Die Anatomie der Sirenobethylus charybdis
Die Forscher von der Capital Normal University in China und dem Naturhistorischen Museum von Dänemark verwendeten micro-CT-Scans, um 16 in Bernstein konservierte Exemplare zu analysieren. Bei einem ersten Blick könnte man denken, es handele sich um eine alltägliche Wespe, die man auch heute vielleicht ignorieren würde. Doch das Besondere ist, was sich im hinteren Bereich der Kreatur verbirgt – eine außergewöhnliche Hinterleibstruktur, die man mit einem Venusfliegenfalle vergleichen könnte.
Diese Struktur besteht aus drei beweglichen Flügeln, die eine Blütenform annehmen können – ein faszinierendes Detail. Einige Exemplare waren geöffnet, während andere noch geschlossen waren. Der untere Flügel enthält Dornen, seine Spitze ziert eine Vielzahl feiner Härchen – es ist naheliegend, dass diese Härchen dem Parasiten als Sensor dienten. Ihnen fiel die Aufgabe zu, den Wespen mitzuteilen, wenn sich etwas im Begriff befand, in die Falle zu tappen.
Die tödliche Strategie der Täuschung
Nun, dieses Szenario ist äußerst fesselnd. Die Stacheln im Inneren sind jedoch nicht dazu gedacht – sie haben nicht zum Ziel, ihr Opfer zu zerdrücken. Hier offenbart sich die wahre Tragödie für den Ahnen des Insekts. Was als verlockende Falle aussieht, birgt auch die tödliche Fähigkeit, seine Opfer durch ein Stachel in den Griff zu bekommen. Das Ovipositor – dieser röhrenartige Fortsatz – kann dann zielgerichtet Eier in das gefangene Insekt injizieren.
Das Team stellt die Hypothese auf, dass diese parasitäre Wespe in lauernder Position strategisch auf potenzielle Wirtinsekten wartete. Mit ihrem geöffneten Hinterleib lockte sie arglose Insekten an, um sie dann blitzschnell einzufangen. Es ist eine wahrlich furchterregende Vorstellung, wie sich diese Kreatur durch den Prozess der Eibefruchtung einen Vorteil verschaffte.
Das blutige Ende einer Beute
Nach diesem schrecklichen Akt der Injektion blüht die Vorstellung, dass die Falle den gefangenen Insekten schonend wieder freigab, während das Unheil bereits im Inneren seinen Lauf nahm. Die Eier, die bald schlüpfen würden, waren für die Wirte nichts weiter als Futter. Die Larven verzehren ihre Opfer von innen heraus. Dabei ist es interessant, zu überlegen, dass die Erwachsenen von Sirenobethylus charybdis höchstwahrscheinlich kleine fliegende oder springende Insekten als ihre bevorzugten Opfer im Visier hatten.
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Ein neuer Blick auf die Evolution der Parasitismus
Die Strategien dieses urzeitlichen Parasiten werfen spannende Fragen auf – wie hat sich dieses Verhalten im Kontext der Evolution entwickelt? Auch wenn heute andere, mit diesen Wesen verwandte Insekten existieren, scheinen die Methoden zur Fortpflanzung und Aufzucht ihrer Nachkommen bei Sirenobethylus charybdis einzigartig zu sein. Während viele Parasiten auch heutzutage als grausame Folter unerkannt leben und ihre Brut auf ähnliche Weise ernähren, wurde bei dieser Spezies ein qualitativ anderer Ansatz beobachtet.
Es offenbart sich somit ein faszinierendes Bild aus der Zeit der Dinosaurier, wo das Leben alles andere als einfach war. Es ist nicht nur eine Geschichte über das Überleben – es geht um Kreativität und Überlistung in der Natur. Solche Dinge, der Kreislauf von Leben und Tod sowie der unaufhörliche Wettlauf der Evolution, wurden wohl schon damals weit über die Grenze des Verstandes hinaus getrieben.
Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift BMC Biology veröffentlicht. Eine kontroverse Debatte beginnt, wenigstens für uns heute lebende Menschen, die wir uns inmitten all dieser Geheimnisse des Lebens und des Todes bewegen.