Untersuchung von Autoimmunerkrankungen und psychischer Gesundheit
Die Forschung wurde vom Center for Clinical Brain Sciences der Universität Edinburgh in Schottland geleitet. In dieser Studie wurde untersucht, ob ein Zusammenhang zwischen Autoimmunerkrankungen und einem erhöhten Risiko für psychische Gesundheitsprobleme besteht. Insbesondere standen Depressionen, Angstzustände und bipolare Störungen im Fokus.
Die Daten stammen aus einer umfangreichen Kohorte – 1.563.155 Erwachsene in Großbritannien nahmen an der Our Future Health-Studie teil. Die Teilnehmenden wurden in zwei Gruppen eingeteilt: 37.808 Personen mit einer selbstberichteten lebenslangen Diagnose einer von sechs Autoimmunerkrankungen und 1.525.347 ohne eine solche Diagnose. Zu den Autoimmunerkrankungen zählten rheumatoide Arthritis, Morbus Basedow, entzündliche Darmerkrankungen, Lupus, Multiple Sklerose und Psoriasis. Interessanterweise wurde das Vorhandensein einer Autoimmunerkrankung als Indikator für chronische Entzündung verwendet.
Ergebnisse der Studie und ihre Bedeutung
Die Ergebnisse waren aufschlussreich. Personen mit Autoimmunerkrankungen berichteten nahezu doppelt so oft über depressive Episoden oder Angststörungen, verglichen mit Personen ohne solche Erkrankungen (28,8 % vs. 17,9 %). In der Autoimmun-Gruppe waren auch die aktuellen Symptome von Depression und Angst signifikant höher. Hier wurde festgestellt, dass 18,6 % Depressionen angaben, gegenüber 10,5 % in der Allgemeinbevölkerung. Bei Angst stieg die Zahl auf 19,9 % im Vergleich zu 12,9 % in der allgemeinen Bevölkerung.
Diese Ergebnisse blieben auch nach Anpassungen an variablen wie Alter, Geschlecht, Ethnizität, Einkommen, chronischen Schmerzen, familiäre Vorgeschichte psychischer Erkrankungen und sozialer Isolation stabil. Besonders auffällig war der hohe Anteil an Frauen mit Autoimmunerkrankungen, die signifikant höhere Raten an affektiven Störungen aufwiesen als ihre männlichen Kollegen.
Praktische Empfehlungen und zukünftige Forschung
Die Studie legt nahe, dass regelmäßige psychische Gesundheitsscreenings Teil der Standardversorgung für Menschen mit Autoimmunerkrankungen sein sollten – insbesondere für Frauen. Eine Integration von Unterstützungsangeboten im Bereich der psychischen Gesundheit in Behandlungspläne könnte helfen, affektive Störungen in dieser Hochrisikogruppe rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln. Es ist auch dringend notwendig, dass Gesundheitsfachkräfte die psychische Gesundheit von Patienten mit chronisch entzündlichen Krankheiten genauer im Blick haben.
Einschränkungen der Studie
Die Studie weist jedoch auch einige Einschränkungen auf. Aufgrund ihres beobachtenden Charakters kann sie keinen kausalen Zusammenhang zwischen Autoimmunerkrankungen und psychischen Krankheiten nachweisen. Zudem kann die Nutzung selbstberichteter Daten zu Verzerrungen oder Ungenauigkeiten führen. Autoimmunerkrankungen wurden als indirekter Marker für chronische Entzündungen genutzt, anstatt direkte Entzündungsmarker zu verwenden. Auch war es nicht möglich festzustellen, ob psychische Probleme zuvor, danach oder gleichzeitig mit den Autoimmunerkrankungen auftraten.
Die Daten entstammen Personen, die in Großbritannien leben – somit könnten die Ergebnisse nicht auf andere Länder übertragbar sein. Dennoch stärkt die Studie die Evidenz, dass chronische Entzündung, vermittelt durch Autoimmunerkrankungen, mit einem höheren Risiko für affektive psychische Erkrankungen verbunden ist.
Fazit und Ausblick
Die Ergebnisse der Studie machen deutlich, dass ein Bedarf an integrierter psychischer und physischer Gesundheitsversorgung für Menschen mit Autoimmunerkrankungen besteht. Während zusätzliche Forschung notwendig ist, um die genauen Mechanismen und Zeitverläufe zu klären, eröffnen die aktuellen Ergebnisse neue Perspektiven auf die psychosozialen Auswirkungen von Autoimmunerkrankungen.
Die Studie wurde in der Fachzeitschrift BMJ Mental Health veröffentlicht.