Die Forschungsziele und Methoden
Wissenschaftler haben eine grundlegende Fragestellung verfolgt. Sie wollten verstehen, inwiefern der Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme die Insulinsensitivität beeinflusst. Insulinsensitivität gilt als wichtiger Indikator für die metabolische Gesundheit. Dabei untersuchten die Forscher 46 Zwillingspaare, sowohl eineiige als auch zweieiige, über einen Zeitraum von 14 Tagen. Die Probanden hielten ein detailliertes Protokoll über ihre Nahrungsaufnahme – dazu gehörten genaue Zeitpunkte, Portionen und Lebensmittelarten.
Die Nutzung von Aktigraphie-Geräten zur Überwachung von Schlaf und Bewegung war zentral. Auf diese Weise konnten die Forscher den Kalorienmittelpunkt und den circadianen Kalorienmittelpunkt (CCM) für jeden Teilnehmer bestimmen. Der CCM ist der Punkt, an dem der Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme mit der inneren biologischen Uhr eines Individuums übereinstimmt. Ein detaillierter Glukosetest ermittelte darüber hinaus die Insulinempfindlichkeit.
Die Bedeutung der circadianen Rhythmik
„Obwohl die Rolle der inneren Uhr in der metabolischen Regulation allgemein anerkannt ist, bleibt die Bedeutung des Zeitpunktes der Nahrungsaufnahme in Bezug auf Glukosestoffwechsel und Diabetessrisiko unzureichend erforscht“, äußerte die DZD-Forscherin Olga Ramich. Anhand der Schlafdaten ermittelten die Wissenschaftler den idealen Energieaufnahmezeitraum – clinisch ausgedrückt, dies wird als CCM bezeichnet. Ein Beispiel: Bei durchschnittlich acht Stunden Schlaf zwischen 23 Uhr und 7 Uhr würde der Schlafmittelpunkt um 3 Uhr liegen. Der ideale CCM ginge dann zwischen 11 Uhr und 13 Uhr in Einklang mit der biologischen Uhr.
Einfluss von Essverhalten und Genetik
Der Lebensmittelverzehr wird jedoch nicht nur von persönlichen Gewohnheiten, sondern auch durch genetische Veranlagungen beeinflusst. In der Studie stellte sich heraus, dass eineiige Zwillinge ähnlicher essen als zweieiige. Die Wissenschaftler schlussfolgerten, dass sowohl der Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme als auch der individuelle Chronotyp – also das biologische Schlaf-Wach-Rhythmusmuster – teilweise genetisch bestimmt sind.
Eine späte Nahrungsaufnahme kann zu erheblichen Beeinträchtigungen der Insulinsensitivität führen. Die Studie ermittelte, dass Teilnehmer, die mehr Kalorien am Abend konsumierten, einen höheren Body-Mass-Index (BMI) sowie eine größere Taillenweite hatten. Ramich kommentierte: „Menschen, die ihre Hauptmahlzeiten früher am Tag einnehmen, haben eine bessere Insulinsensitivität.“
Praktische Implikationen und Zukunftsperspektiven
Die Ergebnisse sind zwar vielversprechend, doch gibt es zahlreiche Einflussfaktoren auf Essgewohnheiten. Um eine gesunde Essstruktur zu fördern, könnte es sinnvoll sein, die innere Uhr als Leitfaden zu nutzen. Menschen sind oft so beschäftigt, dass sie die Innere Uhr ignorieren. Die Anpassung der Nahrungsaufnahme auf die eigene biologische Uhr könnte eine entscheidende Rolle spielen, um sowohl metabolische Gesundheit als auch Energielevel zu verbessern.
Der Zugang zu diesen Erkenntnissen ist für viele von Bedeutung. Eine praktische Möglichkeit zur Bestimmung des Chronotyps ist das Führen eines Schlaftagebuchs über einige Wochen. Es gibt Online-Tests wie den Münchener Chronotypen-Fragebogen (MCTQ), um zu einem besseren Einblick in die individuellen Schlafmuster zu gelangen.
Fazit und Ausblick auf die Forschung
Die Tatsache, dass Essgewohnheiten teilweise erblich bedingt sind, lässt vermuten, dass zahlreiche Menschen Schwierigkeiten haben könnten, ihre Gewohnheiten zu ändern. Ramich betont die Notwendigkeit weiterer Studien und klinischer Versuche. Das Ziel besteht darin, Instrumente zu entwickeln, die gesundheitsfördernde Interventionen durch zielgerichtete Ernährungsstrategien unterstützen.
Insgesamt hat diese Studie das Bewusstsein für die Bedeutung der zeitlichen Aspekte der Nahrungsaufnahme geschärft. Der Umgang mit der inneren Uhr könnte ein vielversprechender Ansatz zur Bekämpfung von Adipositas und Diabetes Typ 2 sein. Die Ergebnisse könnten weitreichende Konsequenzen für die Prävention und Behandlung von Stoffwechselerkrankungen darstellen.
Quellen:
- Deutsches Zentrum für Diabetesforschung
- The Lancet journal eBioMedicine