Gibt es Schadenersatz wenn Börsen-Apps zeitweise nicht erreichbar sind?

Die Aufregung an den Aktienmärkten ist gegenwärtig unverkennbar. Panik greift um sich – insbesondere durch die aggressive Zollpolitik von Donald Trump. Die Börsenkurse leiden massiv und seit Tagen unter Druck. Manche Anleger haben das Gefühl, ihre Aktien am liebsten sofort verkaufen zu müssen. Besonders frustrierend wird es – bei dieser Marktsituation – wenn die Verkaufs-Order nicht abgeschickt werden kann – weil die Plattform einfach nicht funktioniert.

Schlagworte:

Gibt es Schadenersatz wenn Börsen-Apps zeitweise nicht erreichbar sind?

8. April 2025 von   Kategorie: IT & Sicherheit
BörsenApps streiken.jpeg

Fallen die Depots auf null Euro?


Hunderte Nutzer erlebten kürzlich ein enttäuschendes Morgen. Beim Handelsstart konnten viele nicht auf ihre Trading-Apps zugreifen oder diese waren extrem langsam. "Trade Republic" hatte temporär erhebliche Probleme. Ähnliche Schwierigkeiten tauchten bei "Scalable" und der "Comdirect" auf. Einige Depots zeigten plötzlich einen falschen Wert an, was bei den betroffenen Anlegern für Verwirrung und Besorgnis sorgte. Hinzu kam, dass einige Nutzer nur einen Teil ihres Aktiendepots in der App einsehen konnten.

Die Rückkehr zur Normalität und die Frage nach dem Schaden


Inzwischen berichten die Plattformen von einer Wiederherstellung ihrer Dienste. Doch was ist mit dem potenziellen Schaden, den die Nutzer erlitten haben könnten? Nach deutschen Gesetzen ist es prinzipiell möglich, Schadenersatzansprüche zu erheben. Viele Online-Broker werben mit blitzschnellen Aufträgen. Wenn ein Anleger seinen Auftrag jedoch nicht abschicken kann, während die Kurse sinken, ist das Verständnis für Frustration nachvollziehbar. Die Frage bleibt: Erhält der Anleger wirklich eine Entschädigung?

Die Sicht der App-Betreiber: "Handel war jederzeit möglich"


Auf eine Anfrage von BR24 bekräftigen Scalable und Trade Republic, dass sie umgehend reagierten. In ihren Kommunikationen schreiben sie nahezu identisch, dass enorme Marktschwankungen zu Ladeverzögerungen führten. Der Handel sei zu jeder Zeit möglich gewesen – so ihr Standpunkt. Sollten Nutzer eine andere Erfahrung gemacht haben, müssten sie diese Fehlermeldungen durch Screenshots nachweisen. Zurückbeweisen können ist also entscheidend.

Nachweis des Schadens: Eine Herausforderung


Eine große Hürde stellt der Nachweis des tatsächlichen Schadens dar. Anleger müssen genau angeben können, wie viel Geld sie verloren haben. Das heißt – zu welchem genauen Zeitpunkt die Verkaufs-Order platziert worden wäre. Ein weiterer Aspekt ist die Tatsache, dass ein Schaden nur entsteht, wenn tatsächlich zu einem niedrigeren Preis verkauft wurde. Ein sogenannter „unrealisierter Schaden“ zählt in der rechtlichen Betrachtung nicht. Wer also die Aktien weiterhin hält, könnte theoretisch wieder Gewinne erzielen, sollte der Markt sich erholen.

Druck durch die Bafin: Was ist zu tun?


Experte Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg wohnt der Thematik bei. Nach dem Wertpapierhandelsgesetz muss das jeweilige Institut sicherstellen, dass der Handel in Regelbetrieb reibungslos funktioniert. Bei unvorhersehbaren Ereignissen erweist es sich jedoch als schwierig – der Anbieter ist in der Beweispflicht. Von Unvorhersehbarkeit der Marktsituation kann man streiten, besonders in Zeiten von politischen Entscheidungen, wie den Zollmaßnahmen in Washington und Peking. Tatsächlich beklagen sich zahlreiche Kunden seit Jahren, wenn ihre Online-Depots in hektischen Phasen nicht arbeiten.

Handlungsoptionen für betroffene Kunden


Nauhauser empfiehlt: Kunden sollen sich an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) wenden. Eine Vielzahl von Beschwerdebriefen kann dazu führen, dass die Behörde tätig wird. Ein Blick auf die Problematik könnte dazu beitragen, dass die Verhandlungsposition der betroffenen Anleger insgesamt verbessert wird.

Erfolgsaussichten und rechtliche Schritte


Die Verbraucherschützer betonen, dass ein höfliches Schreiben an die Bank in puncto Schadenersatz wahrscheinlich eher wenig Erfolg verspricht. Empfehlenswerter ist, Beweise vorzulegen, um zu verdeutlichen, dass die App nicht funktionierte und Geld verloren ging. Ein Anwalt könnte hier den Druck erhöhen. Nauhauser erklärt, dass Banken in der Regel Gerichtsprozesse mit Kunden vermeiden wollen. Zu groß der Imageverlust. In vielen Fällen kann ein Schreiben eines Anwalts die Chancen verbessern, dass ein Vergleich erzielt wird und so ein Teil der Verluste zurückgeholt werden kann.

Durch solch eine Vorgehensweise könnten betroffene Anleger möglicherweise ihr Geld zurückgewinnen.

Bild: picture alliance / Bernd Feil