Allgemeine Fragen zum Kleinstgewerbe

Dieses Thema im Forum "Schule, Studium, Ausbildung" wurde erstellt von Padreic, 1. Oktober 2007 .

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  1. 1. Oktober 2007
    Hallo!

    Ich habe vor mir etwas Geld nebenher zu verdienen, via diverser Internetangebote.

    Damit ich nun nicht mit dem Finanzamt Probleme bekomme habe ich vor mein Gewerbe als ein Kleinstgewerbe anzumelden.

    Da ich mit dem Finanzamt und dem Steuer"recht" bisher nichts am Hut hatte weiss ich leider nichts genaueres, als dass es die Möglichkeit des Kleinstgewerbes gibt.

    Wenn sich hier jmd genauer auskennt wäre es sehr nett, mir die Vor- und Nachteile, sowie andere wichtige Informationen dazu mitzuteilen.

    mfg
     
  2. 1. Oktober 2007
    AW: Allgemeine Fragen zum Kleinstgewerbe

    na dann..... hier bitte schön...

    DER KLEINUNTERNEHMER

    Da immer wieder Fragen zur Kleinunternehmerregelung gestellt werden. Hier mal eine ausführliche Erläuterung die jeder erst mal ausführlichst lesen sollte, bevor er seine Fragen stellt. Die meisten Fragen sollten in dieser Erläuterung geklärt werden.

    Grundlage dieser Regelung ist der § 19 UStG


    Zitat:
    Zitat von § 19 Besteuerung der Kleinunternehmer
    (1) 1 Die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17 500 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird. 2 Umsatz im Sinne des Satzes 1 ist der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz, gekürzt um die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. 3 Satz 1 gilt nicht für die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6, § 13b Abs. 2, § 14c Abs. 2 und § 25b Abs. 2 geschuldete Steuer. 4 In den Fällen des Satzes 1 finden die Vorschriften über die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchstabe b, § 6a), über den Verzicht auf Steuerbefreiungen (§ 9), über den gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4), über die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern in einer Rechnung (§ 14a Abs. 1, 3 und 7) und über den Vorsteuerabzug (§ 15) keine Anwendung.

    (2) 1 Der Unternehmer kann dem Finanzamt bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung (§ 18 Abs. 3 und 4) erklären, dass er auf die Anwendung des Absatzes 1 verzichtet. 2 Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung bindet die Erklärung den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre. 3 Sie kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. 4 Der Widerruf ist spätestens bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung des Kalenderjahres, für das er gelten soll, zu erklären.

    (3) 1 Gesamtumsatz ist die Summe der vom Unternehmer ausgeführten steuerbaren Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 abzüglich folgender Umsätze:

    Nr. 1. der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe i, Nr. 9 Buchstabe b und Nr. 11 bis 28 steuerfrei sind;

    Nr. 2. der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe a bis h, Nr. 9 Buchstabe a und Nr. 10 steuerfrei sind, wenn sie Hilfsumsätze sind.

    2 Soweit der Unternehmer die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 oder § 20), ist auch der Gesamtumsatz nach diesen Entgelten zu berechnen. 3 Hat der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des Kalenderjahres ausgeübt, so ist der tatsächliche Gesamtumsatz in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen. 4 Angefangene Kalendermonate sind bei der Umrechnung als volle Kalendermonate zu behandeln, es sei denn, dass die Umrechnung nach Tagen zu einem niedrigeren Jahresgesamtumsatz führt.

    (4) Absatz 1 gilt nicht für die innergemeinschaftlichen Lieferungen neuer Fahrzeuge. § 15 Abs. 4a ist entsprechend anzuwenden.

    Der § 19 UStG zur Kleinunternehmerregelung liest sich wesentlich schwerer als er eigentlich ist. Am besten versteht man ihn wohl durch die Beantwortung der häufigsten Fragen:

    Was bewirkt die Kleinunternehmerregelung ?

    Sie bewirkt das ein Unternehmer (egal ob freiberuflich, gewerblich oder nebenberuflich) von der grundsätzlichen Verpflichtung, seine Umsätze mit Umsatzsteuer zu belasten, befreit wird. In der Praxis bedeutet das, dass der Unternehmer in seinen Rechnungen keine Umsatzsteuer ausweisen darf (auch der Hinweis, 16% (19 %) oder 7% MWSt oder USt enthalten ist nicht erlaubt). Im Gegenzug kann der Kleinunternehmer auch keine Vorsteuern, Erwerbsteuern oder Einfuhrumsatzsteuern vom Finanzamt wieder bekommen.

    Wird man automatisch Kleinunternehmer ?

    EDIT von Sven:
    Ja, grundsätzlich ist jeder Unternehmer Kleinunternehmer, sofern er innerhalb der Gesamtumsatzgrenzen bleibt (zur Prüfung dieser Grenzen siehe weiter unten). Im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung, den der Gewerbetreibende kurz nach der Gewerbeanmeldung erhält, wird er jedoch gefragt ob er diese Regelung beibehalten möchte oder lieber darauf verzichten möchte. Liegt er also unter den Gesamtumsatzgrenzen kann er wählen (optieren) zwischen der Regelversteuerung und dem Kleinunternehmerstatus. Liegt er oberhalb der Grenzen kommt die Kleinunternehmerregelung nicht in Betracht.

    Was ist überhaupt der Unterschied zwischen Umsatzsteuer, Vorsteuer und Mehrwertsteuer ?

    Auch wenn ein Kleinunternehmer mit der folgenden Schilderung nichts zu tun hat ist es wichtig, das er sie kennt, da es ihm sonst schwerer fällt die Kleinunternehmerregelung zu verstehen. Auch wird es ihm dann schwer fallen die Entscheidung zu treffen ob er vielleicht lieber auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichten soll.

    Letztendlich bedeutet alles eigentlich das gleiche, aber je nachdem aus welcher Sicht man die Steuer betrachtet, nennt man sie anders.

    1) Die Steuer, die ein Unternehmer an das Finanzamt aufgrund seiner Umsätze bezahlen muss, nennt man Umsatzsteuer (Der Unternehmer stellt die Umsatzsteuer seinen Kunden zusätzlich in Rechnung und leitet sie dann weiter ans Finanzamt).

    2) Die Steuer die ein Unternehmer von einem anderen Unternehmer in Rechnung gestellt bekommt und sich vom Finanzamt wiederholen kann nennt man Vorsteuer.

    3) Den Begriff Mehrwertsteuer gibt es im Steuersystem zwar nicht mehr, aber er wird noch benutzt um die Begriffe Umsatzsteuer und Vorsteuer zu vereinen.

    Beispiel:
    Ein Unternehmer kauft einen CD Player bei seinem Lieferanten für Netto 100 € + 16% USt 16 €. Er muss also 116 € an seinen Lieferanten bezahlen. Von dem gezahlten Kaufpreis bekommt er die 16% Umsatzsteuer 16 € (was für ihn Vorsteuer ist) vom Finanzamt wieder, so das ihm für den Kauf des CD Players lediglich 100 € an Kosten entstanden sind.

    Jetzt möchte der Unternehmer den CD Player selber für Netto 200 € + 16% USt 32 € verkaufen. Er bekommt von seinem Kunden also 232 €. Von diesen 232 € muss er jetzt die 16% Umsatzsteuer 32 € ans Finanzamt bezahlen.

    Ergebnis: der Unternehmer wird nicht mit Umsatzsteuer belastet sondern nur der Endkunde. Der Unternehmer leitet die Umsatzsteuer lediglich für seinen Kunden weiter an das Finanzamt. Der Unternehmer hat bei diesem Geschäft einen Rohgewinn von 100 € erziehlt (200 € Nettoverkaufspreis ./. 100 € Nettoeinkaufspreis).

    Und wie wäre das Beispiel bei einem Kleinunternehmer ?

    Beispiel:
    Ein Kleinunternehmer kauft einen CD Player bei seinem Lieferanten für Netto 100 € + 16% USt 16 €. Er muss also 116 € an seinen Lieferanten bezahlen. Von dem gezahlten Kaufpreis bekommt er die 16% Umsatzsteuer 16 € NICHT vom Finanzamt wieder, so dass ihm für den Kauf des CD Players 116 € an Kosten entstanden sind.

    Jetzt möchte der Kleinunternehmer den CD Player selber verkaufen, will aber den gleichen Rohgewinn wie ein normaler Unternehmer (siehe vorheriges Beispiel) haben. Also Verkauft er den CD Player für 216 €. Er bekommt von seinem Kunden also 216 €. Von diesen 216 € muss er KEINE Umsatzsteuer ans Finanzamt bezahlen.

    Ergebnis der Kleinunternehmer wird mit 16 € Umsatzsteuer aus dem Wareneinkauf belastet, die er aber an seinen Kunden weitergibt in dem er seinen Verkaufspreis entsprechen erhöht.
    Der Kleinunternehmer hat bei diesem Geschäft einen Rohgewinn von 100 € erzielt (216 € Verkaufspreis ./. 116 € Einkaufspreis). Fazit: Obwohl der Kleinunternehmer sein Produkt um 16€ günstiger anbieten kann hat er trotzdem den gleichen Rohgewinn wie ein normaler Unternehmer. Welchen CD Player würdet Ihr als Privatperson jetzt kaufen ? Wenn man ganz gewitzt ist und 232 € tatsächlich ein erzielbarer Verkaufspreis wäre, würde man dann wohl den gleichen Verkaufspreis machen wie ein normaler Unternehmer, dann erhöht sich der Rohgewinn noch um 16 €.

    Klasse, dann werd ich doch erst mal Kleinunternehmer. Oder hat das auch Nachteile ?

    Zu Beginn einer selbständigen Tätigkeit fallen häufig hohe Kosten an, z.B. werden Büromöbel benötigt oder Computer, Autos etc., halt alles was man braucht um seine Tätigkeit überhaupt ausüben zu können. Die Vorsteuer, die in diesen Kosten enthalten ist bekommt der Kleinunternehmer nicht vom Finanzamt erstattet und kann sie auch nicht an den Kunden weitergeben, weil diese Gegenstände ja im Unternehmen verbleiben und nicht verkauft werden. Je nachdem wie hoch diese Anfangskosten sind kann ein Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung günstiger sein (Sollte deshalb im Einzelfall geprüft werden).

    Ein nicht zu unterschätzender Nachteil des Kleinunternehmers ergibt sich dann, wenn man hauptsächlich andere Unternehmer als Kunden haben wird, denn diese Kunden möchten natürlich nach Möglichkeit eine Rechnung bekommen die sie zum Vorsteuerabzug berechtigt und solch eine Rechnung darf der Kleinunternehmer nicht ausstellen.

    Fazit: Fallen bei Beginn der selbständigen Tätigkeit nur geringe Kosten an und wird hauptsächlich an Privatkunden verkauft ist die Kleinunternehmerregelung eine gute Sache.

    Wie prüfe ich, ob ich die Kleinunternehmerregelung überhaupt in Anspruch nehmen DARF ?

    Im Gründungsjahr muss der Gesamtumsatz glaubhaft geschätzt werden:

    1) Er darf die Grenze von 17.500 € nicht übersteigen.
    2) Der Gesamtumsatz des Folgejahres muss ebenfalls geschätzt werden und darf die Grenze von 50.000 € nicht übersteigen.

    Sind beide Voraussetzungen erfüllt kann man im Gründungsjahr die Kleinunternehmerregelung beanspruchen. Bei Beginn der Tätigkeit mitten im Jahr gelten die genannten Grenzen anteilig.

    In den Folgejahren ist dann der tatsächliche Gesamtumsatz zu ermitteln und entscheidet darüber, ob die Kleinunternehmerregelung weiterhin beansprucht werden darf. Liegt er über 17.500 € kann man die Kleinunternehmerregelung für das Folgejahr nicht mehr in Anspruch nehmen.

    Für Verwirrung sorgt dabei regelmäßig die 50.000 € Grenze: Sie gilt ausschließlich im folgenden Fall:

    Liegt der geschätzte oder der tatsächliche Gesamtumsatz in einem Jahr zwar unter 17.500 € aber wird er das Folgejahr wahrscheinlich 50.000 € übersteigen kann man die Kleinunternehmerregelung trotz der Unterschreitung der 17.500 € NICHT für das Folgejahr in Anspruch nehmen.

    Beispiel 1: (Gründungsjahr)
    Geschätzter Gesamtumsatz 17.500 € oder weniger
    Geschätzter Gesamtumsatz im zweiten Jahr: 50.000 € oder weniger

    Ergebnis: Kleinunternehmerregelung im ersten Jahr ist möglich.

    Beispiel 2: (Gründungsjahr)
    Geschätzter Gesamtumsatz 17.500 € oder weniger
    Geschätzter Gesamtumsatz im zweiten Jahr: 50.001 € oder mehr

    Ergebnis: Kleinunternehmerregelung im ersten Jahr ist NICHT möglich.

    Beispiel 3: (Gründungsjahr)
    Geschätzter Gesamtumsatz 17.501 € oder mehr
    Geschätzter Gesamtumsatz im zweiten Jahr: 50.000 € oder weniger

    Ergebnis: Kleinunternehmerregelung im ersten Jahr ist NICHT möglich.

    Beispiel 4: (Gründungsjahr)
    Geschätzter Gesamtumsatz 17.501 € oder mehr
    Geschätzter Gesamtumsatz im zweiten Jahr: 50.001 € oder mehr

    Ergebnis: Kleinunternehmerregelung im ersten Jahr ist NICHT möglich.

    Beispiel 5: (2. Jahr der Selbständigkeit oder später)
    Tatsächlicher Gesamtumsatz 17.500 € oder weniger
    Geschätzter Gesamtumsatz im dritten Jahr: 50.000 € oder weniger

    Ergebnis: Kleinunternehmerregelung im zweiten und dritten Jahr ist möglich.

    Beispiel 6: (2. Jahr der Selbständigkeit oder später)
    Tatsächlicher Gesamtumsatz 17.500 € oder weniger
    Geschätzter Gesamtumsatz im dritten Jahr: 50.001 € oder mehr

    Ergebnis: Kleinunternehmerregelung im zweiten Jahr möglich im dritten Jahr NICHT möglich.

    Beispiel 7: (2. Jahr der Selbständigkeit oder später)
    Tatsächlicher Gesamtumsatz 17.501 € oder mehr
    Geschätzter Gesamtumsatz im dritten Jahr: 50.000 € oder weniger

    Ergebnis: Kleinunternehmerregelung im zweiten Jahr möglich im dritten Jahr NICHT möglich.

    Beispiel 8: (2. Jahr der Selbständigkeit oder später)
    Tatsächlicher Gesamtumsatz 17.501 € oder mehr
    Geschätzter Gesamtumsatz im dritten Jahr: 50.001 € oder mehr

    Ergebnis: Kleinunternehmerregelung im zweiten Jahr möglich im dritten Jahr NICHT möglich.

    Was passiert wenn meine Schätzungen falsch waren und ich die Grenzen im Nachhinein überschreite?

    Man bleibt dann für den vergangen Zeitraum trotzdem Kleinunternehmer. Rückwirkend würde meiner Einschätzung nach nur etwas geändert, wenn das Finanzamt nachweisen könnte, dass die Schätzungen vorsätzlich falsch waren (Meiner Einschätzung nach fast unmöglich, dass das Finanzamt dieses nachweisen kann).
    Für den laufenden Zeitraum hat man selbst die Umsatzsteuer abzuführen. Eine Aufforderung vom Finanzamt gibt es nicht.


    Eine garantie gibt es nicht ob das stimmt aber so habe ich das mal vor meiner Selbständigkeit auch gebraucht....
     
  3. 2. Oktober 2007
    AW: Allgemeine Fragen zum Kleinstgewerbe

    Danke, das hätte ich mal vor 2 Jahren für nen Freund gebraucht. Schön übersichtlich.
     
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