Supernature-Abmahnung: Keine Entwarnung für Forenbetreiber

Dieses Thema im Forum "Netzwelt" wurde erstellt von zwa3hnn, 20. Januar 2007 .

  1. 20. Januar 2007
    Das Urteil steht noch aus, die heutige Verhandlung scheint auf einen eindeutigen Sieg Supernatures hinzuweisen, die Stimmung ist dennoch gedrückt. Die eindeutige Stellungnahme, dass Forenbetreiber erst ab Kenntnisnahme für Inhalte Dritter haften, blieb aus. Rechtsanwalt Bahr zeigte sich im Gespräch mit gulli mehr als unzufrieden, aber mitnichten hoffnungslos.

    Die eindeutige Feststellung einer Haftung erst ab Kenntnisnahme war das erklärte Ziel der Gegenfeststellungsklage, die vom Supernature-Boardbetreiber Martin Geuß angestrengt wurde, nachdem eine Abmahnung gegen Geuß zuerst eingereicht, später jedoch zurückgenommen wurde. Die Gegenfeststellungsklage sollte sicherstellen, dass auch in Zukunft ein Forenbetreiber nur dann für Inhalte haftet, nachdem er von diesen Kenntnis hat. Die abmahnende Partei war zur Zurücknahme der Abmahnung bereit, behielt sich jedoch vor, im Wiederholungsfall erneut abzumahnen - unabhängig vom Kenntnisstand der Betreiber.

    Dem kurzen Abriss der Ereignisse vor Gericht zufolge ging die Schlacht verloren, obgleich der Fall an sich gewonnen wurde:

    "Es ging uns in dieser Sache hauptsächlich um die Sicherstellung, dass der Betreiber eines Forums erst mit Kenntnisnahme für dort eingestellte Beiträge haftet, und dass die Abmahnung allein aus diesem Grund keine Grundlage hat.
    Dieser Punkt hat das Gericht aber überhaupt nicht interessiert, stattdessen ging es direkt nur um den Inhalt der entsprechenden Beiträge. Von den sieben Äußerungen, die in der Abmahnung angeführt wurden, sah das Gericht sechs als von der freien Meinungsäußerungen gedeckt und nur eine als rechtsverletzend an. Auf Basis dieser einen Äußerung hätte ich im Rahmen eines Vergleichs eine Unterlassungserklärung abgeben sollen, was ich abgelehnt habe - mit dem Verweis darauf, dass dies eine Vorabkontrolle aller eingestellten Beiträge zur Folge hätte, die ich nicht leisten kann - und die nach meinem Verständnis vom Gesetz ja auch nicht vorgesehen ist.
    "

    Dadurch hilft es wenig, dass sechs von sieben angefochtenen Abmahngründen vom Gericht tatsächlich nicht anerkannt wurden und von der Freiheit der Meinungsäußerung gedeckt sind. Ironischerweise könnte es sich sogar für kontraproduktiv für die klagende Partei erweisen, dass ihr weitgehend Recht gegeben wurde. Wie Rechtsanwalt Martin Bahr gegenüber gulli.com erklärte, könnte der weitgehende Sieg - Geuss gewann sechs von sieben strittigen Punkten - dazu führen, dass die Berufungssumme nicht mehr erreicht wird. Der konkrete Fall könnte damit nicht mehr vor die nächste Instanz gebracht werden.

    Damit wäre - zumindest in Hamburg - die Lage für Board- und Blogbetreiber in der Tat ernst, wenngleich nicht hoffnungslos. Die Richter ließen wenig Zweifel daran, dass ihrer Ansicht nach der Betreiber vollständig hafte - ohne Kenntnisnahme, für alle Inhalte. Wer nicht in der Lage sei, diese komplett und in Echtzeit zu überprüfen, könne eben kein Board betreiben. Eine Ansicht, der die meisten deutschen Gerichte bisher noch nie in dieser Drastik gefolgt sind und vermutlich auch nicht folgen werden. In Hamburg wird man indessen davon ausgehen können, dass die Richter ihre jetzige Auffassung auch in Zukunft beibehalten.

    Noch ist der Untergang des Abendlandes jedoch nicht gekommen. In der Tat drohen nun zwar weitere Abmahnungen, aber spätestens, wenn eine in den Instanzenweg geht, dürfte auch das LG Hamburg darauf hingewiesen werden, dass seine Auffassung an deutschen Gerichten nicht unbedingt überall geteilt wird.


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