Autismus: Ein komplexes Bild
Autismus-Spektrum-Störungen sind durch Kommunikationsschwierigkeiten – dazu zählen soziale Interaktionen – sowie durch wiederholte Verhaltensmuster gekennzeichnet. Ob das gesamte Spektrum an Faktoren für ASD bekannt ist, bleibt ungewiss. Aber der Gesundheitszustand der Mutter, insbesondere Übergewicht, spielt eine immer größere Rolle. Die neuen Erkenntnisse legen nahe, dass nicht nur die Zeit während der Schwangerschaft, sondern auch die Phase davor einen signifikanten Einfluss auf die neurologische Entwicklung des Kindes hat.
Die Studie im Detail: Methodik und Entdeckung
Die Forscher arbeiteten mit einem speziellen Mäusemodell. Es handelte sich um In-vitro-Fertilisation (IVF) und Embryotransfer. So konnten präkonzeptionelle und während gestationale Zeiträume getrennt untersucht werden. Im Kontrollbereich wurden gesunde Eier und Spermien verwendet. In der Gruppe vor der Empfängnis stammten die Eier von übergewichtigen Weibchen, während in der Gruppe der Schwangerschaftsübergewichtigen gesunde Mäuse zur Fortpflanzung genutzt wurden – jedoch in übergewichtigen Trägemüttern.
Das Verhalten der Nachkommen stand im Zentrum der Studienbewertung. Dabei gingen die Wissenschaftler dem Kommunikationsverhalten, der Geselligkeit, der sich wiederholenden Verhaltensweisen und der Angst nach. Zudem analysierten sie die Gehirne – einschließlich RNA-Sequenzierung des Kortex und der Ganzgenom-DNA-Methylierung der Hippocampi. Letztere erforscht, wie Umweltfaktoren die Funktion von Genen beeinflussen – eine Art von Einfluss, der ohne Veränderungen in der DNA-Sequenz geschieht.
Erschreckende Ergebnisse und die Rolle der Gene
Interessanterweise wiesen männliche Nachkommen aus der Gruppe vor der Empfängnis autismusähnliche Merkmale auf. Es zeigten sich veränderte Stimmungsverhalten, reduzierte Geselligkeit und häufige grooming-ähnliche Tätigkeiten. Dies war im Gegensatz zu den Männchen der Gruppe mit Schwangerschaftsübergewicht. Bei den weiblichen Nachkommen wurden keine solchen Verhaltensweisen beobachtet.
(Tag und Nacht unterscheiden sich im Umgang. So fand die Studie keinen generellen Zusammenhang zwischen Angstverhalten und sozialen Defiziten. Nicht alle betroffenen Männchen zeigten diese merkwürdigen Eigenarten. Ein Teil verhielt sich sozial normal – ein Hinweis auf die Variabilität, die auch bei menschlichem ASS beobachtet wird.)
Auf genomischer Ebene spielten acht spezifische Gene eine wichtige Rolle, darunter Homer1 und Zswim6, beide in Verbindung mit ASS bei Menschen gebracht. Pathways, die für synaptische Plastizität, circadiane Rhythmen und Fettsäuremetabolismus verantwortlich sind, wurden gestört. Besonders bei Homer1 war die Vorgehensweise bemerkenswert.
Epigenetik im Einsatz: Wie Übergewicht wirkt
Ein spezieller Schalter im Homer1-Gen, normalerweise verborgen, blieb bei betroffenen Männchen vollständig ungenutzt. Sein Zustand beeinflusste die Entwicklung von Nervenverbindungen. Dagegen war der Schalter in nicht-betroffenen Mäusen teilweise oder vollständig gemethyliert. Diese Entwicklung zeigt auf – das Übergewicht der Mutter könnte epigenetische Spuren in Eizellen hinterlassen. Dies verändert, wie bestimmte Gene im nächsten Leben wirken.
Die Forschungsleiterin Monika Ward, PhD, hebt hervor, dass die Studie die Kernmission des Yanagimachi Institute for Biogenesis Research beleuchtet. Diese Interdisziplinarität zwischen Entwicklungsbiologie, Reproduktionswissenschaft und Epigenetik eröffnet neue Wege, um zu verstehen, wie frühe Lebensprogrammmierung durch Generationen schlägt.
Einschränkungen und mögliche Konsequenzen
Die Studie hat auch ihre Einschränkungen. Nur männliche Nachkommen wurden im Detail untersucht, da die Weibchen keine autismusähnlichen Verhaltensweisen zeigten. Zudem war die Stichprobengröße für molekulare Arbeiten gering. Veränderungen, die in spezifischen Zellen des Gehirns auftraten, wurden bislang nicht betrachtet.
Die Verbindungen zwischen Methylierung und Genexpression sind stark, aber nicht kausal bewiesen. Trotzdem werfen die steigenden globalen Zahlen für Übergewicht und ASS ein Licht auf tiefere Zusammenhänge. Die Erkenntnisse deuten darauf hin, dass der Gesundheitszustand der Mutter vor der Schwangerschaft eine kritische, veränderbare Rolle im neurodevelopmentalen Risiko des Kindes spielt. Frühindikatoren für ASS könnten sich aus dem gefundenen Signal, wie etwa Homer1a, entwickeln. Letztlich könnten präkonzeptionelle Interventionen – sei es durch Diät oder Lebensstiländerungen – helfen, das Risiko für Autismus zu senken.
Fazit: Ein präventiver Ansatz in der Forschung
Falls sich diese Trends fortsetzen, wird es entscheidend sein, zukünftige Forschungsansätze auf die Gesundheit von Müttern vorzuschreiben. Handlungsstrategien in Bezug auf Ernährung und Lebensweise könnten möglicherweise den Verlauf der neurologischen Entwicklung von Nachkommen beeinflussen. Es bleibt zu hoffen, dass diese Studie langfristig zu wirksamen Lösungen führt.
Quelle: University of Hawai’i