US-Depeschen zum Vatikan

Soulrunner · 11. Dezember 2010

Verwirrende Botschaften aus dem Herzen der Kurie

Verwundert berichten US-Diplomaten aus dem Zentrum der Katholischen Kirche: Im Vatikan haben betagte Italiener das Sagen, die nichts von der Welt verstehen. Die Sprache der Geistlichen ist Außenstehenden ein Rätsel - selbst mit größter Mühe lässt sich der klerikale Kauderwelsch kaum entschlüsseln.

Einen Monat, nachdem der Deutsche Joseph Ratzinger am 18. April 2005 in der Sixtinischen Kapelle zum Papst gewählt worden war, kabelte die Vatikan-Botschaft den USA eine erste Prognose ans State Departement in Washington, was Amerika und die Welt von dem neuen Oberhaupt der katholischen Kirche zu erwarten habe.

Es sei "undenkbar", so die amerikanischen Vatikan-Beobachter vor Ort, dass Benedikt XVI. als einer der engsten Mitarbeiter seines Vorgängers Johannes Paul II. dessen strenge Linie in ethischen Fragen wie Abtreibung, Euthanasie, Empfängnisverhütung, Klonen oder Homosexualität verlassen werde.

Politische Erfahrungen, so das Resümee der Botschaft, habe der Neue nicht, und er könne sich aufgrund seines Alters auch nicht den Luxus leisten, sich diese Erfahrungen in Ruhe anzueignen. Über Mangel an Arbeit können sich die amerikanischen Vatikan-Diplomaten trotzdem nicht beklagen. Insgesamt 729 Berichte haben sie in den vergangenen zehn Jahren ans State Department geschickt.

Manchmal bemühen sie sich einfach nur, dem State Department zu erklären, wie der Vatikan funktioniert - Berichte aus einer merkwürdigen Welt sind das. Die Kirche sei "hochgradig hierarchisch", so eine Depesche aus dem vergangenen Jahr, und doch chaotisch. Meistens "wissen nur eine Handvoll von Experten von anstehenden Entscheidungen". Und die würden ihrem Chef dann in der Regel einfach zustimmen. Kaum jemand traue sich, den Papst zu kritisieren oder ihm schlechte Nachrichten zu überbringen. Unabhängige Berater seien selten.

Der innerste Kreis des Vatikans bestehe fast ausschließlich aus Italienern, um die 70 Jahre alt. "Sie verstehen moderne Medien und Informationstechnik nicht", amüsieren sich die Amerikaner, die meisten "haben keine offizielle E-Mail-Adresse". Nicht einmal der Kardinalsstaatssekretär des Vatikans - eine Art Ministerpräsident - spreche Englisch, nebenbei sei er ein "Ja-Sager".

Die Kommunikation der Papst-Getreuen untereinander laufe "in einer codierten Sprache, die niemand außerhalb ihres Zirkels dechiffrieren kann". Der Botschafter Israels etwa, so spotten die US-Diplomaten, habe jüngst eine Mitteilung des Vatikans empfangen, die irgendetwas Positives für sein Land enthalten sollte: Aber der Text war derart verquast, dass der Israeli "die positive Nachricht nicht erkennen konnte, obwohl er wusste, dass sie da irgendwo sein musste."

Interessiert zeigt sich Washington auch an der Politik der päpstlichen Kurie gegenüber jenen asiatischen Staaten, mit denen die Kirche im Clinch liegt, wie Nordkorea, Burma, Vietnam und vor allem China. In einem Kabel vom 7. Dezember 2009 ("secret") referiert die Botschaft ausführlich über die Aktivitäten der dem Vatikan unterstehenden katholischen Hilfsorganisation Caritas Internationalis in den "unfreundlichen" Ländern China, Nordkorea und Burma.

Die stille Arbeit der Katholiken in China und Nordkorea

Die Regimes dieser Staaten tolerierten die Arbeit der Caritas zumindest zeitweise, weil sie Hilfe brauchen. Selbst in Nordkorea leiste Caritas Internationalis im Stillen gute Arbeit. Dort unterhalten die Katholiken sogar zwei vom Vatikan finanzierte Krankenhäuser.

Dem Verhältnis des Vatikan zu China widmet die Botschaft eine ganze Serie von Berichten. Die Beziehung sei heikel, weil in der Volksrepublik zwei katholische Kirchen miteinander konkurrieren: die vom kommunistischen Regime gestützte "patriotische" Kirche und eine romtreue Untergrundkirche, die nach Jahren der Verfolgung von Peking inzwischen geduldet wird.

Caritas Internationalis, so ein hoher Funktionär der Organisation, arbeite mit beiden Kirchen zusammen. Die chinesische Regierung wisse das zwar, aber die Behörden "schauen weg", wenn die Caritasleute mit den Untergrund-Christen kooperieren. Dank ihrer guten Drähte zu den Prälaten des Heiligen Stuhls konnte die US-Botschaft ihre Zentrale in Washington schon frühzeitig und detailliert über einen drohenden Eklat um die Chefanklägerin beim Haager Kriegsverbrecher-Tribunal, die Schweizerin Carla del Ponte, informieren.

Im August 2005 wurde del Ponte im Vatikan mit der Forderung vorstellig, die Kurie solle bei der Ergreifung des kroatischen Ex-Generals Ante Gotovina helfen, der vom Haager Tribunal als Kriegsverbrecher gesucht wurde. Gotovina, so del Ponte, verstecke sich in einem Franziskaner-Kloster in Kroatien. Und die Kirche schütze ihn.

Del Pontes "schlechter Eindruck" im Vatikan

Der General soll für Verbrechen an serbischen Zivilisten im Bürgerkrieg 1995 verantwortlich sein. Daheim gilt der Mann bis heute als Volksheld.

Doch der Außenminister des Vatikans, Erzbischof Giovanni Lajolo, ließ del Ponte abblitzen. Die Kurie, so die Juristin empört, "weigert sich völlig, mit uns zusammenzuarbeiten". Auf einen Brief an Papst Benedikt XVI. habe sie gar keine Antwort bekommen. Bereits am 22. August hatte der Chef der vatikanischen Balkan-Abteilung sich bei der Botschaft über das "undiplomatische Benehmen" del Pontes beklagt. Die Dame, kabelten die Diplomaten prompt nach Hause, habe auf den Vatikan einen "schlechten Eindruck" gemacht.

Die Kurialen begründeten die Weigerung, sich an der Fahndung nach Gotovina zu beteiligen, mit dem Hinweis, dass der Mann mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht in einem Kloster der Franziskaner versteckt werde.

Allerdings räumte der geistliche Informant der Amerikaner ein, es gebe Spannungen mit den Franziskaner-Mönchen. Aber die Ordensleute genössen höchste Anerkennung für ihre heroische Haltung während der Christenverfolgung unter den Kommunisten.

Del Ponte, so der Prälat weiter, sei sehr aggressiv gewesen, als sie eine Audienz beim Papst gefordert habe. Die Anklägerin war über die Verweigerung des Meetings offenbar noch Jahre später erbost. In ihren 2008 erschienenen Memoiren schildert sie die Antwort von Bischof Lajolo auf ihre Bitte: "Kommen Sie doch auf den Petersplatz", habe der Außenminister des Heiligen Stuhls kühl erklärt. Dort hält das Oberhaupt der katholischen Kirche immer mittwochs eine Generalaudienz ab. Vor Zehntausenden von Besuchern.

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Quelle: Spiegel.de

Das es sich bei der Kirche um einen Weltfremden Haufen handelt ist ja bereits seit langem klar, aber Kriegsverbrechner in kirchlich finanzierten Klostern zu verstecken ist eine neue Dimension.

Die Wikileaks Dokumente scheinen wohl nicht nur was Deutschland angeht voll ins schwarze zu treffen

Was sagt ihr zum Vatikan? Der höchsten moralischen Instanz der Katholiken....

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zvei · 11. Dezember 2010

AW: US-Depeschen zum Vatikan

Haha, naja, alt sind sie aber, cool

Ich halte generell nicht viel von Religionen. Das einzig Sinnvolle an den religiösen Einrichtungen sind deren Hilfsorganisationen. Den Rest braucht einfach kein Mensch.

johnny mnemonic · 12. Dezember 2010

AW: US-Depeschen zum Vatikan

dass sie verbrechern zur flucht geholfen haben ist schon lange bekannt, siehe zb.

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