"Speed Sisters" - Rasen für die Gleichberechtigung

Der_Skill0r · 5. September 2010

Acht junge Rennfahrerinnen haben sich im Westjordanland zu den "Speed Sisters" zusammengeschlossen. Sie schneiden bei den Rennen oft besser ab als die Männer. Ihr Training absolvieren sie in Sichtweite eines israelischen Checkpoints, größtes Problem sind die Ersatzteile.

Von Andreas Baum, ARD-Hörfunkstudio Tel Aviv

"Ok, das ist ein Beamer, ein BMW, ein 320i, mit einem Dreilitermotor, der hat ziemlich Power, echt ein verrücktes Auto. Ich wollte es immer mal umbauen, auf Handschaltung statt Automatik - aber alle sagen: Tu das nicht! So wie du fährst, wird er dich umbringen." Nur Dahud ist 21 jahre alt und eine der "Speed Sisters" von Ramallah.

Acht Frauen im Alter von 18 bis 37 Jahren haben sich zu diesem Rennfahrerinnenverband zusammengeschlossen. Ihr Trainingsgelände ist ein Parkplatz, direkt neben einem israelischen Checkpoint. Für Palästinenser aus der Westbank ohne Sondergenehmigung ist hier die Welt zu Ende. Die israelischen Soldaten lieben die Trainingseinheiten der "Speed Sisters", weil sie ihren öden Dienst verkürzen - und applaudieren manchmal von ihrem Wachturm aus.
Größtes Problem sind die Ersatzteile

Eines der wichtigsten Fahrmanöver, das hier trainiert wird, ist der so genannte Doughnut: Nur beschleunigt den BMW auf knapp 100 Sachen, geht dann in die Kurve und zieht die Handbremse - der Wagen schleudert um die eigene Achse. Die Reifenspuren auf dem grauen Asphalt sehen wie ein Doughnut aus. Das kostet - vor allem Gummi.

Das größte Problem der "Speed Sisters" im Westjordanland ist deshalb der Nachschub: "Jedes Mal wenn du richtig schleuderst, brauchst du danach neue Reifen", klagt Nur. "Alle Teile müssten entweder aus Deutschland, den USA oder aus Jordanien hergebracht werden. "Und die Israelis erlauben nicht immer automatisch, dass die Teile für uns Palästinenser eingeführt werden dürfen. Wegen der vielen Checkpoints gibt es außerdem wenige Strecken, auf denen trainiert werden kann."

Nur hat allerdings als arabische Bewohnerin Ostjerusalems das Privileg, ins israelische Kernland fahren zu dürfen. Einmal habe sie die israelische Polizei ins Gefängnis stecken wollen: "Ich bin auf der Autobahn in Tel Aviv mit mehr als 190 Kilometern pro Stunde gefahren. Als ich dem Polizisten dann meine Renn-Karte gezeigt habe, hat er mich gehen lassen. 'Ok' hat er gesagt, 'aber - trainier bitte nicht hier'."
"Seit ich ein kleines Mädchen bin, fahre ich"

Die jüngste der Fahrerinnen ist die 18 Jahre alte Marah Sahalka. Sie stammt aus Jenin, einer Stadt im Norden des Westjordanlandes. Um nach Ramallah zu fahren, muss sie obwohl es nur 63 Kilometer sind, mehrere Stunden einrechnen - wegen der Checkpoints. "Ich liebe Autos. Seit ich ein kleines Mädchen bin, fahre ich. Meine Mutter ist Fahrlehrerin, sie unterstützt das." Eines Tages sei sie von einem der Organisatoren der Rennen entdeckt worden. "Der sagte zu mir: 'Mach doch einfach mit bei einer Rallye.'"

Marah wartet auf die Einfuhrerlaubnis eines Golf GTI aus Deutschland - bezahlt von einem Sponsor, einem Unternehmer aus dem Westjordanland. Bis der Wagen kommt fährt sie ihre Rennen mit dem Golf, in dem ihre Mutter in Jenin Fahrschüler ausbildet. Diese betont: "Marah ist für diesen Sport geboren. Ich hab sie immer unterstützt, sogar bevor ihr Vater das getan hat. Sie fährt, seit sie zehn Jahre alt ist."

Insbesondere im konservativen Jenin hat mancher es am Anfang nicht gern gesehen, dass Mädchen professionell Autorennen fahren - mit engem Rennanzug und Helm. Aber mit Marahs ersten Siegen hat das aufgehört: Heute, so sagt sie, werde sie unterstützt. Ihr großer Traum ist die Formel Eins - als Mitglied im Racing Team Palästina.

Eine andere "Speed Sister", die 29-jährige Betty Sa'adi, klagt: "Meine Fingernägel brechen ab, wenn ich Rennen fahre." Vor dem letzten Speed-Test habe sie ihre Nägel machen lassen, zwei seien abgebrochen. "Besser Nägel gebrochen, als was anderes, hat meine Mutter gesagt." Ihr Vater besitzt in Bethlehem ein Einkaufszentrum - und ist ihr wichtigster Sponsor.
"Die finden, ohne Mädchen ist das Rennen langweilig"

30.000 Dollar hat ihr Wagen gekostet - weshalb der Vater etwas beleidigt war, als Betty nur den zweiten Rang belegte beim letzten Speed Test. Dabei musste ein Parcours mit Hindernissen abgefahren werden. Eine Minute und 15 Sekunden benötigte Betty, fünf Sekunden mehr als der Sieger, ein junger Mann aus Ramallah. "Wenn wir gut sind, besser als die Jungs, dann werden einige von denen neidisch, insbesondere die, die wir schlagen. Aber die anderen wollen uns dabei haben. Die finden, ohne Mädchen ist das Rennen langweilig."

Noch ruht das öffentliche Leben im Westjordanland zum größten Teil - wegen des Fastenmonats Ramadan. Aber der nächste Speed-Test ist schon festgelegt, im November, dann wieder in Ramallah. Betty fiebert schon darauf hin: "In diesem Test musst du dein Hirn benutzen, dich an den Parcours erinnern. Du brauchst Verstand, deine Hände, deine Füße - alles. Du musst dich konzentrieren, nur eine Minute lang."

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Quelle: Tagesschau.de

Zum Text: Ich war durchaus erstaunt, dass ich Nachrichten gelesen habe, die Palästinenser bei anderen Tätigkeiten zeigen, als Raketen in Siedlungen zu ballern. Und dann noch ein Thema, was auch dort duchaus für Kontroversen sorgen kann. Für mich ganz klar ein schritt weg vom Schubladendenken.

Und ich hoffe (wahrscheinlich vergeblich) dass dieser Thread zu einem Israel vs. Palästinenserthread verkommt. Mir geht es mehrheitlich um die Berichterstattung.

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The Choffeur · 5. September 2010

AW: "Speed Sisters" - Rasen für die Gleichberechtigung

hab neulich von den beiden was im tv gesehen. die waren mir irgendwie sympathisch.
außerdem wird einem dann auch vor augen geführt das auch palästinenser nur ganz normale menschen sind. die einen mehr "menschlich" als die anderen....

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