Explosionsgefahr im Elektroauto

Dieses Thema im Forum "Netzwelt" wurde erstellt von Melcos, 16. August 2006 .

  1. 16. August 2006
    Explosionsgefahr im Elektroauto

    In den IT-Nachrichten liest man immer wieder davon: Laptops mit Lithium-Ionen-Batterien (LiIon) werden manchmal zu heiß und fangen gar an zu brennen. Der Akkutyp wird inzwischen auch in elektrischen Sportwagen und neuartigen Umrüstkits verwendet, mit denen aus konventionellen Benzinfahrzeugen Elektromobile oder aus Hybridfahrzeugen vollelektrische Autos werden.

    Dabei herrschen derzeit eigentlich spannende Zeiten für die Elektrofahrzeugbranche. Akkus haben dank neuer chemischer Zusammensetzung immer größere Kapazitäten und demnächst sollen auch Hochleistungsfahrzeuge auf den Markt kommen, die Benzinern in nichts nachstehen - Sportwagen von Tesla Motors aus Kalifornien beispielsweise. Doch die Geschichte war bislang bekanntlich nicht immer gut zu Elektrofahrzeugen. Damit sie sich jetzt durchsetzen, müssen sie den Endkunden überzeugen - und das bedeutet, dass unter anderem die Sicherheit der leistungsstarken Batteriesätze bewiesen werden muss.

    LiIon-Batterien werden gerne in Laptops und Handys verwendet, weil sie klein und leicht sind. Doch so viel Energie in so wenig Volumen zu packen, kann gefährlich sein. Mancher Akku ist bereits in Flammen aufgegangen, manchmal sogar in einer Explosion. Und weil brennbares Material und Sauerstoffquelle zusammen in der Batterie stecken, lässt sich ein solches LiIon-Feuer auch nicht so leicht löschen, wie Dan Doughty, Batterieexperte an den Sandia National Laboratories, sagt.

    Um die Sicherheit zu gewährleisten, müssen drei Dinge vermieden werden: das Überladen des Akkus, seine Überhitzung und seine direkte Beschädigung im Falle eines Unfalls. In jedem dieser Szenarien können chemische Reaktionen außer Kontrolle geraten - und diese generieren wiederum extreme Temperaturen, die heiß genug sind, Aluminium zu schmelzen und Batterien explodieren zu lassen.

    Laut der amerikanischen Consumer Products Safety Commission, die für Produktsicherheit auf US-Bundesebene zuständig ist, wurden zwischen 2003 und 2005 mehr als 300 Vorfälle gemeldet, in denen LiIon-Laptop- oder Handy-Batterien überhitzten oder Feuer fingen. Bei vielen davon kam es zu Verletzten.

    Solche potenziellen Probleme werden noch akuter, wenn der Akku in einem Fahrzeug steckt. Im Fall des Tesla-Motors-Sportwagens sitzen beispielsweise fast 7000 Batterien hinter der Fahrgastzelle, um das Auto anzutreiben. (Es braucht nur vier Sekunden, um auf 60 Meilen pro Stunde zu beschleunigen.) Firmenchef Martin Eberhard betont allerdings, dass seine Firma wesentlich mehr für die Batteriesicherheit getan habe als die Hersteller von Laptops.

    Um die Temperatur unter Kontrolle zu halten, hätten die Tesla-Ingenieure beispielsweise ein Flüssigkeitskühlsystem entwickelt. Außerdem würden ein Überladeschutz, insgesamt drei Sicherungsschichten sowie Sensoren, die die Batterie im Falle hoher Temperaturen, Unfällen oder dem Überrollen des Fahrzeuges abschalten, eingebaut. Laut Eberhard war die Verwendung so vieler kleiner Batterien statt weniger großer sogar eine Entscheidung für die Sicherheit - jede Batterie und ihre relativ kleine Energiemenge befindet sich in ihrem eigenen Stahlgehäuse und ist somit vom Rest des Systems isoliert. Gleichzeitig wurde der gesamte Batteriesatz ummantelt, um ihn im Falle eines Unfalls zu schützen.

    Mark Verbrugge, Batterieexperte im Entwicklungscenter von General Motors, hält solche Sicherungsmaßnahmen eigentlich für ausreichend. Allerdings liege ein Faktor außerhalb der Kontrolle des Autoherstellers: Die Produktion der Batterien selbst. Diese stammten nämlich immer von Drittanbietern - und wenn dort die Qualität nicht stimme, leide auch die Sicherheit. "Wenn zwei Elektroden sich berühren, weil die Produktion so schlecht ist, gibt es Probleme", meint Verbrugge.

    Solche internen Kurzschlüsse können zu unkontrollierten chemischen Reaktionen führen, wie Sandia-Mann Doughty sagt: "Und diese Reaktion lässt sich von außen nicht mehr stoppen." Solche Probleme kommen allerdings eher selten vor - laut Statistik nur in einer von 10 Millionen Zellen für Laptops und andere elektronische Geräte. Allerdings stecken in Fahrzeugen bis zu 7000 Zellen, was die Wahrscheinlichkeit natürlich erhöhen kann.

    Aber selbst wenn eine solche schlechte Batterie dann im Fahrzeug landet, heißt das noch lange nicht, dass das zu größeren Problemen führt - zumindest beim Tesla-Motors-Design nicht. "Wir haben unser System so gestaltet, dass die Batterien voneinander unabhängig sind", sagt Eberhard. Das bedeute, dass auch schon mal eine Batterie brennen könne, ohne dass sich das Feuer ausbreitet. Der Grund sei einfach: Die Batterien stecken in einem Stahlgehäuse und die Flüssigkeitskühlung führt die zusätzliche Hitze ab.

    Doughty hat allerdings bereits starke LiIon-Explosionen gesehen, die ein Stahlgehäuse durchschlagen könnten. Und sollte die Kühlung ausfallen, könnten auch Nachbarbatterien überhitzen und so eine Kaskade kleiner Explosionen auslösen. Doughty glaubt allerdings daran, dass die Autohersteller Systeme herstellen könnten, die eine "akzeptable Sicherheit erreichen". Doch selbst wenn es mehrere Sicherheitsschichten gäbe, sei es möglich, dass besonders schlimme Unfälle gleich mehrere dieser Schichten durchbrächen.

    Selbst wenn solche Unfälle eine Seltenheit bleiben sollten, könnten sie den guten Ruf der neuen Generation der Elektroautos schnell gefährden. Doughty warnt insbesondere vor Umbaukits, mit denen gewöhnliche Fahrzeuge oder Hybridautos in Vollelektro-Varianten umgebaut werden können. Dabei kommen ebenfalls LiIon-Batterien zum Einsatz. "Ich habe Angst, dass es eines Tages zu einem spektakulären Unfall mit LiIon-Fahrzeugen kommt. Was werden dann die Leute sagen?"

    Die Experten haben zwei Hauptempfehlungen, wie man dem vorbeugen kann. Erstens seien strikte Produktionsüberwachungsprozesse bei den Batterieherstellern notwendig, meint der General-Motors-Mann. Zweitens, meint sein Kollege Doughty, wäre es wichtig, mehr Geld in die Forschung zu stecken. Eine verbesserte chemische Zusammensetzung könnte nämlich durchaus zu LiIon-Akkus führen, die gar nicht überhitzen könnten.

    source: Technology Review
     
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