Eine toxische Beziehung - wie man Narzissten erkennt

Artikel von Tommy Weber am 7. Juni 2022 um 15:48 Uhr im Forum Alltagsprobleme - Kategorie: Ratgeber & Wissen

Eine toxische Beziehung - wie man Narzissten erkennt

7. Juni 2022     Kategorie: Ratgeber & Wissen
Jeder hat narzisstische Charakterzüge, was vollkommen normal ist, aber nicht jeder ist deshalb auch gleich ein ausgeprägter Narzisst. Diese Menschen sind in negativer Hinsicht etwas Besonderes und machen aus jeder Beziehung eine toxische, also eine vergiftete Beziehung. Aber wie lassen sich Narzissten erkennen? Diejenigen, die nur sich selbst lieben, sind meist sehr charmant, selbstbewusst, eloquent und in der Regel sogar erfolgreich. Um es vereinfacht auszudrücken: Narzissten sind die perfekten Wölfe im Schafspelz.

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Die Menschen mit den zwei Gesichtern
Wer eine narzisstische Persönlichkeit hat, will die extreme Aufmerksamkeit, die Bewunderung und die Anerkennung von anderen Menschen erlangen. Nicht selten sind sie dazu noch arrogant und idealisieren sich sehr gerne selbst. Ein Narzisst verträgt keine Kritik und falls es einen Misserfolg gibt, dann stürzt ihn so etwas in eine schwere Krise. Narzissmus leitet sich von einem antiken Mythos ab. Der Dichter Ovid beschreibt in seinen „Metamorphosen“ einen jungen Mann, der alle Verehrer und Verehrerinnen zurückwies, denn er ist bereits hoffnungslos verliebt, und zwar in sich selbst. Nichts ist für Narzissten schöner als das eigene Bild, was sich im Wasser spiegelt. Er erkennt zwar, dass es eine Täuschung ist, kann jedoch den Blick von sich selbst nicht mehr abwenden.

Narzissmus bedeutet bedingungslose Liebe zu sich selbst, für eine zweite Person ist in dieser besonderen Beziehung kein Platz mehr. Daher enden die Beziehungen mit einem Narzissten immer toxisch und diejenigen, die sich auf eine solche Liaison einlassen, leiden oftmals noch Jahre, nachdem sie zu Ende ist.

Kein rein männliches Phänomen
Nur weil das Vorbild für den Narzissten der heutigen Zeit ein schöner junger Mann aus der Antike war, heißt dies nicht, dass Narzissmus ein männliches Phänomen ist. Frauen holen immer mehr auf. Männer, die von einer solchen verstörenden Beziehung betroffen sind, haben noch mehr Probleme, darüber zu reden, als es bei betroffenen Frauen der Fall ist. Die Scham ist einfach zu groß, das Opfer einer Frau geworden zu sein, die eine Persönlichkeitsstörung hat. Geschätzt haben rund fünf Prozent aller Menschen eine solche Störung ihrer Persönlichkeit. Heilen lässt sich diese Störung leider nicht, Narzissten bleiben, wie sie sind. In sehr vielen Fällen sind sie sich der gestörten Persönlichkeit gar nicht bewusst.

Seelische Grausamkeiten
Die Opfer eines Narzissten werden oftmals nicht ernst genommen, wenn sie endlich den Mut gefunden haben, sich zu öffnen und von ihrem emotionalen Missbrauch zu berichten. Die Betroffenen erleiden seelische Grausamkeiten, die immer Spuren hinterlassen. Narzissten können sehr grausam sein, ihnen reichen schon Kleinigkeiten, um den Partner oder die Partnerin zu demütigen und zu quälen. Sie quittieren einen falschen Satz mit tagelangem Schweigen, und was noch schlimmer ist, sie lassen den Partner oder die Partnerin glauben, dass mit ihrer geistigen Gesundheit etwas nicht stimmt.

Während Narzissten immer wieder mit der gleichen Masche „arbeiten“, sind die Betroffenen ganz unterschiedlich, was ihr Alter, ihre Bildung, die Lebensgeschichte und die Herkunft angeht.

Muster, die sich gleichen
Wer unbewusst an einen Narzissten gerät, erlebt eine Beziehung, die in mehreren Phasen verläuft. Die erste Phase nennt sich „Love Bomb“, und sie dauert in der Regel maximal drei Monate. Die Betroffenen werden mit Aufmerksamkeiten, Geschenken, Schmeicheleien und Komplimenten nur so überschüttet. Damit macht der Narzisst sein „Opfer“ abhängig. In der zweiten Phase zeigen Narzissten dann aber ihr wahres Gesicht, praktisch über Nacht kommt es zum kalten Entzug. Der Narzisst geht auf Distanz, er ist kühl und reagiert beispielsweise nicht mehr auf Anrufe.

Der Partner oder die Partnerin, die sich an die vielen netten Aufmerksamkeiten gewöhnt haben, wissen plötzlich nicht mehr, wie ihnen geschieht und sie fangen an, den Fehler bei sich zu suchen. Die Betroffenen sind der Meinung, dass sie sich anpassen und ihr Verhalten ändern müssen, um den Narzissten wieder zu „versöhnen“.

Wie emotionale Gewalt alltäglich wird
Jeder Narzisst ist sich bewusst, wie viel Macht und Kontrolle er hat. In der dritten Phase wird er damit beginnen, verschiedene Instrumente einzusetzen, um den Partner oder die Partnerin seelisch zu zerstören.

Zu seinen Methoden gehören:
  • Ignorieren
  • Einen vollständigen Abbruch des Kontakts für einen bestimmten Zeitraum.
  • Beleidigungen, Erniedrigungen und Bagatellen werden zu wahren Dramen hochgespielt.
  • Das Überwachen des Partners oder der Partnerin.
Gibt es Kinder in dieser Beziehung, dann wird der Narzisst sie für seine Zwecke einsetzen, sie instrumentalisieren und praktisch „abrichten“. Das Ziel des Narzissten ist es, stets den Alltag von Partner oder Partnerin nicht zur Ruhe kommen zu lassen. Die Betroffenen bewegen sich in dieser Phase in einem ständigen Überlebenskampf. Sie überlegen sehr genau, welchen Schritt sie als Nächstes machen, sie fühlen immer unter Beobachtung und werden schließlich krank.

Burn-out und andere schwerwiegende seelische, aber auch körperliche Erkrankungen sind bei den Opfern von Narzissten nicht selten.

Wer ist besonders gefährdet?
Zwar hat die Masche eines Narzissten nicht bei jedem Menschen Erfolg, aber es gibt Menschen, bei denen haben Narzissten ein leichtes Spiel. Vielfach merken diese Betroffenen die Übergriffe gar nicht, da sie mit einem solchen Verhaltensmuster aufgewachsen sind. Viele, die schon als Kind um die Aufmerksamkeit und um die Liebe von Eltern und Geschwistern kämpfen mussten, haben bereits früh gelernt, dass es Liebe nur gegen Gefälligkeiten gibt. Diese Menschen neigen auch als Erwachsene dazu, sich einen Lebenspartner zu suchen, die dem Muster aus der Kindheit entsprechen.

Diese Betroffenen haben es zudem besonders schwer, sich von einem Narzissten zu trennen, sie leiden weiter, oftmals bis zum totalen Zusammenbruch.

Einen schnellen Schlussstrich ziehen
Wer erkennt, dass es sich um eine toxische Beziehung mit einem Narzissten handelt, sollte so schnell wie möglich das Weite suchen und einen sauberen Schlussstrich ziehen. Der Kontakt muss sofort und ohne eine letzte Aussprache abgebrochen werden. Für viele ist so etwas wie ein Nikotin- oder Drogenentzug. Sie brauchen ihr Suchtmittel und neigen dazu, die Abhängigkeit in vermeintlich kleinen Dosen noch etwas zu verlängern. Dieses Verhalten ist sinnlos, denn ein Narzisst wird weder Einsicht zeigen, noch wird er sich jemals ändern.

In der Mehrzahl sind es Frauen, die an einen Narzissten geraten, und viele sind sogar mehrere Jahre mit ihm verheiratet. Ihnen fällt es besonders schwer, sich aus dieser vergifteten Beziehung zu lösen, zumal ein echter Narzisst nicht einfach so kampflos aufgeben wird. Er wird versuchen, die Trennung so schwierig wie möglich zu machen.

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