Die Rolle des Epstein-Barr-Virus bei der Entstehung von Lupus

Lupus ist eine chronische Erkrankung, die bis zu eine Million Amerikaner betrifft. Neueste Forschungsergebnisse zeigen eine alarmierende Verbindung zwischen dem weitverbreiteten Epstein-Barr-Virus (EBV) und der Entstehung von Lupus. Wissenschaftler haben erhellende Beweise gefunden, die darauf hinweisen, dass EBV das Immunsystem des Körpers direkt angreift und damit den Lupus verursacht.

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Die Rolle des Epstein-Barr-Virus bei der Entstehung von Lupus

von   Kategorie: Wissenschaft
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Interaktion zwischen EBV und dem Immunsystem



Dr. William Robinson – Chief der Abteilung für Immunologie und Rheumatologie an der Stanford Medizin – bezeichnet diese Entdeckung als die bedeutendste seiner gesamten Laufbahn. Er betont, dass der Zusammenhang offenbar für 100 Prozent der Lupusfälle gilt. Bei den Forschungen wurde ein raffinierter Mechanismus aufgedeckt, mit dem EBV die Abwehrmechanismen des Körpers umgeht. Schätzungen zufolge tragen rund 90 bis 95 Prozent der Erwachsenen in den USA EBV in sich, verbreitet durch Speichel.

Dr. Robinson beschreibt es so – nur ein Leben im luftdichten Raum könnte eine Infektion mit EBV verhindern. Wer ein normales Leben führt, hat nahezu 20 zu 1 die Wahrscheinlichkeit, betroffen zu sein.

Molekulare Aspekte von EBV


Auf molekularer Ebene ist EBV Teil der Virusfamilie, zu der auch Windpocken und Herpes gehören. Das Virus hat die Fähigkeit, genetisches Material in die Zellkerne der infizierten Zellen einzuschleusen, wo es für das Immunsystem unsichtbar bleibt. Diese Dormanz wechselt unter bestimmten Bedingungen und führt zu einer Reaktivierung des Virus.

B-Zellen und ihre Rolle im Immunsystem


B-Zellen sind entscheidend – sie sind weiße Blutkörperchen, die Antikörper produzieren und als antigenpräsentierende Zellen fungieren. Diese Zellen haben die Aufgabe, Teile von Mikroben zu zeigen, sodass andere Immunzellen aktiviert werden. Bei gesunden, EBV-positiven Menschen trägt weniger als eins von 10.000 B-Zellen das Virus. Bei Lupus-Patienten erhöhen sich diese Zahlen auf eins von 400 – also eine 25-fache Zunahme.

Die Forscher fanden heraus, dass EBV eine spezielle virale Proteinmarke namens EBNA2 herstellt. Sie ist wie ein Schalter, der Gene in den B-Zellen aktiviert, die zuvor inaktiv waren. Diese Gene sind oft Pro-Entzündungsgene.

Die Folgen der EBV-Infektion


Robinson erläutert, dass EBV nicht nur die B-Zellen infiziert, sondern sie auch umprogrammiert, sodass sie als „Treiber“-Zellen agieren – sie senden kontinuierliche Entzündungssignale aus. Dieser Prozess führt zur Überaktivierung von T-Helferzellen, die weitere Immunzellen rekrutieren. Dadurch greifen sie die körpereigenen Nuklearmaterialien an und erzeugen eine weitverbreitete Autoimmunreaktion, wie sie bei Lupus beobachtet werden.

Autoimmunität und ihre Ursachen


Antinukleäre Antikörper können Organe und Gewebe im gesamten Körper angreifen, was zu Schäden in Haut, Nieren, Gelenken, dem Herzen und dem Nervensystem führt. Lupus betrifft überproportional Frauen – die Gründe dafür sind unklar. Während viele Patienten die Symptome durch Medikamente in den Griff bekommen, leiden etwa 5 Prozent unter lebensbedrohlichen Komplikationen.

Das Verständnis, dass die Mechanismen von EBV auch andere autoimmune Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder rheumatoide Arthritis beeinflussen könnte, wurde in früheren Studien angedeutet.

Genetische Variationen und EBV-Stämme


In den USA entwickeln schätzungsweise etwa 70 Personen pro 100.000 Lupus. Dies ist verglichen mit der Anzahl der Amerikaner, die EBV-infizierte Zellen in sich tragen, sehr gering. Robinson und sein Team vermuten, dass nur bestimmte Stämme von EBV B-Zellen in antigenpräsentierende Zellen verwandeln können. Genetische Unterschiede in der Immunregulation könnten ebenfalls eine Rolle spielen – wie leicht das Virus Zellen rekrutieren kann.

Zukunft der Forschung und Behandlung von Lupus


Ein besorgniserregender Punkt bleibt – EBV kann nicht aus dem Körper eliminiert werden. Es laufen jedoch Forschungen zur Entwicklung eines Impfstoffs, der eine Übertragung des Virus verhindern soll. Robinson und sein Team haben nun die Firma EBVio Inc. gegründet, um eine neue Lupus-Behandlung namens ultratiefen B-Zell-Depletion zu untersuchen.

Diese Behandlung könnte dazu führen, dass infizierte und autoreaktive B-Zellen aus dem Blut entfernt werden. Auch eine Remission könnte erzielt werden, selbst ohne kontinuierliche Medikation – eine Hoffnung, die viele Lupus-Patienten inspirieren könnte.

Dr. Robinson schließt mit den Worten, dass dies die erste klare biologische Erklärung dafür liefert, wie EBV zu Lupus führen kann. Das Verständnis könnte einen Wendepunkt in der Prävention und Behandlung markieren und gibt Anlass zur Hoffnung für neue Strategien gegen Lupus und EBV.

Quellen


  1. EBV und Multiple Sklerose
  2. EBV und rheumatoide Arthritis
  3. EBV und Morbus Crohn
  4. Science Translational Medicine
  5. Stanford Medicine