Ein Ort, zu einer Zeit ohne Hoffnung
Kopenhagen, gegen Ende des Ersten Weltkriegs. Karoline arbeitet in einer drückenden Textilfabrik. Ihr Verdienst – kaum ausreichend zum Überleben. Die Miete? Einfach unmöglich. Ihr Mann – im Krieg verschollen, keine Leiche, keine Witwenrente. Das Schicksal scheint keine Gnade zu kennen. Eine Affäre mit ihrem Chef? Hoffnung schimmert auf. Doch das Glück währt nicht lange – der Abstieg beginnt rasant.
Horrorgeschichte im Schwarz-Weiß
Dieser expressionistisch gefärbte Schwarz-Weiß-Film stellt die dänische Einreichung für den Oscar 2023 in der Kategorie „Bester Internationaler Film“ dar. Was wohl das Schicksal der Nominierung ist? Die Bekanntgabe wurde aufgrund der verheerenden Brände in Los Angeles hinausgezögert.
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„Das Mädchen mit der Nadel“ ist eine außergewöhnliche Independent-Produktion. Sie balanciert zwischen ästhetischer Schönheit und erschreckender Grausamkeit. Es gibt eine stilistische Verbindung zwischen den frühen expressionistischen Meisterwerken und der nüchternen Bildsprache von Steven Spielbergs „Schindlers Liste“. Die Räume – karg, ja geradezu bedrückend. Treppen – schief, fast gefährlich. Die Gebäude spiegeln den zerfallenden Wert einer egoistischen Gesellschaft wider.
Universelle und aktuelle Themen
Trotz des geschichtlichen Kontexts behandelt „Das Mädchen mit der Nadel“ Themen, die auch heute noch relevant sind. Ungewollte Schwangerschaften, soziale Differenzen und unbarmherzige Umstände bilden das Fundament dieser Erzählung. Letztlich wird der Horror des Alltags aufgedeckt.
Ein Horrorfilm – aber nach einer anderen Art
Regisseur und Drehbuchautor Magnus von Horn hatte nach der Premiere in Cannes im Mai 2024 einiges zu sagen. „Einen Horrorfilm zu machen – das wollte ich schon lange.“ Die Faszination für Figuren, die Dynamik von Beziehungsgeflechten – sie stehen im Mittelpunkt. Das Genre verliert sich im Nebel.
Dieser Horror ist anders. Es sind nicht die typischen Schockmomente. Es ist die allgegenwärtige Kälte der Gesellschaft. Die Porträtierung einer Welt – schockierend. Monster entstehen dort, wo man es am wenigsten erwartet. Offenheit und Verborgene – beides spielt eine Rolle. In der zweiten Hälfte wird die wahre Geschichte aufgedeckt: eine Serienmörderin, die Dänemark um 1920 in Angst versetzte. Was sie tat und warum – das bleibt bis zum Schluss verborgen.
Der Weg zur moralischen Verdammnis
Kein Oberflächenblick – der Zuschauer ist gefordert. Fragen drängen sich auf: Was führt zum Verlust der moralischen Unschuld? Was geschieht, wenn der Mensch zum Monster wird? Fragen, die den Film bereichern. Ein überaus eindringliches Drama, das von Horn mit viel Feingefühl erschafft.
Der Film wird in kürze auf Amazon Prime als Stream veröffentlicht.