Gestationsdiabetes: Eine unterschätzte Gefahr für neurodivergente Entwicklungen

Gestationsdiabetes steht im Fokus einer bahnbrechenden Studie, die an der jährlichen Konferenz der Europäischen Gesellschaft für Diabetesforschung (EASD) in Wien präsentiert wurde. Diese neue Analyse, die Daten von über neun Millionen Schwangerschaften weltweit zusammenführt, entdeckt alarmierende Zusammenhänge zwischen gestationsdiabetes und neurodivergenten Störungen.

Gestationsdiabetes: Eine unterschätzte Gefahr für neurodivergente Entwicklungen

25. September 2025 von   Kategorie: Wissenschaft
Gestational diabetes tied to huge rises in ADHD and autism.jpg

Erschreckende Zahlen und Assoziationen


Laut der Untersuchung besteht ein um 36% höheres Risiko für die Entwicklung von Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) sowie ein um 56% erhöhtes Risiko für autistische Störungen (ASD). Die Forscher von Monash University und der National University of Singapore (NUS) haben insgesamt 48 Beobachtungsstudien ausgewertet. Diese Umfänge und damit verbundenen Risikofaktoren stellen eine bedeutende Entdeckung dar.

Mütterliche kognitive Beeinträchtigungen


Die Analyse hat auch bedeutende kognitive Beeinträchtigungen bei den betroffenen Müttern aufgezeigt. Frauen, die an gestationsdiabetes litten, erzielten durchschnittlich 2,5 Punkte weniger auf der Montreal Cognitive Assessment (MoCA). Diese Testreihe ist ein weit verbreitetes Werkzeug zum Messen der kognitiven Leistungsfähigkeit. Den Kindern, die von solchen Müttern geboren wurden, erging es noch schlechter. Sie wiesen fast vier Punkte geringere Ergebnisse bei IQ-Tests auf. Insbesondere fiel auch ihr Ergebnis bei den sogenannten "verbalen kristallisierten Intelligenztests" um drei Punkte – diese sind entscheidend für das Verständnis von Sprache und Kommunikation.

Folgen für die neurodevelopmentale Gesundheit von Kindern


Die Studie zeigt weiter, dass Kinder aus Schwangerschaften mit gestationsdiabetes ein 45% höheres Risiko für Entwicklungsverzögerungen aufweisen. Ein signifikanter Anstieg der Diagnoseraten von ADHS und Autismusspektrumstörungen wird dokumentiert. Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, das Bewusstsein für die Zusammenhänge zu erhöhen und geeignete präventive Maßnahmen zu ergreifen.

Hintergrund und Ursachen von Gestationsdiabetes


Gestationsdiabetes entsteht durch hormonelle Veränderungen, die die Insulinproduktion und -verwertung beeinflussen. Bei unzureichender Insulinproduktion sammelt sich Zucker im Blut und bedeutet eine ernsthafte Gefahr für Mutter und Kind. Statistiken zeigen, dass etwa 14% aller Schwangerschaften von diesem Zustand betroffen sind. Die gesundheitlichen Risiken sind vielfältig – von Bluthochdruck bis hin zu Frühgeburten.

Globale Trends in der Häufigkeit von Gestationsdiabetes


Ein besorgniserregender Anstieg der Häufigkeit ist in den letzten Jahren dokumentiert worden. Der CDC-Bericht von 2023 zeigt, dass in den USA zwischen 2016 und 2021 ein dramatischer Anstieg zu verzeichnen war. Fettleibigkeit und das zunehmende Alter der werdenden Mütter gelten als Hauptursachen. Auch Australien zeigt ähnliche Entwicklungen, wo in der Periode 2020-2021 fast jede fünfte Schwangere betroffen war. Diese Trends werfen Fragen nach zukünftigen gesundheitlichen Auswirkungen auf.

Kognitive Folgen und dringender Forschungsbedarf


Die Studie hat zwar eine starke Assoziation zwischen gestationsdiabetes und neurodevelopmentalen Störungen hergestellt, jedoch bleibt unklar, ob eine kausale Beziehung besteht. Veränderungen in wichtigen Hirnstrukturen wurden nicht festgestellt. Langzeitstudien sind wesentlich, um zu klären, ob die festgestellten kognitiven Unterschiede bis ins Erwachsenenalter bestehen bleiben.

Strategien zur Reduzierung des Risikos


Obgleich Gestationsdiabetes nicht vollständig vermeidbar ist, können gesunde Ernährung und regelmäßige körperliche Betätigung während der Schwangerschaft das Risiko vermindern. Die Aufklärung von Ärztinnen und Ärzten sowie Patientinnen über die Überwachung und Verwaltung des Blutzuckerspiegels sollte ebenfalls Priorität haben.

Fazit: Die neue Forschung wirft dringende Fragen und zeigt die Notwendigkeit für eine intensivere Betrachtung von Risikofaktoren auf. Dr. Ling-Jun Li und das Forschungsteam betonen die Bedeutung, die neurotoxischen Effekte von Gestationsdiabetes auf das sich entwickelnde Gehirn ernst zu nehmen. Ihre Forschungsergebnisse liefern wertvolle Anhaltspunkte für zukünftige öffentliche Gesundheitsstrategien.

Quelle: Monash University via Scimex