Darum fällt der Gold-Preis stark

Artikel von raid-rush am 13. März 2020 um 20:57 Uhr im Forum Finanzen & Versicherung - Kategorie: Wirtschaft

Schlagworte:

Darum fällt der Gold-Preis stark

13. März 2020     Kategorie: Wirtschaft
Viele Fragen sich wohl, warum fällt eigentlich der Goldpreis so stark (?), obwohl Gold als sicherer Hafen gilt, gerade in Krisen-Situationen, wenn die Wirtschaft auf Talfahrt ist und die Aktienkurse stark einbrechen. Es gibt immer wieder verschiedene Erklärungen, häufig wird von Gewinnmitnahme und Verlustausgleich berichtet. Hier möchte ich aber erklären, warum das nicht der Grund ist, sondern deutlich komplexere Faktoren den Goldpreis bestimmen.

goldpreis-nachfrage-gold-statistik-2019.jpg
Die Goldnachfrage ging bereits 2019 um 1% zurück, da ein enormer Anstieg der Investitionsströme in ETFs und ähnliche Produkte mit dem preisbedingten Einbruch der Verbrauchernachfrage einherging.



Um zu verstehen wie sich der Goldpreis zusammensetzt, muss man wissen wo Angebot und Nachfrage zusammenkommt. Seit Jahren steigt die Fördermenge von Gold, derzeit liegt diese bei rund 3000 Tonnen. Grund dafür ist die solide Nachfrage bei Goldprodukten vor allem in den Wachstumsregionen der Welt.

66% der Goldförderung werden von der Schmuckindustrie verarbeitet und verkauft. Lediglich 30% landen als Barren und Münzen in den Tresoren von Banken und Privatkunden. Der Rest wird von Staaten selbst gekauft und eingelagert als Devisenreserve oder um die Landeswährung zu stärken.

Üblicherweise nutzen Banken und Investoren Gold nur in Bruchteilen als Anlage, sie eignen sich also kaum als Absicherung für Verluste beim Verkauf von Aktien. Der Anteil an Gold gehaltenen Wertpapieren/Optionen zu gehaltenen Aktien ist verschwindend gering. Die Begründung, das Gewinnmitnahmen oder Verlustausgleich ein Grund ist warum der Goldpreis steigt oder sinkt, dann stimmt das nur in geringem Maß, den die an den Märkten gehandelte Goldmenge ist sehr gering im Vergleich zu der Menge an Gold die in der Industrie physikalisch gehandelt und verarbeitet wird.

Der wahre Grund, warum der Goldpreis sinkt trotz des Aktien-Crashs ist, weil die physikalische Nachfrage an Gold stark eingebrochen ist. Das liegt daran, das Schmuck der größte Gold-Nachfrager ist. Vor allem China und Indien sind die weltweit größten Goldkäufer. In Asien werden knapp 1200 Tonnen Goldschmuck verkauft pro Jahr. Durch das Coronavirus stehen die Läden leer und es wird nichts gekauft. Ebenfalls sorgen sich die Menschen um ihre finanzielle Zukunft, also kaufen sie keinen Schmuck. Die Käufe durch Privatleute in Form von Unzen und Barren können dies trotz der "Panik" nicht ausgleichen. Es gibt also ein Überangebot an Gold.

Weiter kommt dazu, dass einige Länder mit der Pleite kämpfen, um nicht zu kollabieren müssen diese ihre Goldreserven verkaufen um an USD zu gelangen um Rohöl oder Medikamente etc kaufen zu können, da die eigene Landeswährung aufgrund der wirtschaftlichen Schieflage im Wert extrem gesunken ist oder wertlos ist.

Der Goldmarkt wird also auch mit Goldreserven von wackelnden Staaten geflutet. Es ist daher nicht ausgeschlossen, das der Goldpreis noch weiter fällt, obwohl man sich in den reicheren Industrieländern mit dem vermeintlich Wert stabilen Gold eindeckt.

Ein weiterer Grund warum Gold nicht unbedingt die Option für Investoren ist: Die Staaten und Unternehmen werden viele neue Schulden aufnehmen um die Wirtschaft vor Pleitewellen zu bewahren. Das erhöht die Anleihenrendite merklich, das bedeutet höhere Zinsen. Gold dagegen gibt keine Zinsen, und Analysten werden oben erwähnte Faktoren ebenfalls kennen, daher wird deren Geld eher in die höher verzinste Anleihen fließen oder gar in die vermeintlichen Aktien Schnäppchen.

Auch bei Superreichen ist Gold in physikalischer Form meist nicht so sehr gefragt, auch wenn diese ohnehin gut versorgt sind. Sie wissen aber auch, das im Falle einer Währungskrise die Zentralbanken den Referenzkurs für Gold festlegen. Und wir kennen die Nominalwerte von Gold, welche auf den Goldmünzen abgedruckt sind, diese entsprechen nicht einmal einem Zehntel des "freien" Marktpreises. In den USA sind das 50$ pro Unze und in Europa 100€ pro Unze. Ebenfalls können die Länder den Referenzwert durchsetzen, da sie den Handel regulieren können auch ohne gesetzliche Maßnahmen wie einem Goldverbot. Denn sie halten große Mengen an Gold und können durch Ankauf und Verkauf die Preise so einstellen wie sie es möchten.

Alles in allem, Gold ist der letzte sichere Hafen wenn eine Währung zum scheitern droht, und man sein Vermögen schützen möchte. Es ist ein Irrglaube, dass man jemals mit Gold etwas bezahlt oder kauft. Es gibt keinen Staat ohne Währung und selbst bei einer Währungsumstellung wird das gesetzliche Zahlungsmittel immer vom Staat vorgegeben. Von den kleinen Stückelungen profitieren nur die Hersteller und Händler welche dort extreme Aufpreise draufschlagen.

Gold dient also als Schmuck oder für Sammler und selten als Vermögenssicherung. Gold muss also jahrelang sicher verwahrt bleiben, bis es dann irgend wann wieder in eine neue Währung getauscht würde. In Zeiten von Robotern, Industrialisierung und daraus resultierender Überproduktion, ist trotz jahrelanger Geldflut, eher mit einer Deflation zu rechnen, als mit einer starken Inflation. Vor allem dann, wenn ein Hauptfaktor für die Preisbildung - Energie - vom Rohölpreis abhängt.

Es ist also nicht ausgeschlossen, dass der Goldpreis noch weiter abfällt.


In diesem Sinne: goldige und ölige Grüße, damit es auch wie geschmiert glänzt.
 

Kommentare

#2 11. November 2020
Die physische Nachfrage nach Gold ist erheblich eingebrochen. Aufgrund der Krise kauft keiner mehr Schmuck und die Münzen und Barren Nachfrage kann dies nicht ausgleichen. Es kommt also zu einem erheblichem Überangebot auf dem Markt. Wie lange die Zertifikate/Papier-Gold den Preis noch stabilisieren ist unklar.

Die schlechteren wirtschaftlichen Perspektiven, sowie die fehlende Lust am Ausgehen und der stetigen Gefahr, lassen potentielle Käufer abwarten. Die Kaufkräftige meist ältere Bevölkerung weltweit kauft also nichts, und die ärmeren verkaufen jetzt ihr Gold zu hohen Preisen um ggf. finanziellen Puffer zu haben.

Auch die Münzen und Barren sind gesättigt, da viele Kunden bereits erheblich Kapital gebunden haben - zumal der Preis auch sehr hoch ist.

Einige Länder haben erhebliche finanzielle Probleme und kämpfen mit Währungsschwäche. Möglicherweise könnten diese auch gezwungen sein Teile ihrer Goldreserven zu veräußern.

Der Goldpreis wird meiner Einschätzung nach, trotz der weiterhin voll laufenden Pandemie langfristig keine deutlichen Sprünge mehr machen. Tendenziell sehe ich aufgrund der oberen Indizien eher einen Abschwung mit Bodenbildung bei rund 1800 USD (Kurzfristig sogar tiefer).
 
#3 20. September 2021
Die Einschätzung ging auf, der Goldpreis hat sich unterhalb von 1800 USD eingependelt.

Gold ist leider kein guter Inflationsschutz, weil:
Es gibt keine Zinsen - dafür große Kursschwankungen.
Gold ist kein Zahlungsmittel, es ist nicht Liquide nutzbar.

Das mit den Zinsen kann man beim Cash auch als erledigt sehen - obwohl es sogar Negativzinsen gibt, legen Großinvestoren nicht in Gold an weil das Risiko von Kursschwankungen groß ist.
Gold stapelt sich bei den Produzenten schon seit Jahren, weil die Schmucknachfrage sinkt und viele in der Krise auch nicht die Mittel haben oder eher sogar ihren Schmuck wieder verkaufen. Auch als Absicherung schwächt die Nachfrage ab, die Haushalte haben sich eingedeckt mit Gold. Vor allem in Deutschland liegen gigantische Mengen an Investmentgold physisch vor in Haushalten.

Eine mögliche Zinswende die schon beginnt wenn die Anleihenrenditen steigen durch das abschalten des Kaufprogramms der Zentralbanken, könnte sich langfristig weiterhin negativ auf den Goldpreis auswirken. Einen starken Einbruch erwarte ich nicht, aber ich sehe auch kein nachhaltiges Potential nach oben.

In Zeiten von Verwahrentgeld(Negativzins) wird womöglich Bargeld tatsächlich als Offlinewallet interessanter. Schlau war die EZB hier die großen Scheine einzuziehen das diese Alternative für die Banken nicht mehr in Frage kommt.