Die Herausforderung der Fossilfunde
Fossilien von Haien bestehen überwiegend aus Zähnen. Das liegt daran, dass die Skelette aus Knorpel bestehen – ein Material, das nicht gut fossilisiert. So bleibt uns oft nur die Analyse dieser Zähne. Die dreieckigen, gezahnten Zähne des Megalodon ähneln denen des heutigen Weißen Hais, jedoch in einer deutlich größeren Dimension. Lange Zeit war es deshalb die gängige Annahme, dass diese beiden Arten eng verwandt seien und einem ähnlichen Erscheinungsbild folgten. Diese Hypothese wurde jedoch im Jahr 2022 in Frage gestellt und dürfte nun erneut auf den Prüfstand kommen.
Die Studie von Prof. Kenshu Shimada
Der neue Ansatz wurde unternommen von Prof. Kenshu Shimada von der DePaul Universität in Chicago. Die Grundlage war eine seltene, fossilierte Wirbelsäule des Megalodon, die vor drei Jahren in Belgien entdeckt wurde. Diese Wirbelsäule, auch „Rumpf“ genannt, ist nahezu vollständig und misst etwa 11 m. Allerdings fehlen Kopf und Schwanz – das stellt eine Herausforderung dar.
Um die gesamte Körperlänge des Hais zu schätzen, arbeitete Shimada mit Kollegen aus Australien, Österreich, Brasilien, Frankreich, Italien, Japan, Mexiko, dem Vereinigten Königreich und den USA zusammen. Sie sammelten Daten zu Kopf-, Rumpf- und Schwanzmessungen von 145 heute lebenden Haiarten und 20 ausgestorbenen Arten.
Körperlängen und Schätzungen
Auf Grundlage der Durchschnittsproportionen dieser Körperteile relative zueinander wurde ermittelt, dass der belgische Megalodon einen 1,8 m langen Kopf und einen 3,6 m langen Schwanz hatte. Dies ergibt eine Gesamtkörperlänge von 16,4 m. Diese Schätzung korreliert stark mit vorhergehenden Schätzungen.
Doch das ist noch nicht alles. Die größte Wirbel eines belgischen Hais hat einen Durchmesser von 15,5 cm . Im Vergleich dazu misst ein fossilierter Wirbel des Megalodon, der in Dänemark gefunden wurde, 23 cm. Dies deutet darauf hin, dass der tatsächliche Körper eine schwindelerregende Länge von 24,3 m erreicht hat – gewaltig, oder? Mit einem geschätzten Gewicht von etwa 94 Tonnen (85 Tonnen) bewegt sich der Megalodon in einer ganz anderen Liga.
Ein Vergleich mit heutigen Haien
Shimadas Team bemerkte, dass existierende große Haie – wie der Walhai und der Baskhaie – relativ schlanke Körper haben, die es ihnen ermöglichen, ihre enorme Masse mit wenig Energie durch das Wasser zu bewegen. Im Gegensatz dazu ist der große, aber nicht gigantische Weiße Hai eher stämmig. Dies bringt die Forscher zu der Überzeugung, dass der Megalodon in seiner Erscheinung dem heutigen Zitronenhai ähnlicher gewesen sein könnte.
Zukünftige Forschungen und Schlussfolgerungen
Die Meinung über die Form und das Aussehen des Megalodon ist noch nicht endgültig. Viele Interpretationen sind vorläufig. „Unsere Daten sind jedoch gut fundiert und werden als vernünftige Bezugspunkte für zukünftige Studien zur Biologie von O. megalodon dienen,“ erklärt Shimada.
Ein wissenschaftlicher Artikel zu dieser Forschung wurde in der Fachzeitschrift Palaeontologia Electronica veröffentlicht.
Die Faszination für diesen Koloss der Urzeit bleibt ungebrochen. Menschen würden sich noch immer wünschen, einem Megalodon in einem dunklen Gang zu begegnen – oder etwa doch nicht?
Quelle: DePaul University