Die künstliche Zunge zur Messung von Schärfe – Ein innovativer Fortschritt mit Milchprotein

Wissenschaftler entwickeln neue Technologien, um die Schärfe von Lebensmitteln zu messen. Mit einem überraschenden Material – Milchprotein.

Schlagworte:

Die künstliche Zunge zur Messung von Schärfe – Ein innovativer Fortschritt mit Milchprotein

von   Kategorie: Wissenschaft
Milk protein put to use in spicinessgauging artificial tongue.jpeg Im Alltag hat der Genuss von scharf gewürzten Speisen oft seine Tücken. Wer nach einer scharfen Mahlzeit Abhilfe sucht, greift zumeist zur Milch. Wasser hingegen versagt, wenn es um die Neutralisierung von Schärfe geht. Warum das so ist? Milch enthält Casein, ein spezielles Protein. Es hat die Fähigkeit, sich mit Capsaicin zu verbinden. Capsaicin ist der chemische Stoff, der Chili-Paprikas ihre charakteristische Schärfe verleiht. In der Mundhöhle bindet sich Casein mit Capsaicin – eine These, die Hintergrundwissen für die neueste Entwicklung in der Lebensmitteltechnologie liefert.

Entwicklung der künstlichen Zunge


Eine Gruppe von Wissenschaftlern unter der Leitung von Weijun Deng, einem Experten am Shanghai Institute of Technology, hat sich nun daran gemacht, dieses Bindungsphänomen in einer innovativen Technologie nachzuahmen. Die Forschung soll es ermöglichen, die Schärfe von Lebensmitteln objektiv zu messen. Ein solcher Fortschritt könnte insbesondere für Menschen von Vorteil sein, die überempfindliche Mägen haben oder das Geschmacksempfinden völlig verloren haben. In letzterem Fall können gefährliche Verbrennungen im Mund auftreten, wenn die Betroffenen unwissentlich übermäßig scharfe Speisen konsumieren.

Die Funktionsweise der künstlichen Zunge


Die künstliche Zunge besteht aus einer rechteckigen Platte aus flexiblem Gel. Dieses Gel wird aus Acrylsäure, Cholinchlorid und Magermilchpulver hergestellt. Durch Bestrahlung mit UV-Licht wird das Material gehärtet. Bei Kontakt mit einer Substanz, die Capsaicin enthält, bindet das Casein im Milchpulver innerhalb von 10 Sekunden an den scharfen Stoff. Die Folge? Ein messbarer Rückgang der elektrischen Leitfähigkeit. Je höher der Capsaicin-Gehalt, desto deutlicher ist der Rückgang.

Praktische Anwendungen und Ergebnisse


In ersten Tests hat sich gezeigt, dass die künstliche Zunge in der Lage ist, Capsaicin-Konzentrationen zu detektieren, die unterhalb der menschlichen Wahrnehmungsgrenze liegen bis hin zu schmerzhaften Peaks. Darüber hinaus wurde die Effektivität des Gerätes in darauf folgenden Tests belegt. Acht verschiedene Paprikaarten und acht scharfe Lebensmittel wurden getestet. Die Ergebnisse der künstlichen Zunge stimmten mit denen eines Menschengremiums überein, welches für die sensorische Bewertung zuständig war. Dies zeigt, dass die künstliche Zunge das menschliche Geschmacksempfinden präzise nachahmen kann.

Die Entdeckung von weiteren scharfen Chemikalien


Zusätzlich zur Erkennung von Capsaicin kann die künstliche Zunge auch andere scharfe Substanzen identifizieren. Diese sind zum Beispiel in Lebensmitteln wie Ingwer, schwarzem Pfeffer, Meerrettich, Knoblauch und Zwiebeln enthalten. Diese Entdeckung erweitert das Einsatzspektrum der künstlichen Zunge erheblich.

Fazit und Ausblick


Die Forschung rund um diese innovative Technologie geht weiter. Wissenschaftler dokumentierten ihre Ergebnisse kürzlich in der Fachzeitschrift ACS Sensors. Die Möglichkeit, Schärfe objektiv zu messen, wird in vielen Bereichen großen Anklang finden. Von der Nahrungsmittelindustrie bis hin zur Unterstützung von Menschen mit besonderen diätetischen Bedürfnissen. Die Verbindung von Wissenschaft und Kulinarik könnte die Art und Weise, wie wir Speisen bewerten und schmecken, revolutionieren.

Quellen


American Chemical Society