Stephan’s Quintet – ein chaotisches Tanzpaar im Universum
Stephan’s Quintet – so wird die Struktur bezeichnet, die aus fünf Galaxien besteht und sich nahe beieinander im Himmel befindet. Erstmals 1877 von dem französischen Astronomen Édouard Stephan sichtbar gemacht, trägt der Name eine ruhige Konnotation. Doch dieser Anschein täuscht – das Geschehen ist eher wie ein langsamer Autounfall.
Stephan’s Quintet kann als die kosmische Entsprechung von Glas- und Metallsplittern beschrieben werden, die nach einem Crash auf der Straße verstreut liegen. Die vier beteiligten Galaxien haben bereits Kollisionen erlebt. Ihre Materie wurde in einen Trümmerfeld geworfen – sie ziehen sich langsam wieder zusammen, was schließlich zur Verschmelzung in eine riesige Galaxie führen dürfte.
Die Relativität von "langsam" im Universum
„Langsam“ ist in diesem Kontext natürlich relativ – diese Galaxien rasen mit Millionen von Meilen pro Stunde durch den Raum. Doch auf kosmischer Ebene wird es trotzdem Millionen von Jahren dauern, bis sie tatsächlich verschmelzen können. Für den Menschen – dessen Wahrnehmung stark limitiert ist – scheint es, als würden wir einen Moment in Zeitlupe betrachten.
Eine interessante Anmerkung: Der Name „Quintett“, obwohl nur vier Galaxien kollidieren, mag verwirrend sein. Die scheinbar leichtere Galaxie im oberen linken Bildbereich ist tatsächlich mehr als 200 Millionen Lichtjahre näher zur Erde. Sie scheint nur empathisch im Bild zu sein. Der Beginn des 19. Jahrhunderts ließ Stephan keine andere Wahl.
Ein neuer Blick auf das kosmische Chaos
Ein leistungsstarkes neues Instrument hat nun weitere Details zu dieser Kollision aufgedeckt. Der Moment ist alles andere als ruhig – tatsächlich plowt eine der Galaxien gerade noch in die anderen hinein.
Die Entdeckung wurde mithilfe von WEAVE gemacht, einem neuen Spektrografen, der an das William Herschel Telescope in Spanien angeschlossen wurde. Daten von LOFAR, James Webb und der Very Large Array wurden ebenfalls zur Analyse herangezogen. Ein internationales Team von über 60 Astronomen untersuchte, wie das System durch den Aufprall geschockt wurde.
Die Hauptverursacherin der Kollision – NGC 7318b
Der aktuelle „Übeltäter“ ist NGC 7318b, der sich als der helle Punkt der beiden in der Mitte des Bildes befindet. Diese Galaxie rast von hinten in die Gruppe – aus unserer Perspektive auf der Erde bedeutet das, sie kommt direkt auf uns zu.
Die Berechnungen ergaben, dass NGC 7318b mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit von über 3,2 Millionen km/h (2 Millionen mph) unterwegs ist. Dies erzeugt eine massive Schockwelle in den benachbarten Galaxien. Die Schockfront hat eine doppelte Natur: Sie bewegt sich schnell und stark durch kaltes Gas und schwächer durch heiße Regionen. Unterschiedliche Signale entstehen und werden von mehreren Observatorien erfasst.
Die faszinierenden Ergebnisse der Forschung
„Wenn der Schock durch kalte Gasansammlungen zieht, erreicht er hypersonische Geschwindigkeiten – mehrere Male schneller als der Schall im intergalaktischen Medium von Stephan’s Quintet“, erklärte Dr. Marina Arnaudova, die leitende Forscherin der Studie. „Diese Auswirkung ist stark genug, um Elektronen von Atomen zu trennen – das hinterlässt eine leuchtende Spur geladenen Gases, sichtbar mit WEAVE.“ Interessanterweise führt der schwache Schock nicht zu erheblicher Zerstörung. Er komprimiert das heiße Gas und erzeugt Radiowellen, die von Radioteleskopen wie dem LOFAR aufgefangen werden.
Ein Blick in die Galaxien-Dynamik der Zukunft
Das Forschungsteam hofft, diese Arbeit wird Astronomen dabei helfen, die Dynamik von Galaxien zu verstehen – ihre Entstehung und Evolution über Milliarden von Jahren. Bemerkenswerterweise ist dies das allererste Experiment, das WEAVE durchgeführt hat – es könnte also eine lange, produktive Zukunft vor sich haben.
Die Erforschung solcher kosmischer Kollisionen gibt der Menschheit neue Einblicke in die unendlichen Weiten des Universums, die weit über das hinausgehen, was unser Verständnis bisher erfassen konnte.
Quelle: WEAVE First Light Observations: Origin and Dynamics of the Shock Front in Stephan’s Quintet , Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, Volume 535, Issue 3, December 2024, Pages 2269–2290, https://doi.org/10.1093/mnras/stae2235