Durchsichtige Mäuse: Ein neuer Blick auf die Forschung

Die Welt der biologischen Forschung hat einen bedeutenden Fortschritt erzielt. Forscher der Stanford University haben einen bemerkenswerten Durchbruch erreicht. Sie entdeckten, dass ein gängiger Lebensmittelfarbstoff, wenn er auf die Haut von Mäusen aufgetragen wird, die Tiere durchscheinend macht. Das eröffnet neue Möglichkeiten in der biologischen Forschung.

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Durchsichtige Mäuse: Ein neuer Blick auf die Forschung

9. September 2024 von   Kategorie: Wissenschaft
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Durch eine Hühnerbrust schauen? Die Organe einer lebenden Maus direkt sehen durch die Haut - möglich!

Der Fall der Lichtstreuung


Ein zentrales Problem bei der Untersuchung lebender Tiere besteht in der Lichtstreuung. Die Protein- und Fettbestandteile der Haut von Lebewesen streuen Licht stark. Dadurch bleibt die Haut der Mäuse undurchsichtig. Jedoch fanden die Forscher heraus - nach intensiven Untersuchungen -, dass die Anwendung von Tartrazin, einem als FD&C Yellow 5 bekannten Farbstoff, diesen Effekt zähmen kann. Der Farbstoff absorbiert Licht insbesondere im nahen UV- und blauen Spektrum.


Dies ermöglicht rotem und orangem Licht, viel tiefer in die Gewebe der Mäuse einzudringen. Der Effekt ist bemerkenswert – die Haut der Mäuse wird transparent. Dies ist temporär; der Effekt lässt sich leicht wieder umkehren, sobald der Farbstoff abgewaschen wird.


Echte Einblicke in lebende Organismen


Die Forscher wendeten den Farbstoff an der Bauchregion der Mäuse an. Das Ergebnis? Sie konnten die Neuronen beobachten, die sie zuvor mit fluoreszierenden Markern versehen hatten. Diese Beobachtungen wurden in Echtzeit durchgeführt und gaben Aufschluss über die Magenmotilität der Mäuse. Man könnte sagen - diese Technik könnte helfen, besseres Verständnis für Magen-Darm-Beschwerden wie das Reizdarmsyndrom (IBS) zu entwickeln.


Die Anwendung des Farbstoffs auf die Schädel der Mäuse ermöglichte es den Wissenschaftlern auch, die Funktionsweise von zerebralen Blutgefäßen zu sehen. Die Studie in der Fachzeitschrift Science hebt die Relevanz dieser Technik hervor.


Mögliche Anwendungen und Chancen


Die Forscher sprechen nicht nur von der Technik - sie bieten auch eine neue Perspektive auf die Art und Weise, wie mit lebenden Tieren geforscht werden kann. „Unser Ansatz... eröffnet Möglichkeiten zur Visualisierung von Struktur, Aktivität und Funktionen tiefsitzender Gewebe und Organe,“ erklären sie, „ohne dass chirurgische Eingriffe oder das Ersetzen von überliegenden Geweben durch transparente Fenster notwendig ist.”

Daraus ergeben sich vielfältige Möglichkeiten.

Die Forschung könnte sich auf eine breitere Palette von Tieren erstrecken.

Forscher Rowlands und Gorecki, die nicht an der Studie beteiligt waren, beziehen sich darauf, dass derzeit oft Zebrafische und Nematoden ausgewählt werden. Diese Tiere besitzen von Natur aus transparente Haut. Mit den neuen, farbstoffbasierten Verfahren können jedoch nahezu alle Tiere vorübergehend durchscheinend gemacht werden. Das gibt Wissenschaftlern die Möglichkeit, einen Blick ins Innere zu werfen.

Zukunftsausblick: Eine neue Ära in der Bildgebung


Rowlands und Gorecki bekräftigen die Tragweite dieser Entdeckung. „Basierend auf diesen Ergebnissen ist es vernünftig, mit einer zehnfachen Verbesserung der Bildtiefe zu rechnen, vorausgesetzt die Farbstoffdurchdringung ist ausreichend.“ Die Ausblicke sind beeindruckend - Multiphoton-Bildgebung durch das gesamte Gehirn einer Maus oder die Lokalisierung von Tumoren um Blutgefäße unter mehreren Zentimetern dickem Gewebe könnten in greifbare Nähe rücken.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Entdeckung des Lebensmittelfarbstoffs Tartrazin als Mittel zur Durchsicht bei Lebewesen ist ein revolutionärer Schritt. Ein revolutionärer Schritt im biologischen Forschungsfeld, der nicht nur die Methoden verbessert, sondern auch das Wohlergehen der Tiere in der Forschung berücksichtigt.


Quelle: Zihao Ou et al., Achieving optical transparency in live animals with absorbing molecules. Science 385, eadm6869(2024). DOI:10.1126/science.adm6869
 

Kommentare

11. September 2024
Total crazy finde ich das. Also einerseits ziemlich cool und dass das auch noch unbedenklich sein dürfte, aber irgendwie weigert sich mein Gehirn das für logisch zu befinden
Hab mich erst auch gefragt, wofür genau das jetzt zum Einsatz kommen soll, aber wäre natürlich toll, wenn das zu besseren, "humaneren" Verfahren bei Tierversuchen und -testungen führen könnte. Bin gespannt, was damit dann wirklich gemacht wird. Und ob man davon überhaupt was mitkriegt dann...