Computerwahl in Brandenburg:Jüngste Beobachtungen übertrafen schlimmste Befürchtungen

Dieses Thema im Forum "Netzwelt" wurde erstellt von zwa3hnn, 27. Oktober 2008 .

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  1. 27. Oktober 2008
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 14. April 2017
    Der Chaos Computer Club (CCC) hat mit Hilfe freiwilliger Wahlbeobachter am 28. September 2008 in zehn brandenburgischen Kommunen eine weitere Wahlbeobachtung durchgeführt. Ziel war es, den tatsächlichen Einsatz von Wahlcomputern bei den Kommunalwahlen zu dokumentieren und die Behauptungen des Wahlcomputer-Herstellers sowie der zuständigen Bundes- und Landeswahlbehörden zur Sicherheit, Akzeptanz und Bedienerfreundlichkeit zu überprüfen.

    Der CCC veröffentlicht heute einen umfänglichen Wahlbeobachterbericht. [1] Nach den Beobachtungen in den Wahllokalen ist klar, dass wichtige Regeln beim Einsatz der manipulationsanfälligen Wahlcomputer weiterhin missachtet wurden. Im Detail wurden die schon bei früheren Wahlbeobachtungen [2] festgestellten Sicherheitsprobleme sowie Schwierigkeiten bei Aufbau, Betrieb, Auszählung und der eigentlichen Wahlhandlung bestätigt. Auch die Versprechen der Hersteller und Verkäufer der Wahlcomputer, dass Personal und damit Kosten gespart würden, wurden eindeutig widerlegt.

    Es zeigte sich weiterhin, dass auch nach der breiten Debatte in der Öffentlichkeit sowie der unmittelbar bevorstehenden mündlichen Anhörung vor dem Bundesverfassungsgericht am Dienstag, den 28. Oktober, in den Gemeinden kaum ausreichende Sensibilität für die Probleme und Gefahren des Wahlcomputereinsatzes besteht.

    "Die Vertrauensseeligkeit der Wahlhelfer ist ungebrochen", sagte CCC-Sprecher Dirk Engling, "doch das bereits unterminierte Vertrauen der Wähler in die Korrektheit des Wahlergebnisses schwindet zusehends."

    Die Schwierigkeiten im Umgang mit den Nedap-Wahlcomputern betrafen nicht nur die Wahlvorsteher und Wahlhelfer, die mit Technikausfällen und der komplexen Benutzerführung zu kämpfen hatten. Auch die Wähler mussten häufig bei der Stimmabgabe unterstützt werden, benötigten aufgrund der mangelhaften Beschriftung eigens bereitgehaltene Leselupen und mussten zudem vielerorts lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Einige Wähler wurden dadurch sogar von der Wahl ausgeschlossen.

    "Wer geglaubt hatte, bei den bisherigen Beobachtungen schon alle Möglichkeiten des Versagens dieser Risikotechnik gesehen zu haben, konnte noch unangenehm überrascht werden", sagte CCC-Sprecher Dirk Engling. "Die Wahlcomputer waren eine Zumutung für die Wähler und eine Nervenprobe für die Wahlhelfer."

    Von der Illusion "geschützter Umgebungen" bei Lagerung und Transport hatten sich die Wahlbeobachter schon bei früheren Einsätzen verabschiedet. Auch diesmal wurde allzu leichtfertiger Umgang mit den manipulationsanfälligen Computern beobachtet: Von der Lagerung über Nacht in ungesichterten Hinterzimmern, über fehlende Versiegelungen bis hin zu unbeaufsichtigtem Transport der Speichermodule mit den elektronischen Wahlergebnisse boten sich Möglichkeiten zur Manipulation zuhauf.

    "Es ist nun das Gebot der Stunde, Konsequenzen aus dem multiplen Versagen der Technik zu ziehen. Die Bundesrepublik sollte dem Beispiel der Niederlande folgen und Wahlcomputer grundsätzlich abschaffen, bevor wir hier Verhältnisse wie in Florida oder Ohio bekommen", kommentierte Engling die Ergebnisse der Beobachtung. Auch in den USA werden bei den anstehenden Präsidentenwahlen zum wiederholten Male massive Probleme mit defekten oder manipulierten Wahlcomputern erwartet.

    Bei der Wahl in Brandenburg war es nicht möglich, die vom Computer errechneten Ergebnisse unabhängig zu überprüfen, da Nedap-Wahlcomputer keine solche Prüfung zulassen. Selbst die alten Nedap-Computer ohne Schutz vor dem Ausspionieren der Wählerstimme durch Funkabstrahlung waren weiter zulässig und im Einsatz.

    Der CCC bedankt sich herzlich bei allen Freiwilligen!
    Links:
    • [1] Bericht zur Wahlbeobachtung in Brandenburg am 28. September 2008
    • [2] Schwerwiegende Wahlcomputer-Probleme bei der Hessenwahl

    quelle: chaos computer club



    Wahlprüfer des Bundestags bezeichnet Wahlcomputer als sicher
    Verhandlung vor Bundesverfassungsgericht am Dienstag
    Der Vizechef des Wahlprüfungsausschusses des Deutschen Bundestags hat sich für den Einsatz von Wahlcomputern ausgesprochen. In dieser Woche verhandelt das Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde über den Einsatz bei der Bundestagswahl 2005.


    Die Abstimmung mit elektronischen Wahlgeräten ist sicher. Diese Meinung vertritt der Vizevorsitzende des Wahlprüfungsausschusses des Deutschen Bundestages, Carl-Christian Dressel (SPD). Dressel wird den Bundestag am 28. Oktober 2008 bei der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vertreten. Erörtert werden zwei Wahlprüfungsbeschwerden zum Einsatz der Wahlautomaten in rund 2.000 Wahllokalen in Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt im Jahr 2005.

    Laut Dressel hat es in der Vergangenheit keine nennenswerten Schwierigkeiten für Wähler oder Wahlvorstände mit den Rechnern gegeben. Auch die Kläger hätten keinen "einzigen Fall einer Unregelmäßigkeit, einer Manipulation oder einer sonstigen Auffälligkeit" schildern können, weshalb der Bundestag im Rahmen des Wahlprüfungsverfahrens die Sicherheit der Wahl mit diesen Wahlgeräten festgestellt und die Wahleinsprüche zurückgewiesen habe.

    "Aus den in den Niederlanden in einer experimentellen Umgebung erfolgten Manipulationen kann nicht auf die tatsächliche Möglichkeit der Manipulation von realen Wahlen, nicht einmal auf reale Manipulationsmöglichkeiten in Deutschland geschlossen werden", sagte Dressel. "Im Übrigen ist eine Manipulationsgefahr auch bei der herkömmlichen Urnenwahl nie vollständig auszuschließen."

    Auch der Wahlprüfungsausschussvorsitzende, Thomas Strobl (CDU), sagte der Saarbrücker Zeitung, Wahlcomputer hätten ein hohes Maß an Akzeptanz bei Wählern und Wahlvorständen gefunden. Das für Anfang Januar 2009 erwartet Urteil werde Auswirkungen darauf haben, ob und in welchem Umfang Wahlautomaten bei der Bundestagswahl 2009 eingesetzt werden könnten.

    Der Chaos Computer Club (CCC) hat dagegen seine Vorwürfe auf Manipulationsanfälligkeit nach dem Einsatz von Wahlcomputern am 28. September 2008 in zehn brandenburgischen Kommunen erneuert. Die Wahlvorsteher und -helfer hätten mit Technikausfällen und komplizierter Benutzerführung der Nedap-Wahlcomputern zu kämpfen gehabt. Auch die Wähler hätten häufig bei der Stimmabgabe unterstützt werden müssen. Sicherheitsrisiken berge die Lagerung der Rechner über Nacht in ungesicherten Hinterzimmern, fehlende Versiegelungen und unbeaufsichtigter Transport der Speichermodule mit den Wahlergebnissen. Die Bundesrepublik solle dem Beispiel der Niederlande folgen und Wahlcomputer grundsätzlich abschaffen, so ein CCC-Sprecher.


    quelle: Golem.de



    CCC legt Abschlussbericht zur Wahlbeobachtung in Brandenburg vor

    Verletzungen des Wahlgeheimnisses, multiples Versagen der Technik, Schwierigkeiten beim Umgang mit den eingesetzten Nedap-Computern bei Wählern, Wahlhelfern und Wahlvorstehern, teilweise erhebliche Verzögerungen, die dazu führten, dass Wähler sogar von der Wahl ausgeschlossen wurden – die Eindrücke, die freiwillige Wahlbeobachter des Chaos Computer Clubs (CCC) bei der jüngsten Kommunalwahl in Brandenburg zum Einsatz von Wahlmaschinen gesammelt haben, lesen sich wie die Beschreibung eines Gruselkabinetts des elektronischen Wählens.

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    Klein, kleiner, Lupe: CCC-Angaben zufolge waren die Beschriftungen der Wahlvorschläge so winzig, dass sie selbst mit einer Lupe kaum entziffert werden konnten.
    Bildquelle: CCC

    Selbst nach Abzug eines Anteils möglicherweise einseitiger Beobachtung und Bewertung, den man dem CCC und seinen Mitgliedern als ausgewiesenen Gegnern des E-Votings und insbesondere des niederländischen Wahlmaschinen-Herstellers Nedap zurechnen könnte, lässt der jetzt vorgelegte Abschlussbericht des CCC (PDF-Datei) nur ein Urteil zu: In den zehn brandenburgischen Städten und Gemeinden, wo am 28. September insgesamt 238 Nedap-Wahlcomputer eingesetzt wurden, sind Wahlgrundsätze erheblich verletzt und wichtige Regeln beim Umgang mit Wahlcomputern missachtet worden.

    So heißt es etwa in dem Bericht, dass die Wahlcomputer durchweg "mit angehängten Leselupen in den Wahllokalen aufgestellt" wurden, "da selbst für normalsichtige Menschen die winzigen Tastenbeschriftungen der Wahlvorschläge nicht ohne weiteres zu entziffern waren. Gerade ältere Menschen waren auch unter Zuhilfenahme der Lupen oft nicht in der Lage, ihren gewünschten Wahlvorschlag aufzufinden". Wahlhelfer hätten dann "durch teils unaufgeforderte Hilfestellung hinter der Abdeckung des Computers" versucht, "Warteschlangen zu verkürzen".
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    Wegen der langen Wartezeiten sei es sogar zum "Ausschluss von Wählern" gekommen, heißt es weiter. Häufig sei auch das Problem beobachtet worden, "dass Wähler die Taste zur finalen Abgabe ihrer Stimme nicht drückten, oft weil sie nicht gefunden wurde oder den Wählern nicht bewusst war, dass sie am Ende ihrer Stimmabgabe eine weitere Taste drücken sollten". Dadurch sei eine problematische Situation entstanden, "die oft genug nur unter Verletzung des Wahlgeheimnisses oder durch undokumentierte Annullierung der Stimmen aufgelöst wurde".

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    Guck mal, was der wählt: Spiegel hinter einem Wahlcomputer im Wahllokal 11, Teltow
    Bildquelle: CCC

    Die Beobachter registrierten zudem einen "allzu leichtfertiger Umgang" mit den eingesetzten Wahlcomputern. So seien Geräte etwa über Nacht "in leicht zugänglichen und unzureichend gesicherten Hinterzimmern" gelagert worden. Auch hätten Versiegelungen gefehlt und es seien Speichermodule mit den elektronischen Wahlergebnissen unbeaufsichtigt transportiert worden. "Üblich" gewesen seien zudem "Abweichungen zwischen der Anzahl der anhand der auf Papierlisten registrierten Wähler und der Anzahl vom Computer errechneter Stimmen".

    Bei der Wahl in Brandenburg sei es nicht möglich gewesen, "die vom Computer errechneten Ergebnisse unabhängig zu überprüfen, da Nedap-Wahlcomputer keine solche Prüfung zulassen", resümiert der Chaos Computer Club unmittelbar vor einer Anhörung des Bundesverfassungsgerichts, das am morgigen Dienstag über Wahlprüfungsbeschwerden gegen die Verwendung von Nedap-Wahlcomputern bei der letzten Bundestagswahl verhandelt. "Die Bundesrepublik sollte dem Beispiel der Niederlande folgen und Wahlcomputer grundsätzlich abschaffen", stellt Dirk Engling die Haltung des CCC unmissverständlich klar.


    quelle: heise online
     
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