Staatliche Verschwiegenheit und nationale Sicherheitsinteressen
Geheime internationale Diskussionen führten dazu, dass Regierungen weltweit ähnliche Exportkontrollen für Quantencomputer verhängten. Die wissenschaftliche Begründung hinter diesen Vorschriften bleibt weiterhin im Verborgenen. Laut Theorie könnten Quantencomputer die nationale Sicherheit bedrohen, indem sie Verschlüsselungstechniken knacken. Jedoch sind selbst die fortschrittlichsten Quantencomputer, die öffentlich bekannt sind, noch zu klein und fehleranfällig, um dies zu bewerkstelligen – wodurch die Verbote auf den ersten Blick sinnlos erscheinen.
Präzise Restriktionen im Vereinigten Königreich
Das Vereinigte Königreich hat den Export von Quantencomputern mit 34 oder mehr Qubits und geringen Fehlerraten verboten. Offenbar soll die Leistung der Maschinen beschränkt werden, doch eine explizite Aussage der Regierung bleibt aus. Auf eine Informationsanfrage des "New Scientist" zur Begründung dieser Zahlen wurde aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht eingegangen.
Einheitliche Regelungen in Europa
Auch Frankreich, Spanien und die Niederlande haben ähnliche Exportkontrollen eingeführt. Trotz identischer Limits in europäischen Ländern gibt es keine entsprechende Verordnung der Europäischen Union. Ein Sprecher der Europäischen Kommission erklärte dem "New Scientist", dass Mitgliedsstaaten nationale Maßnahmen, statt gesamteuropäischer Regelungen, für Exportbeschränkungen annehmen können. Die genauen Gründe für die übereinstimmenden Zahlen bleiben jedoch ungeklärt.
Gefahrenanalyse und diplomatische Verhandlungen
Ein Sprecher der französischen Botschaft in London erklärte, dass das Limit auf einer Analyse beruhe, welche die potenziellen Cyber-Risiken bewertet. Diese Kontrollen seien das Ergebnis „multilateraler Verhandlungen über mehrere Jahre hinweg im Rahmen des Wassenaar-Abkommens“. Weitere Details zu den durchgeführten Analysen wurden jedoch zurückgehalten.
Das Wassenaar-Abkommen – Kontrollen für dual-use Technologien
Das Wassenaar-Abkommen beinhaltet Regulierungen für den Export von Gütern mit möglichem militärischem Nutzen – sogenannten dual-use Technologien. 42 Staaten beteiligen sich daran, darunter die EU-Mitglieder, das Vereinigte Königreich, die USA, Kanada, Russland, Australien, Neuseeland und die Schweiz. Auch Kanada implementierte ein Exportverbot für Quantencomputer mit 34 Qubits.
Nachgefragte Transparenz – geringe Antworten
"New Scientist" kontaktierte viele Wassenaar-Staaten. Nur wenige antworteten auf Fragen zu möglichen Forschungsarbeiten über das Risiko von Quantencomputern und deren Veröffentlichungen. Die Schweiz beobachtet die nationalen Kontrollen anderer Staaten – aktuelle Mechanismen könnten Exporte solcher Technologien dennoch verhindern, sagte ein Sprecher des schweizerischen Wirtschaftsministeriums.
Sicherheitsbedenken in Belgien und Deutschland
Milan Godin, Berater der EU-Arbeitsgruppe für Dual-Use-Güter aus Belgien, erklärte, dass Belgien noch keine Exportbeschränkungen habe, aber die Diskussionen genau verfolge. Ein Sprecher des deutschen Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle bestätigte Verhandlungen unter dem Wassenaar-Abkommen – Details würden geheim gehalten.
Branchenexperten rätseln über die Begründungen
Christopher Monroe, Mitbegründer des Quantencomputerunternehmens IonQ, bemerkte die einheitlichen Verbote. Trotzdem bleibt der Ursprung der Kriterien unklar. Monroe vermutet, dass die Beschränkungen möglicherweise darauf abzielen, Quantencomputer zu begrenzen, die zu fortschrittlich für Simulationen auf herkömmlichen Computern sind.
Er argumentiert: „Die Annahme, dass Unmöglichkeit der Simulation gleichbedeutend mit Nützlichkeit ist, ist falsch.“ Innovation könnte durch solche Beschränkungen erheblich gehemmt werden.