eBay wegen gefälschter Juwelen vor Gericht

Dieses Thema im Forum "Netzwelt" wurde erstellt von rainman, 27. November 2007 .

  1. 27. November 2007
    Auf dem Papier mag es unspektakulär scheinen: Ein Juwelier verklagt eBay wegen Markenmissbrauchs und Urheberrechtsverletzung. Auf der Auktionsplattform war offenbar gefälschter Schmuck gehandelt worden. Der Hersteller sieht dafür eBay in der Verantwortung und klagt. Sieht nach Alltag für den Plattformbetreiber aus. Doch könnte bei dem Prozess für eBay in den USA viel auf dem Spiel stehen, und nicht nur eine Menge Geld, warnen Beobachter.

    Denn hier geht es nicht um irgendeinen Schmuckdesigner, sondern die 5th-Avenue-Ikone Tiffany & Co. Mit 2,65 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz 2006 und einem Gewinn von 254 Millionen US-Dollar hat das international aufgestellte Unternehmen eine ordentlich gefüllte Kriegskasse. Der berühmte Juwelier wirft eBay vor, nicht ausreichend gegen den Handel mit Produktfälschungen vorzugehen und davon zu profitieren.

    Tiffany habe das Auktionshaus 2003 auf mehrere mutmaßliche Verstöße hingewiesen, doch habe eBay das ignoriert, beklagt der Anwalt des Juwelen-Imperiums, James Swire in der New York Times. Der Schmuckhändler reichte 2004 Klage ein und fordert eine gerichtliche Verfügung, die eBay zur Prüfung der Angebote zwingt. In der vergangenen Woche endete vor einem Bundesgericht in New York die einwöchige Verhandlung.

    Um Markenmissbrauch und Fälschungen geht es dabei nur am Rande. Zwar argumentiert Tiffany, dass es Original-Schmuck nur in den eigenen Läden gebe und ein Vertrieb über Dritte nicht stattfinde. Daher sei davon auszugehen, dass jeder eBay-Händler, der mehr als fünf Produkte als neu und billiger verkaufe, mit Fälschungen handle. Doch ist die eigentliche Frage, die Richard Sullivan zu klären hat, wer künftig dafür verantwortlich ist, den Verkauf gefälschter Produkte zu überwachen und gegebenenfalls zu unterbinden: der Plattformbetreiber oder der Markeninhaber.

    eBay steht dabei auf dem Standpunkt, als reine Handelsplattform nur den Marktplatz zu bieten, auf dem Käufer und Verkäufer zusammenkommen. Die Verantwortung für das Angebot trage der Verkäufer. Die Kontrolle der vielen Millionen Auktionen dürfte zudem sehr aufwändig werden. Das Unternehmen komme seinen gesetzlichen Verpflichtungen nach, erklärte eBay-Anwalt Bruce Rich gegenüber der New York Times. Doch sehe das Gesetz vor allem den Markeninhaber in der Pflicht, seine Rechte zu schützen.

    eBay profitiere von den Verkäufen, argumentiert Swire dagegen. Das Auktionshaus werbe auf der Titelseite mit Tiffany-Auktionen und sei über die Gebühren am Umsatz der Verkäufe beteiligt. De facto sei eBay nicht ein Marktplatz, sondern ein Vertriebsnetz und damit zumindest der Beihilfe zur Markenrechtsverletzung schuldig, wenn nicht gar direkt verantwortlich. Tiffany habe aus über 280.000 Auktionen 325 zufällig ausgewählte Produkte gekauft, von denen sich drei Viertel als Fälschung herausgestellt hätten. Eine direkte Verfolgung der Anbieter sei schwierig, sagte Tiffanys CEO Michael Kowalski vor Gericht aus, man habe es mit "Phantomen" zu tun.

    Zum Abschluss der Verhandlung bemerkte Richter Sullivan, beide Seiten trenne eine "fundamentale Meinungsverschiedenheit" über die Auslegung des Gesetzes. Für Beobachter hat der Ausgang des Verfahrens deshalb auch Signalwirkung. Sollte sich Tiffanys Rechtsmeinung durchsetzen, dürfte eBay wesentliche Anstrengungen unternehmen müssen, um die Plattform künftig von Fälschungen frei zu halten. Das könnte einen erheblichen finanziellen und personellen Aufwand bedeuten – und das Ergebnis belasten.

    Bis zum 7. Dezember sollen die Parteien nun ihre Schlussplädoyers schriftlich einreichen, danach will der Richter schnell sein Urteil fällen. Zuvor wies er auf möglicherweise relevante Präzendenzfälle hin, in denen Anbieter in die Mithaftung genommen worden waren, weil sie nach konkreten Hinweisen keine geeigneten Maßnahmen gegen weitere Verstöße ergriffen hatten. Vergleichbare Rechtssprechung gibt es auch in Deutschland. Hier hatte der Bundesgerichtshof die Haftungsprivilegierung des Online-Auktionshauses mit zwei Urteilen eingschränkt.

    Im April urteilte das Gericht, dass eBay als potenzieller "Mitstörer" bei Kenntnis von Markenverletzungen nicht nur die betroffene Auktion unverzüglich löschen muss, sondern auch geeignete Maßnahmen ergreifen, um vergleichbare Verstöße künftig zu vermeiden. Dabei betonte der BGH allerdings erneut, dass dem Betreiber auf diese Weise keine unzumutbaren Prüfungspflichten auferlegt werden dürfen, die das gesamte Geschäftsmodell infrage stellen würden (Az. I ZR 35/04). In einem anderen Urteil vom Juli wurde dieser Ansatz auch für den Verkauf jugendgefährdender Medien gewählt (Az. I ZR 18/04). (vbr/c't)

    Quelle:http://www.heise.de/newsticker/meldung/99614
     
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