Ist "Männergrippe" wirklich ein Phänomen? Eine wissenschaftliche Analyse

Das Thema des "Männergrippe" hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Ein weit verbreitetes Klischee besagt, dass Männer Erkältungen und Grippe schlimmer empfinden. Denn sie zeigen dazu oft eine dramatische Verhaltensweise – als wären sie krankhaft empfindlich. Doch ist dieses Szenario wirklich fundiert oder eher ein Mythos? Dieser Artikel widmet sich der eingehenden Untersuchung des Themas.

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Ist "Männergrippe" wirklich ein Phänomen? Eine wissenschaftliche Analyse

22. Oktober 2024 von   Kategorie: Ratgeber & Wissen
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Die persönliche Erfahrung – Von Flugreisen und Erkältungen


Ich kann kaum noch einen transatlantischen Flug antreten, ohne danach krank zu werden. Decke und Kissen sind nicht das Problem – aber hustende Nachbarn? Man könnte meinen – die Ansteckung ist schon vorprogrammiert. Als ich kürzlich von einer Hochzeit in Pennsylvania zurückkehrte, begann ich kurze Zeit nach meiner Ankunft in Portugal, mich unwohl zu fühlen. Ich dachte daran, dass ich wirklich krank war. Meine Frau jedoch informierte Freunde und bezeichnete mich als "kränkelnder Man".

Die Unruhe war groß. Es blieb die Frage: War ich wirklich krank oder tat ich nur so? Das hat viele Paare beschäftigt und auch mich zu einer tiefgründigen Recherche bewegt.


Die Ursprünge des Begriffs Männergrippe


Laut dem Oxford English Dictionary wurde der Begriff "Man-Flu" erstmals 1999 auf einer Usenet-Plattform erwähnt. Die wahren wissenschaftlichen Grundlagen hinter dieser populären Behauptung sind jedoch komplex. So gibt es renommierte Studien, die Geschlechterunterschiede in Bezug auf Immunantworten beleuchten.

Wissenschaftliche Erkenntnisse: Unterschiede zwischen den Geschlechtern


Eine umfassende Übersicht über Geschlechterunterschiede im Immunverhalten wurde 2022 im "Annual Review of Immunology" veröffentlicht. Die Ergebnisse zeigen, dass Frauen tatsächlich seltener an Virusinfektionen leiden. Ein möglicher Grund kann sein, dass Männer oftmals weniger Vorsichtsmaßnahmen treffen, wie zum Beispiel das Tragen von Masken oder die Hygiene der Hände.


Biologische Unterschiede beeinflussen diesen Befund jedoch ebenso. Frauen zeigen allgemein eine robustere Immunantwort auf Viren. Bei HIV-1-Infektionen produzieren die Immunzellen von Frauen mehr IFN-α, ein für den antiviralen Kampf essentielles Protein. Dies bedeutet, dass Frauen schneller mit der Bekämpfung von Infektionen beginnen.


Darüber hinaus haben Studien gezeigt, dass Frauen aufgrund ihrer physiologischen Vorteile niedrigere Viruslasten aufweisen – dies führt zu milderen Symptomen. Hier spielt der Einfluss der Hormone eine entscheidende Rolle. Manche Theorien besagen, dass Östrogen die Immunantwort stärkt, während Testosteron diese schwächen kann.


Darwin trifft Immunologie – Ein evolutionärer Blick


Eine evolutionäre Perspektive legt nahe, dass Frauen eine stärkere Immunabwehr brauchen, um eine gesunde Fortpflanzung zu gewährleisten. Männer hingegen können sich nach der Fortpflanzung zurückziehen und pausieren. Dies könnte erklären, warum Männer sich im Krankheitsfall stärker auf ihre Symptome konzentrieren oder sogar übertreiben.


Studien über Wahrnehmung und Verhalten


Forschungen haben jedoch auch gezeigt, dass Frauen, während sie schneller genesen, oft stärkere Symptome melden. Eine Untersuchung, die im "Journal of Psychosomatic Research" 2022 veröffentlicht wurde, zeigt, dass obwohl Männer infektionsbedingt stärker klagen, beide Geschlechter ihre Symptome ähnlich bewerten.


In einer weiteren Studie, die im British Medical Journal veröffentlicht wurde, wurden 30 Personen absichtlich mit E. coli infiziert. Beide Geschlechter zeigten ähnliche klinische Antworten, jedoch neigten Männer dazu, ihre Beschwerden etwas emotionaler auszudrücken.


Die Realität des "Man-Flu"


Es gibt durchaus Hinweise darauf, dass Männer, wenn sie von Atemwegserkrankungen betroffen sind, schwerere Symptome verspüren. Die Daten über COVID-19 zeigen, dass Männer oft schwerere Verläufe erleiden – jedes Coronavirus ist ein weiterer Beweis für diese Kluft.


Jedoch ist es äußerst ernüchternd zu erkennen, dass die kulturelle Wahrnehmung solcher Symptome Männer möglicherweise davon abhalten könnte, rechtzeitig medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein aus dem Journal of Psychosomatic Research zitierter Forscher warnte vor der "toxischen Männlichkeit", die dazu führen könnte, dass Männer sich zurückziehen und sich schämen, wenn sie krank sind.


Fazit: Wahr oder Mythos?


Zusammenfassend kann gesagt werden, dass eine Männergrippe, obschon es wissenschaftlich fundierte Erklärungen für die Unterschiede in der Immunabwehr zwischen Männern und Frauen gibt, auch tiefere gesellschaftliche Implikationen hat. Männer mögen tatsächlich schneller krank werden und könnten als Reaktion darauf klagen. Doch die kulturellen Klischees sollten hinterfragt werden, um zu verhindern, dass Männer leiden, ohne die erforderliche Hilfe zu suchen.


Nun verabschiede ich mich, denn ich brauche dringend ein wenig Ruhe, da ich wirklich krank bin – eine durch und durch anstrengende Analyse, die das vorstellbare Leiden verdeutlicht hat.