Die Auswirkungen des Mikrobioms im Kindesalter auf Aggression im späteren Leben

Neuere Studien offenbaren, dass Störungen des Mikrobioms im frühen Kindesalter Aggressionen im späteren Leben verstärken können. Die Forschung auf diesem Gebiet nimmt zu – die Interaktionen zwischen dem Darm, dem Gehirn und aggressivem Verhalten sind zunehmend von Interesse. Dies ist ein Bereich, der noch viele Geheimnisse birgt.

Die Auswirkungen des Mikrobioms im Kindesalter auf Aggression im späteren Leben

25. September 2024 von   Kategorie: Wissenschaft
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Übersicht des Mikrobioms und seiner Funktionen


Das Mikrobiom besteht aus Billionen von Bakterien, die vital für unsere Gesundheit sind. Zahlreiche Studien haben die Verknüpfung zwischen Mikrobiomveränderungen und verschiedenen Erkrankungen untersucht. Hierzu zählen Autismus, Schlaganfälle und multiple Sklerose. Die Komplexität des Mikrobioms zeigt sich also in vielen Dimensionen unserer Gesundheit.


Forschungsergebnisse aus Israel


Forscher der Bar-Ilan Universität (BIU) in Israel untersuchten die langfristigen Effekte des Mikrobioms. Professor Omry Koren, leitender Autor der Studie, sprach von „revolutionären Ergebnissen“. Die gewonnenen Daten legen nahe, dass ein gestörtes Mikrobiom in kritischen Entwicklungsphasen zu aggressiven Verhaltensweisen im späteren Leben führen kann.


Aggression als Überlebensmechanismus


Aggression ist ein fundamentales soziales Verhalten – sie tritt in nahezu allen Spezies auf. Getrieben von evolutionären Faktoren, ist Aggression eng mit dem Überleben verbunden. Verschiedene Elemente beeinflussen Aggression. Genetische Faktoren, Neurotransmitter, Umwelteinflüsse und Hormone spielen dabei eine entscheidende Rolle. Besonders Serotonin – ein Hormon, das größtenteils im Magen-Darm-Trakt produziert wird – wird häufig mit aggressivem Verhalten in Verbindung gebracht.


Methodik der Forschung und Ergebnisse


Um zu verstehen, wie das Mikrobiom Aggression beeinflusst, führten die Wissenschaftler Versuche an Mäusen durch. Dabei wurde aggressives Verhalten im Modell „Resident-Intruder“ getestet. Hierbei wurde ein fremder männlicher Maus-„Einbrecher“ in das Territorium eines männlichen „Residenten“ eingeführt. Auf diese Weise wurde das Aggressionsniveau anhand zweier Kriterien ermittelt: der Zeitspanne bis zur ersten Attacke und der Anzahl der Angriffe.


Eine Gruppe von fünf Wochen alten Mäusen erhielt eine Mikrobiomtransplantation von einem Monat alten menschlichen Säuglingen, die innerhalb von 48 Stunden nach der Geburt Antibiotika erhalten hatten – ihre mikrobielle Vielfalt war dadurch verringert worden. Eine andere Gruppe erhielt Mikrobiota, das nicht von Antibiotika betroffen war. Nach vier Wochen wiesen die Mäuse mit reduziertem Mikrobiom eine höhere Aggressivität auf.


Biochemische und neurologische Veränderungen


Die Forscher analysierten, wie sich diese Transplantate auf die Biochemie und Neurologie der Mäuse auswirkten. Dabei entdeckten sie signifikante Änderungen in der Expression von Aggression-assoziierten Genen in fünf Gehirnregionen. Zudem hatten Mäuse mit einem verringerten Mikrobiom niedrigere Serotonin-Spiegel und erhöhte Tryptophan-Werte. Tryptophan ist eine Aminosäure, die entscheidend für die Serotoninproduktion ist.


Schlussfolgerungen und Ausblick


„Die Ergebnisse verdeutlichen das komplexe Zusammenspiel zwischen Mikrobiom und Aggression. Jedes Element, das wir entdecken, erweitert unser Verständnis der biologischen Prozesse“, betonten die Forscher. Weiterführende Studien sind jedoch notwendig, um die unzähligen Wechselwirkungen zwischen Mikrobiota, Genexpression und Aggression zu entschlüsseln. Das könnte auf langfristige klinische Anwendungen hindeuten – möglicherweise ist der Schlüssel zu neuen Therapieansätzen in der Lebensmittelkunde verborgen.


Die Welt der Mikrobiome bleibt ein spannendes Forschungsfeld – mit Fragen, die ebenso viele Antworten fordern. Das Potenzial dieser Forschung ist enorm.


Quelle: DOI: https://doi.org/10.1016/j.bbi.2024.08.011