Die Neuronenförderung durch Extrazelluläre Vesikel – Ein Ausblick auf zukünftige Therapien

Neue Erkenntnisse über neuronales Wachstum ohne Bewegung – Ein Paradigmenwechsel für die Neurowissenschaften Die Vorteile von körperlicher Bewegung sind wohlbekannt. Doch könnte es sein, dass eines der größten Geheimnisse des Trainings – die Bildung neuer Neuronen – nicht einmal Bewegung erfordert?

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Die Neuronenförderung durch Extrazelluläre Vesikel – Ein Ausblick auf zukünftige Therapien

von   Kategorie: Wissenschaft
We may not need to exercise to get the same neuron boost as a workout.jpg Wissenschaftler haben in einer vielversprechenden Studie festgestellt, dass die positiven „Pakete“ aus dem Blut nach dem Sport erfolgreich auf andere übertragen werden können, die nicht trainiert haben.

Extrazelluläre Vesikel und ihre Rolle im Gehirn


Während des Trainings werden tausende von Molekülen in den Blutkreislauf freigesetzt – einschließlich der sogenannten extrazellulären Vesikel (EVs). Diese winzigen Pakete enthalten eine Mischung aus Proteinen, RNA und Fetten. Sie sind so klein, dass sie die strenge blut-gehirn-Schranke überwinden können, um die Neurogenese, also das Wachstum neuer Neuronen, im Hippocampus zu stimulieren. Die zentrale Frage blieb: Können diese durch Bewegung angeregten Vesikel auch bei jemandem Vorteile bringen, der nie trainiert hat?

Forschungsstudie an der Universität von Illinois Urbana-Champaign


Eine Forschungsgruppe an der Universität von Illinois Urbana-Champaign lieferte nun die Antwort. Man stellte fest, dass extrazelluläre Vesikel von einem Organismus auf einen anderen übertragen werden können, ohne ihre Wirksamkeit zu verlieren. Dazu wurden männliche Mäuse in zwei Gruppen eingeteilt: Eine Gruppe erhielt ständigen Zugang zu Laufbändern, während die andere Gruppe inaktiv blieb. Nach vier Wochen wurden Blutproben beider Gruppen entnommen.

Die isolierten EVs wurden in zwei Kategorien unterteilt: die aus dem Training gewonnenen EVs (ExerVs) und die inaktiven EVs (SedVs). Eine weitere Gruppe von inaktiven Mäusen erhielt anschließende entweder eine Injektion von ExerVs, SedVs oder ein Placebo.

Ergebnisse und ihre Bedeutung


Interessanterweise wiesen Mäuse, die mit ExerVs behandelt wurden, eine signifikante Zunahme der Dichte neuer Zellen auf. Über 89% dieser neuen Zellen differenzierten sich in Neuronen. Im Dentate Gyrus, einem Bereich des Hippocampus, der für die Neubildung von Neuronen zuständig ist, zeigten die mit ExerVs behandelten Tiere etwa 50% mehr BrdU-positive Neuronen im Vergleich zu den Kontrollgruppen. Die SedV-behandelten Mäuse wiesen kaum Unterschiede zur Placebogruppe auf – ein klarer Beweis dafür, dass die neuronale Förderung spezifisch mit den separierten EVs zusammenhängt.

Eine unabhängige Wiederholung dieser Ergebnisse durch ein weiteres Set von Mäusen bestätigte die Rolle der EVs in der Neurogenese. "Unsere Erkenntnisse zeigen, dass systematisch verabreichte ExerVs die adulte hippocampale Neurogenese um etwa 50% erhöhen," so das Forschungsteam. Sehr wichtig – statistisch bedeutsame Unterschiede in der Struktur des Hippocampus waren nicht feststellbar. Dies unterstützt die Theorie, dass die neuronale Wachstumssteigerung durch natürliche Prozesse wie „Pruning“ – das Ausscheiden unterperformender Neuronen – balanciert wird.

Zukünftige Perspektiven und Anwendungen


Was bedeuten diese Ergebnisse für den Menschen? Trotz der Einschränkungen von Tierversuchen haben die Forscher nicht untersucht, ob der Anstieg von Neuronen die kognitiven Fähigkeiten der Mäuse verbessert. Dennoch ist das Potenzial für EV-basierte Therapien vielversprechend. Insbesondere für Menschen mit eingeschränkter körperlicher Aktivität durch Verletzungen oder neurologische Erkrankungen könnte dies den Zugang zu den vorteilhaften Effekten dieser Vesikel ermöglichen.

Die Wissenschaftler planen, weiter zu erkunden, ob diese EVs das Lernen, das Gedächtnis sowie die Verarbeitung von stressigen Situationen verbessern. Auch interessant ist, ob sie das Gehirn gegen den neuronalen Verfall im Hippocampus bei Depressionen und Alzheimer schützen können.

"Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass systematisch verabreichte ExerVs die hippocampale Neurogenese unterstützen", resümierten die Forscher. „Es ist notwendig, die Mechanismen zu klären, die die ExerV-Verabreichung mit der erhöhten Neurogenese verbinden.“

Die Forschung wurde in der Fachzeitschrift Brain Research veröffentlicht.

Quelle:
- University of Illinois Urbana-Champaign auf MedicalXpress