Störung der inneren Sprache erklärt, warum Menschen mit Schizophrenie Stimmen hören

Schizophrenie ist eine komplexe psychische Erkrankung. Menschen, die davon betroffen sind, erleben oft akustische Halluzinationen. Diese Halluzinationen, auch als Stimmen bekannt, erscheinen real. Wissenschaftler diskutieren seit Jahrzehnten eine Theorie. Die Stimmen könnten eine verzerrte innere Sprache sein. Eine neue Studie bietet nun Beweise, die diese Theorie unterstützen.

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Störung der inneren Sprache erklärt, warum Menschen mit Schizophrenie Stimmen hören

von   Kategorie: Wissenschaft
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Die Theorie des fehlerhaften Selbstmonitorings


Eine zentrale Hypothese besagt, dass das Gehirn innere Sprache falsch interpretiert. Ein Mechanismus namens „corollary discharge“ könnte hierbei eine wichtige Rolle spielen. Dieses System teilt uns mit: „Ich habe diesen Ton verursacht.“ Wenn es versagt, interpretiert das Gehirn die innere Sprache als äußere Stimmen.

Forschung durch UNSW Sydney und CUHK


Ein Team der University of New South Wales und der Chinesischen Universität Hongkong hat diese Theorie untersucht. Die Forscher verwenden EEG-Aufzeichnungen, um zu beobachten, wie das Hirn reagiert. Thomas Whitford, Professor an der UNSW, erklärt die Herausforderung. „Innere Sprache ist privat – wie misst man sie?“

Das Experiment: Eine Untersuchung des Gehirnverhaltens


142 Teilnehmer wurden für die Studie rekrutiert. Davon waren 55 Patienten mit Schizophrenie, 44 ohne akustische Halluzinationen und 43 gesunde Kontrollen. Eine bewegte Linie auf einem Bildschirm forderte die Teilnehmer auf, lautlos einen Laut zu „sagen“, während sie gleichzeitig den entsprechenden Klang über Kopfhörer hörten. Damit untersuchten die Forscher drei Bedingungen.

  • Übereinstimmung: Innere und äußere Silben sind gleich.
  • Missmatch: Innere und äußere Silben sind unterschiedlich.
  • Passiv: Nur Zuhören, keine innere Sprache.

Der Fokus lag auf einem speziellen Gehirnwellenmuster, der N1-Komponente – einem Indikator, wie der auditorische Cortex auf Geräusche reagiert. Eine erwartete Reaktion bei gesunden Probanden ist eine Reduzierung des N1-Scores bei Übereinstimmung.

Die Ergebnisse: Ein Rückblick auf Hirnaktivität


Gesunde Teilnehmer zeigten das erwartete Suppressionsmuster. Ihre Hirne reagierten schwächer auf innere Sprache. Schizophrenie-Patienten mit Stimmen hingegen zeigten eine Verstärkung dieser Hirnreaktion. Der N1-Wert war höher. Hierbei kann das Gehirn nicht erkennen, dass der Klang selbstgeneriert ist. Verwirrung zwischen inneren Gedanken und äußeren Stimmen entsteht.

Die Teilnehmer ohne akustische Halluzinationen zeigten auch kein normales Suppressionsmuster. Stattdessen fanden sich reduzierte Reaktionen in der Missmatch-Bedingung. Dies könnte auf eine teilweise Beeinträchtigung hinweisen.

Zusammenfassung der Forschungsergebnisse


Zusammengefasst zeigen gesunde Gehirne eine Dämpfung bei selbstgenerierter Sprache. Bei Schizophrenie-Patienten hingegen kommt es zur Verstärkung dieser Antwort. Verwundert nicht, dass innere Stimmen wie äußere Klänge erscheinen. Whitford stellt fest: „Diese Theorie war plausibel, aber diese neue Herangehensweise bietet den stärksten Test.“

Klinische Relevanz und zukünftige Perspektiven


Die Studie hat wichtige Implikationen. Sie könnte helfen, Personen mit Risiko für Psychosen zu identifizieren. Behandlungsansätze wie Neurofeedback oder gezieltes kognitives Training könnten das Normalisieren des corollary discharge anstreben. Der Begriff „innere Sprachunterdrückung“ könnte sich als Biomarker etablieren.

Whitford sieht Potenzial: „Das Maß könnte ein Biomarker für die Entwicklung von Psychosen sein.“ Ein besseres Verständnis der biologischen Ursachen ist entscheidend, um effektivere Behandlungen zu entwickeln.

Fazit


Die aktuellen Forschungsergebnisse erweitern unser Wissen über Schizophrenie. Indem sie den Zusammenhang zwischen innerer Sprache und akustischen Halluzinationen beleuchten, eröffnen sie neue Wege für Therapien und diagnostische Maßnahmen.

Quelle: UNSW Sydney