Neuartige Behandlung von chronischen Bauchschmerzen mit dem Gehirnhormon Oxytocin

Ein Peptidhormon, das im Gehirn produziert wird, könnte eine vielversprechende Lösung für chronische Bauchschmerzen bieten. Wissenschaftler sprechen von einem vollständig neuen Ansatz – der Entwicklung sicherer, effektiver und nicht-invasiver Medikamente zur Linderung von Schmerzen im Magen-Darm-Trakt. Die Rolle des Hormons Oxytocin wird in diesem Kontext immer relevanter.

Neuartige Behandlung von chronischen Bauchschmerzen mit dem Gehirnhormon Oxytocin

20. November 2024 von   Kategorie: Wissenschaft
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Die Herausforderungen bei der Verwendung von Peptiden als Medikamente


Wissenschaftler der University of Queensland (UQ) haben umfangreiche Forschung zu Oxytocin angestellt. Sie haben die chemische Struktur verändert, um eine Behandlung zu entwickeln, die nicht schnell von Enzymen im Verdauungstrakt abgebaut wird. Dies ist entscheidend, da oral verabreichte Peptide oft mit Hürden konfrontiert sind. Es gibt zwei Hauptprobleme: Instabilität gegen Verdauungsenzyme und die Größeneinschränkung, um die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden.

Markus Muttenthaler, ein assoziierter Professor am Institute for Molecular Bioscience, äußert sich zu den Schwierigkeiten: „Wir haben einen Aspekt angegangen und einen gezielten Ansatz im Darm verfolgt – unsere Methode reduziert die Wahrscheinlichkeit unerwünschter systemischer Nebenwirkungen.“

Gewinnung von Schmerzmitteln ohne unerwünschte Effekte


Die Behandlung von Schmerz kann jetzt durch ein einfaches Medikament effektiv angegangen werden. Dies verringert die Notwendigkeit für Injektionen und umgeht die negativen Folgen der gegenwärtigen Schmerzmedikamente wie Opioide. Diese wiederum können zu Verstopfung, Sucht und sogar zum sogenannten narcotic bowel syndrome führen. Die Behandlung chronischer Schmerzen, etwa bei Reizdarmsyndrom (IBS) oder entzündlichen Darmerkrankungen (IBD), gestaltet sich oftmals schwierig und ist nicht ohne Nebenwirkungen.

„Opioide dominieren immer noch den Schmerzmittelmarkt“, sagt Muttenthaler. „Bauchschmerzen sind weit verbreitet, aber der Markt bleibt im Vergleich zu anderen Schmerzbedingungen relativ klein. Die Unternehmen konzentrieren sich lieber auf zentral wirkende Schmerzmittel, die für viele unterschiedliche Schmerzen anwendbar sind.“

Oxytocin in der Schmerztherapie: Ein unerforschter Ansatz


Die Rolle von Oxytocin war bereits zuvor fokussiert worden, doch die Herausforderung lag darin, das Molekül ausreichend stabil zu machen. Nach einem Jahr intensiver Forschung hatte das Team verschiedene Analogien entwickelt. Diese neuen Moleküle sind potenter, schützen jedoch gleichzeitig die Struktur des Hormons.

„Wir haben die Teile von Oxytocin identifiziert, die schnell durch Enzyme abgebaut werden, und mithilfe der medizinischen Chemie stabilisiert“, berichtet Muttenthaler. Die Ergebnisse zeigen, dass dieses neues Molekül in der Lage ist, die Schmerzsignale im Darm zu blockieren.

Sicherheit und Wirksamkeit im Fokus


Die stabilen Oxytocin-ähnlichen Verbindungen erreichen erfolgreich das Zielrezeptor im Darm. Ein klinischer Test könnte somit in naher Zukunft anstehen. Muttenthaler erklärt, dass die neue Behandlungsstrategie die Risiken von Nebenwirkungen in anderen Körperbereichen stark reduziert und somit sicherer ist.

Die Forscher haben bereits den Weg für präklinische Studien geebnet und suchen nach Investoren, um die Forschung zu beschleunigen. „Sollten wir die nötige Finanzierung erhalten, könnte der Wirkstoff in drei Jahren in der Phase I der klinischen Prüfung sein“, fügt er hinzu.

Zukunftsaussichten in der Medikamentenentwicklung


Die Wissenschaftler konzentrieren sich darauf, auch neue Therapieansätze zur Behandlung von IBS, IBD, Schmerzen, Diabetes und Essstörungen zu finden. Die damaligen Herausforderungen scheinen überwunden; ein neuer Weg in der Peptidforschung ist eingeschlagen worden.

„Wir haben nun die Expertise und die erforderlichen Verfahren, um zahlreiche andere Peptid-Wirkstoffe zu erkunden“, schließt Muttenthaler. Eine vielversprechende Zukunft für die Behandlung von gastrointestinalen Erkrankungen zeichnet sich ab.


Quelle: T. Kremsmayr, G. Schober, M. Kaltenböck, B. L. Hoare, S. M. Brierley, M. Muttenthaler, Angew. Chem. Int. Ed. 2024, e202415333. https://doi.org/10.1002/anie.202415333