Literatur- eure Lieblingsstellen

Dieses Thema im Forum "Literatur & Kunst" wurde erstellt von Tiller, 11. Dezember 2011 .

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  1. 11. Dezember 2011
    Ich würde mich freuen, wenn ihr euch die Mühe machen würdet, einige eurer liebsten Stellen aus euren Lieblingsbüchern mit mir zu teilen. Ich hoffe, ihr habt beim Lesen einer meine Favoriten genauso viel Spaß wie ich!
    Die folgende Seite stammt aus dem Buch "Unendlicher Spaß" von David Foster Wallace, S. 200 f:

    "Ich bin Maurer von Beruf. Am Tag des Unfalls, dem 27. März, arbeitete ich allein aud dem Dach eines sechsstöckigen Rohbaus. Als ich mit der Arbeit fertig war, stellte ich fest, dass ich etwa 900 kg. Ziegelsteine übrig hatte. Statt diese mühsam von Hand nach unten zu tragen, beschloss ich, sie mithilfe eines glücklicherweise am 6. Stock des Rohbaus seitlich befestigten Flaschenzugs in einer Tonne hinabzulassen. Ich befestigte das Seil am Boden, ging aufs Dach, schwang die Tonne hinaus und belud sie mit den Ziegeln. Dann ging ich wieder nach unten, knotete das Seil los und hielt es gut fest, um ein langsames Herablassen der 9oo kg. Ziegelsteine zu gewährleisten. Wie Sie Kästchen Nr. 11 des Unfallprotokollformulars entnehmen können, wiege ich 75 Kilo.

    Als ich jäh in die Höhe gerissen wurde, war ich so überrascht, dass ich die Geistesgegenwart verlor, und das Seil loszulassen vergaß. Es versteht sich von selbst, dass ich rasant an der Flanke des Gebäudes emporgezogen wurde. Auf halber Strecke, etwa in Höhe des 3. Stocks, kollidierte ich mit der herabsausenden Tonne. Hierher rühren der Schädelbruch sowie der Schlüsselbeinbruch.

    Nur wenig verlamgsamt, setzte ich meinen rasanten Aufstieg fort und kam erst zum Halten, als sich die Finger meiner rechten Hand zwei Knöchel tief zwischen Seil und Rolle des Flaschenzugs befanden. Glücklicherweise hatte ich inzwischen meine Geistesgegenwart zurückerlangt und konnte mich beträchtlichen Schmerzen zum Trotz am Seil festklammern. Ungefähr zur selben Zeit war allerdings die Tonne mit den Ziegelsteinen auf dem Boden aufgeschlagen und hatte durch die Wucht des Aufpralls die Bodenplatte verloren.

    Ohne die Last der Ziegel wog die Tonne jetzt schätzungsweise 30 Kilo. Ich weise Sie noch einmal auf mein in Kästchen Nr. 11 festgehaltenes Körpergewicht von 75 kg. hin. Wie Sie sich vorstellen können, begann ich, der ich mich nach wie vor am Seil festhielt, einen ziemlich rasanten Abstieg von der Seilrolle an der Hauswand hinab. Auf halber Strecke, etwa in Höhe des 3. Stocks, kollidierte ich mit der heraufsausenden Tonne. Hierher rühren die beiden Knöchelbrüche sowie die Fleischwunden an Beinen und Unterleib.

    Die Kollision mit der Tonne verlangsamte mich genug, um meinen Aufprall auf den ziegelsteinübersäten Boden abzumildern. Zu meinem Leidwesen muss ich indes festhalten, dass ich, unter beträchtlichen Schmerzen auf den Ziegeln liegend, außerstande aufzustehen oder mich zu bewegen, mit der leeren Tonne sechs Stockwerke über mir, meine Geistesgegenwart erneut verlor und das Seil fahren ließ, woraufhin die Tonne" - Ende der Aufzeichnung.
     
  2. 11. Dezember 2011
    AW: Literatur- eure Lieblingsstellen

    Thomas Mann - Enttäuschung.

    Egon Friedell - Kulturgeschichte der Neuzeit; S. 321.
     
  3. 12. Dezember 2011
    AW: Literatur- eure Lieblingsstellen

    Habe vor einigen Tagen einen Blog ins Leben gerufen, der hauptsächlich Zitate aus Büchern und sonstigen Texten beinhaltet, die ich gelesen habe oder momentan lese. Vorschau:


     
  4. 14. Dezember 2011
    AW: Literatur- eure Lieblingsstellen


    Egon Friedell - Kulturgeschichte der Neuzeit - Viertes Buch, "Romantik und Liberalismus - Vom Wiener Kongress bis zum deutsch-französischen Krieg"; Erstes Kapitel, "Die Tiefe der Leere" - S.941 - 952.
     
  5. 2. Februar 2012
    AW: Literatur- eure Lieblingsstellen

    Hier einer meiner Favoriten:
    Wilhelm Tell:

    "Vor dem Haus von Tell spielen seine Buben mit einer kleinen Armbrust und Tell repariert seine Pforte. Seine Frau Hedwig teilt ihm ihre Ängste mit, wenn er in die Berge zur Jagd geht. Tell beruhigt sie und erwidert, dass dies nicht gefährlich sei, für Leute die Gott vertrauen und in den Bergen geboren sind. Tell will nach Altdorf seinen Schwiegervater besuchen und sein Sohn Walther möchte mit. Seine Frau warnt ihn, er solle doch erst dorthin gehen, wenn der Landvogt abgereist wäre. Doch Tell hat keine Angst und nimmt seine Armbrust mit.
    3. Aufzug, 2. Szene
    In einer wilden Waldgegend jagen Bertha von Bruneck und Ulrich von Rudenz. Als sie von der Jagdgesellschaft getrennt und alleine sind, wirft Bertha Ulrich vor, dass er ein Sklave Österreich wäre und seine Heimat verraten hätte. Er könne ihre Liebe nur dann gewinnen, wenn er für Vaterland und die Freiheit kämpfen würde.
    3. Aufzug, 3. Szene
    Auf einer Wiese bei Altdorf ist der Hut von Landvogt Gessler auf einer Stange angebracht. Söldner überwachen, dass der Hut ehrerbietig gegrüsst wird. Nachdem Tell dem Hut keine Refernz erwiesen hat wird er verhaftet. Es kommt zu einem Tumult, als Landsleute Tell helfen wollen. Dann trifft der Landvogt mit grossem Gefolge ein. Dieser bestimmt, dass Tell zur Rettung beider Leben seinem Sohn einen Apfel aus einer Entfernung von 80 Schritte mit der Armbrust vom Kopf schießen soll. Tell bietet ihm sein Leben an, doch der Landvogt Gessler besteht auf den Schuss. Tell nimmt aus dem Köcher zwei Pfeile und schießt auf den Apfel. Der Apfel wird vom Pfeil getroffen und der Junge ist unverletzt. Dann fragt Gessler warum Tell zwei Pfeile aus dem Köcher genommen hätte. Dieser antwortet ihm, falls er den Jungen getroffen hätte, wäre der nächste Pfeil für ihn bestimmt gewesen. Daraufhin wird Tell verhaftet und er soll nach Küßnacht überführt werden."

    Enjoy
     
  6. 2. Februar 2012
    AW: Literatur- eure Lieblingsstellen

    Also eine Lieblingsstelle gibt es in dem Buch net...es ist einfach das ganze Buch.
    Goethe's Faust ist einfach genial und meine "Lieblingsstelle".

    Nicht umsonst stammen ganz viele Zitate aus diesem Buch, wie z.B: "Die Botschaft hört ich wohl, allein mir fehlt der Glaube!"
    oder
    Spoiler
    Habe nun, ach! Philosophie,
    Juristerei und Medizin,
    Und leider auch Theologie
    Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.
    Da steh ich nun, ich armer Tor!
    Und bin so klug als wie zuvor;
    Heiße Magister, heiße Doktor gar
    Und ziehe schon an die zehen Jahr
    Herauf, herab und quer und krumm
    Meine Schüler an der Nase herum-
    Und sehe, daß wir nichts wissen können!
    Das will mir schier das Herz verbrennen.
    Zwar bin ich gescheiter als all die Laffen,
    Doktoren, Magister, Schreiber und Pfaffen;
    Mich plagen keine Skrupel noch Zweifel,
    Fürchte mich weder vor Hölle noch Teufel-
    Dafür ist mir auch alle Freud entrissen,
    Bilde mir nicht ein, was Rechts zu wissen,
    Bilde mir nicht ein, ich könnte was lehren,
    Die Menschen zu bessern und zu bekehren.
    Auch hab ich weder Gut noch Geld,
    Noch Ehr und Herrlichkeit der Welt;
    Es möchte kein Hund so länger leben!
    Drum hab ich mich der Magie ergeben,
    Ob mir durch Geistes Kraft und Mund
    Nicht manch Geheimnis würde kund;
    Daß ich nicht mehr mit saurem Schweiß
    Zu sagen brauche, was ich nicht weiß;
    Daß ich erkenne, was die Welt
    Im Innersten zusammenhält,
    Schau alle Wirkenskraft und Samen,
    Und tu nicht mehr in Worten kramen.
    O sähst du, voller Mondenschein,
    Zum letzenmal auf meine Pein,
    Den ich so manche Mitternacht
    An diesem Pult herangewacht:
    Dann über Büchern und Papier,
    Trübsel'ger Freund, erschienst du mir!
    Ach! könnt ich doch auf Bergeshöhn
    In deinem lieben Lichte gehn,
    Um Bergeshöhle mit Geistern schweben,
    Auf Wiesen in deinem Dämmer weben,
    Von allem Wissensqualm entladen,
    In deinem Tau gesund mich baden!
    Weh! steck ich in dem Kerker noch?
    Verfluchtes dumpfes Mauerloch,
    Wo selbst das liebe Himmelslicht
    Trüb durch gemalte Scheiben bricht!
    Beschränkt mit diesem Bücherhauf,
    den Würme nagen, Staub bedeckt,
    Den bis ans hohe Gewölb hinauf
    Ein angeraucht Papier umsteckt;
    Mit Gläsern, Büchsen rings umstellt,
    Mit Instrumenten vollgepfropft,
    Urväter Hausrat drein gestopft-
    Das ist deine Welt! das heißt eine Welt!
    Und fragst du noch, warum dein Herz
    Sich bang in deinem Busen klemmt?
    Warum ein unerklärter Schmerz
    Dir alle Lebensregung hemmt?
    Statt der lebendigen Natur,
    Da Gott die Menschen schuf hinein,
    Umgibt in Rauch und Moder nur
    Dich Tiergeripp und Totenbein.
    Flieh! auf! hinaus ins weite Land!
    greetz
     
  7. 3. Februar 2012
    AW: Literatur- eure Lieblingsstellen

    Die Eleganz des Igels von Muriel Barbery.

    Dieses Buch gehört nicht unbedingt zu meinen Favouriten,aber es ist durchaus lesenwert.Es ist eine rührende Geschichte mit viel Moral.Die Autorin spricht ungeniert,charmant und mit viel Witz über die "gehobene" Gesellschaft und stellt diese ins Lächerliche.Nebenbei zieht sie den Außenseiter,die hässliche,aber sehr gebildete Concierge des Hauses aus ihrer Kammer und schenkt ihr förmlich ein neues Leben. Der Konflikt zwischen Arm und Reich lässt das Buch sehr authentisch wirken.

    Die folgende Texstelle gefällt mir sehr, weil sie wahr ist. Das lass ich mal so stehen,denn es gibt oft Momente im Leben,in denen man einfach vor sich hinlebt.

    "[...] Man darf das alles also auf keinen Fall vergessen.Wir müssen mit der Gewißheit leben,daß wir alt werden und das nicht schön,nicht angenehm und nicht lustig sein wird.Und uns sagen,daß das Jetzt wichtig ist:jetzt etwas aufbauen,um jeden Preis,mit aller Kraft.Immer das Altenheim vor Augen haben,um jeden Tag über sich selbst hinauszuwachsen,um jeden Tag unvergänglich zu machen.Schritt für Schritt seinen eigenen Everest erklimmen und es so tun,daß jeder Schritt ein bißchen Ewigkeit ist.
    Dazu nämlich dient die Zukunft:die Gegenwart aufzubauen,mit echten Vorsätzen,als Lebende."
     
  8. 14. Februar 2012
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 13. April 2017
    AW: Literatur- eure Lieblingsstellen

    sind textpassagen aus dem steppenwolf

     
  9. 22. Februar 2012
    AW: Literatur- eure Lieblingsstellen

    Frank Schätzing - Der Schwarm

    Spannendes Buch, das sehr informativ und lehrreich ist. An manchen Stellen allerdings zäh zu lesen, unteranderem bedingt durch eine kleine Schriftgröße und detaillierten Beschreibungen biologischer Vorgänge.

    " Forschungen zufolge ist der Mensch ab einer gewissen Sub-bzw. Metastufe nicht mehr in der Lage, Intelligenz als solche zu erkennen. Als Intelligenz begreift er nur, was im Rahmen seines Verhaltens liegt. Jenseits dieses Rahmens, im Mikroskosmos etwa, würde er sie schlicht übersehen. Ebenso wird er in einer höheren Intelligenz, einem weit überlegenem Geist, bloßes Chaos erblicken, weil er dessen komplexe Sinnschlüsse nicht zu entwirren vermag. Entscheidungen einer solchen Intelligenz blieben ihm unverständlich, da ihr Parameter zugrunde liegen, die seine intellektuelle Verarbeitungskapazität übersteigen. Auch ein Hund sieht in einem Menschen nur die Macht, der er sich unterordnet, nicht den Geist. Menschliches Verhalten mutet ihm sinnlos an, weil wir auf Grundlage von Überlegungen handeln, die seine Wahrnehmung überfordern. Wiederum werden wir Gott, falls es ihn gibt, nicht als Intelligenz wahrnehmen können, weil sein Denken auf einer Gesamtheit von Überlegungen fußen dürfte, deren Komplexität sich uns bei weitem entzieht. Als Folge ist Gott chaotisch in unseren Augen und mithin kaum der Richtige, um die ortsansässige Fußballmannschaft gewinnen zu lassen oder Kriege zu vereiteln. Ein solches Wesen läge jenseits der äußerstmöglichen Grenze menschlicher Verständnisfähigkeit. Woraus sich zwingend die Frage ableitet, ob das Metawesen Gott seinerseits überhaupt in der Lage ist, uns auf unserer Substufe als Intelligenz wahrzunehmen. Vielleicht sind wir ja nur ein Experiment in einer Petrischale..."


    Eine interessante Überlegung, mit der man sich mal auseinandersetzen sollte...
     
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