BGH-Entscheidung: Spickmich-Urteil gefährdet Meinungsmacher im Web

Dieses Thema im Forum "Netzwelt" wurde erstellt von zwa3hnn, 25. Juni 2009 .

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  1. 25. Juni 2009
    BGH-Entscheidung: Spickmich-Urteil gefährdet Meinungsmacher im Web
    Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Die Lehrerbewertung bei spickmich.de ist erlaubt. Doch was folgt daraus für ähnliche Webportale oder Blogs? Tatsächlich wirft das Urteil mehr Fragen auf, als es zunächst beantwortet.


    Triumphierend hielt Manuel Weisbrod, Mitgründer des Lehrerbewertungsportals spickmich.de, den Zeitungsartikel in die nächstbeste Kamera. "Rechtsexperten erwarten, dass der Bundesgerichtshof gegen die umstrittene Internet-Seite spickmich urteilt", hatte eine große Tageszeitung einen Vorbericht zu der Verhandlung am Dienstag betitelt - und damit daneben gelegen. "Kennt jemand den Kollegen?", rief Weisbrod abschätzig in die Journalistenrunde - und ließ sich auch durch den Hinweis, dass Überschriften oft nicht vom Autor des Artikels stammen, nicht irritieren.

    Tatsächlich hatte der Bundesgerichtshof (BGH) zuvor ganz überwiegend im Sinne von Weisbrod geurteilt. Schüler dürfen demnach ihre Lehrer im Web auf der Seite spickmich.de benoten. Der BGH verwarf die Revision einer Lehrerin aus Nordrhein-Westfalen, deren Klage gegen die Betreiber des Portals schon vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht Köln gescheitert war.

    Für Weisbrod mag es ein Triumph sein. Ob andere ähnliche Bewertungsangebote von der Entscheidung ebenfalls profitieren, muss sich erst noch zeigen.

    BGH-Vizepräsidentin Gerda Müller jedenfalls betonte in der Urteilsverkündung: Bei der Frage, ob solche Portale im Internet zulässig seien, gehe es "immer um den konkreten Einzelfall", also um das jeweilige Online-Angebot. Auch gehe es "immer um die Abwägung konkreter Interessen", weshalb man "derzeit noch keine allgemeingültigen Regeln aufstellen" könne.

    Dennoch hat das Urteil grundlegende Bedeutung, und zwar weit über den Fall spickmich.de hinaus. Zwei wichtige Grundsatzfragen hat der BGH schon jetzt entschieden:
    • Bewertungsportale im Internet sind auch ohne Einwilligung der Betroffenen möglich. Nur kommt es bei der Frage, was genau zulässig ist und was nicht, auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an.
    • Für Meinungsäußerungen und Bewertungen, "die sich auf bestimmte oder bestimmbare Betroffene beziehen", gelten grundsätzlich die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes.
    Nicht nur spickmich.de ist betroffen

    Der erste Punkt bedeutet "zuerst einmal Rückenwind für alle anderen Bewertungsportale", erklärte spickmich.de-Anwalt Thorsten Feldmann. Der zweite Verweis wirft aber gleichzeitig die Frage auf, wie es um die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der betroffenen Internet-Angebote bestellt ist.

    Dass der Vorsitzenden Müller dabei sowohl in der Verhandlung als auch in der Urteilsverkündung derselbe Versprecher unterlief und sie von den "Vorschriften des bunten Datenschutzgesetzes" sprach, passte dabei recht gut ins Bild. Diese Vorschriften sind so detailreich und komplex, dass die Vorsitzende sie in der mündlichen Urteilsbegründung offenbar nur streifen wollte.

    Schon in der Verhandlung klagte Müller über die "unglaubliche Länge" der Normen. Bei denen müsse man "schon genau schauen", "welche Bestimmungen einschlägig sein könnten". Wie die genaue Prüfung der Vorschriften im konkreten Fall ausfällt und was sich daraus für andere Fälle ablesen lässt, ist entsprechend eine Frage, die sich erst beantworten lässt, wenn in einigen Wochen das schriftliche Urteil vorliegt.

    Dass der BGH nun aber die Anwendbarkeit des Bundesdatenschutzgesetzes allerdings derart weit auslegt, betrifft nicht nur spickmich.de, meinprof.de und andere Bewertungsportale, sondern prinzipiell auch Blogs und Internet-Foren. Denn auch dort werden oft und typischerweise Meinungen und Bewertungen zu anderen Personen abgegeben.

    Der Streit ist nicht beendet

    Das aber könnte bedeuten, dass sich solche Angebote möglicherweise strengen Verfahren unterwerfen müssen. Sie müssten unter Umständen ihre Nutzer identifizieren, prüfen, ob diese ein "berechtigtes Interesse" am Datenabruf haben, und die Betroffenen gesondert über die erstmalige Bewertung oder sonstige Kommentierung unterrichten.

    Datenschutzbehörden dürften dadurch erst einmal Auftrieb erhalten. Sie sind in solchen Fällen schon bisher gegen unwillige Betreiber vorgegangen sind. Jene Ämter, die mit der Datenschutzaufsicht für den sogenannten "nicht-öffentlichen Bereich" - also die Datenverarbeitung durch Private - betraut sind, könnten nun erst Recht von sich aus gegen Verstöße vorgehen. Die Gefahr besteht, dass sich die Behörden so zumindest punktuell zu veritablen Zensurbehörden entwickeln.

    Immerhin ist nicht ausgeschlossen, dass sich andere Bewertungsportale, vor allem aber auch anspruchsvollere Blogs, auf das sogenannte "Medienprivileg" berufen könnten. Diese Regelung nimmt "journalistisch-redaktionelle" oder "literarische" Zwecke von der Anwendung des Bundesdatenschutzgesetzes praktisch aus. Für spickmich.de allerdings wollte der BGH diese generelle Ausnahme nicht gelten lassen. "Zu wenig journalistische Arbeit", so Müller, sei "an diesem Portal".

    Dennoch entschied der Senat bei der Abwägung zwischen den widerstreitenden, jeweils verfassungsrechtlich garantierten Interessen, nämlich dem Recht der Lehrerin auf "informationelle Selbstbestimmung" und dem Recht der Portalbetreiber und
    -nutzer auf "Meinungsaustausch und Kommunikation", zugunsten des Bewertungsportals. Und das, obwohl spickmich.de sich nicht an die Detailvorgaben des Bundesdatenschutzgesetzes hält.

    Ausschlaggebend sei, dass die Meinungsäußerungen hier "die berufliche Tätigkeit der Klägerin" betreffen und dass die an die Nutzer übermittelnden Noten erkennbar nur eine "geringe Aussagekraft" hätten. Außerdem gebe es eine "konkrete Zugangsbeschränkung" - nämlich nur für Schüler, Eltern oder Lehrer, die sich für die betreffende Schule angemeldet haben. Auch die anonyme Bewertung sei hier "nicht unzulässig".

    Der Senat kam laut Müller erst nach einer "sehr langen und schwierigen Beratung" zu diesem Ergebnis. Offenbar waren nicht alle Fragen unumstritten. Sie sei "überzeugt", dass es schon bald zu weiteren Urteilen kommt, kündigte die Vizepräsidentin zum Ende der Verhandlung an. Zwar ohne die jetzige Senatsvorsitzende, denn sie wird in Kürze in Ruhestand gehen: Aber auch in neuer Besetzung wird der Streit noch lange weitergehen um das, was sich die Meinungsmacher im Internet erlauben dürfen, und was nicht.


    quelle: Spiegel Online
     
  2. 25. Juni 2009
    AW: BGH-Entscheidung: Spickmich-Urteil gefährdet Meinungsmacher im Web

    Tja wift wirklich fragen auf ^^

    Dürfte ich jetzt eine webseite machen in der ich alle meine Ex-Freundininnen bewerte ...?!
    Wie sie im bett waren, wie sie mir zuhören konnten etc pp ... mit foto , oder bleibt das weiterhin wie ich dachte verboten?^^
     
  3. 25. Juni 2009
    AW: BGH-Entscheidung: Spickmich-Urteil gefährdet Meinungsmacher im Web


    Naja, das wäre aber ein Unterschied. Lehrer bewerten tut man deswegen, weil das auch in der Öffentlichkeit ist. Das ist genau so wie Fachgeschäfte zu bewerten.

    Deine ex bewerten ist privat.

    Außerdem finde ich die Seite gut, vielleicht strengen sich die Lehrer dann mehr an.
     
  4. 25. Juni 2009
    AW: BGH-Entscheidung: Spickmich-Urteil gefährdet Meinungsmacher im Web

    Ich hab die Seite jetzt nur überflogen aber ich finde es super das es die Seite Spickmich gibt denn nicht kann einem Schüler die Zukunft so erschweren wie ein Schlechter/Unfairer Lehrer.

    Aber wenn jetzt Tausend Seiten aus dem Web poppen die genau das gleiche machen nur in anderen Branchen dann finde ich das absolut schlecht und auch Datenschutztechnisch schlimm. Der Gläserne Bürger ohne Staatliches einwirken für lau, schrecklich!
     
  5. 25. Juni 2009
    AW: BGH-Entscheidung: Spickmich-Urteil gefährdet Meinungsmacher im Web

    Finds gut das Spickmich weiter machen darf. Es sollte ja zur Qualitätssicherung der Schulen beitragen (der Staat schafft es ja nicht unser Bildungssystem zu verbessern).
    Leider merkt man es oft genug das Personengruppen die eine gewisse Authorität besitzen (Lehrer, Beamte, Politiker) nicht kritikfähig sind.
    Ich kenns noch aus meiner Schulzeit, sobald ein Lehrer keine Argumente mehr hatte kam nurnoch "Ich diskutier nicht"


    Zwar gibt es möglicherweise ein Problem mit dem Datenschutz, aber andererseits, warum sollte man nicht Ärzte, Lehrer oder Gastronomen die einfach nur schlecht sind auch schlecht bewerten damit sie sich danach entweder bessern oder halt ihren Beruf aufgeben müssen?
     
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