt zwischen den Ästen. Sicheres Landen ist überlebenswichtig. Ein Sturz würde für diesen schillernden Amfibien eine beschwerliche Rückkehr zur gewohnten Höhe nach sich ziehen.
Blutfüllige Sinus: Funktion und Erkenntnisse
Wissenschaftler hatten bereits zuvor bemerkt, dass sich blutgefüllte Hohlräume – die sogenannten Sinus – in den quadratischen, durchsichtigen Zehenspitzen der Salamander befinden. Diese wurden meist im Zusammenhang mit der Sauerstoffversorgung des Blutes über die durchlässige Haut des Tieres interpretiert. Neueste Erkenntnisse deuten jedoch darauf hin, dass diese Blutreservoirs primär zur Anpassung des Drucks und der Kontaktfläche beim Klettern genutzt werden könnten.
Ein unerwarteter Forscher: Christian Brown
Die Inspiration für die Studie kam von Christian Brown, einem Postdoktoranden an der Washington State University. Während seiner Arbeit an einem Naturdokumentarfilm fiel ihm und seinem Kamerakollegen, William Goldenberg, auf, dass die Salamander vor jedem Schritt ein Blutgeflüsse in ihren Zehenspitzen zeigten. Dies führte zu einer eingehenden Untersuchung – durchgeführt mit lebenden Exemplaren aus Nordkalifornien, die über transparente Acrylflächen kletterten.
Die Symmetrie der Blutverteilung
Die Untersuchung ergab, dass der Blut-Sinus in jeder Zehenspitze durch ein Trennmembran in zwei parallele Kammern unterteilt ist. Der Blutfluss bleibt jedoch zwischen den Kammern möglich. Interessanterweise zeigt die Blutverteilung in den Sinus asymmetrische Muster. Diese veränderten sich in Abhängigkeit von der Körperhaltung der Salamander – ob sie standen, gingen oder hingen.
Mechanismen, die den Halt verbessern
Wie hilft diese Mechanik den Salamandern beim Klettern? Die Forscher vermuten, dass durch das gezielte Anschwellen eines Sinus die Zehenspitze in die Rinde gedrückt werden kann. Umgekehrt verleiht ein entleerter Sinus der Zehenspitze eine weichere Konsistenz. Dies führt zu einer besseren Anpassung an die Baumrinde und vergrößert die Kontaktfläche für eine stabile Haltung.
Besonders spannend – beim Anheben des Fußes zum Weitergehen könnte ein Blutpumpen den Kontakt verringern. Der Zeh könnte härter und runder werden, was in diesem Moment den Halt löst.
Zukunftsausblick: Anwendungen in der Technologie
Die Wissenschaftler planen, weitere Forschungen durchzuführen. Ziel ist es, den zugrunde liegenden Mechanismus besser zu verstehen. Ideen für technische Anwendungen wie einen neuartigen Klebstoff, inspiriert durch den Halt von Gecko-Füßen, sind bereits in der Entwicklung.
„Diese Pilotstudie hat weder die Fußauftritte erfasst noch die Blutaktivität während der Anpassung des Griffs untersucht“, merkt Brown an. Eine Publikation über die Studie, die auch Wissenschaftler der Gonzaga University involvierte, erschien vor Kurzem im Journal of Morphology.
Fazit
In Anbetracht der biologischen Wunder der Natur könnte die adaptive Methode des Wandersalamanders eine neuartige Technologielösung herbeiführen, die sowohl im medizinischen als auch im handwerklichen Bereich von Bedeutung ist. Mit jeder Entdeckung wird deutlich – die Natur kann als prägnante Lehrmeisterin für innovative Problemlösungsansätze dienen.
Quelle:
Brown, C.E., Goldenberg, W.P., Hinds, O.M., O'Donnell, M.K. and Staub, N.L. (2025), Vascular and Osteological Morphology of Expanded Digit Tips Suggests Specialization in the Wandering Salamander (Aneides vagrans). Journal of Morphology, 286: e70026. https://doi.org/10.1002/jmor.70026