Heute bei der Sendung mit der Maus: Die Demokratie und die neue Urheberrechtsnovelle

Dieses Thema im Forum "Netzwelt" wurde erstellt von zwa3hnn, 10. April 2006 .

  1. 10. April 2006
    Wie der Chris, der Carsten und der Björn sich von ihren Volksvertretern vertreten lassen wollten, mit ihnen über das neue Urheberrecht sprachen, viele neue Bekanntschaften schlossen und dabei lernten, wie der Bundestag funktioniert, das erzählt euch der Chris von F!XMBR.

    Hallo liebe Leser, das ist der Chris, das ist der Carsten und das ist ist der Björn. Die drei sind ganz normale Bürger der Bundesrepublik Deutschland, die selbstverständlich auch bei jeder Wahl wählen gehen. Der Chris, der Carsten und der Björn wählen den Ortwin, die Anette und den Jürgen, das sind die drei Bundestagsabgeordnete aus dem Wahlkreis unserer drei jungen Menschen. In den letzten Wochen gab es viele Diskussionen über die neue Urheberrechtsnovelle. Da der Chris, der Carsten und der Björn auch sehr starkes Interesse an dieser Thematik haben - der Ortwin, die Anette und der Jürgen aber ihrer Meinung nach ihre Interessen und die des normalen Bürgers nicht genug berücksichtigt haben - schrieben sie dann den Abgeordneten ihres Wahlkreises, ohne dass der eine vom anderen wusste, eine eMail. Sie baten die drei Mitglieder unseres Bundestages um eine Stellungnahme zur neuen Urheberrechtsnovelle.

    Der Chris bekam als erstes eine Antwort. Doch als er diese las, stellte er fest, dass er von dem Ortwin nur eine eMail, bestehend aus Textbausteinen bekommen hatte. Ein wenig frustriert veröffentlichte er diese in seinem Weblog und antwortete dem Ortwin gleich in einer nächsten eMail. Ein paar Tage später surfte der Chris durchs Netz und landete beim Carsten auf dessen Blog, und wie der Zufall so spielt, auch der Carsten hatte seinen Schriftverkehr veröffentlicht, und dem Chris fiel ein Satz ins Auge: Dabei haben wir uns gerade mit den Erwartungen der Verbraucherinnen und Verbraucher intensiv auseinander gesetzt. Genau diesen Satz hatte der Chris erst ein paar Tage vorher ebenfalls 1:1 gelesen, in einem Brief, den er von dem Ortwin bekommen hatte. Der Chris schrieb daraufhin den Carsten an, und schickte ihm per Trackback einen Link zu der Antwort von dem Ortwin.

    Der Carsten war sehr erstaunt, und vermutete zuerst höhere Kräfte oder üble Machenschaften, er schrieb: Woher hat der [Anm.: Chris] meine Antwort und warum veröffentlicht er die? Doch es war weder eine Verschwörung, noch waren es höhere Kräfte, es stellte sich heraus, dass der Ortwin und die Anette (der Carsten geschrieben hatte) einfach den gleichen Standardtext verschickt hatten. Der Carsten war sehr sauer, und so schrieb er der Anette gleich eine neue eMail hinterher, in der er ein paar Fragen stellte:

    Und da die Anette und der Ortwin - interessanterweise gehört die Anette der CDU/CSU-Fraktion an, der Ortwin der SPD-Fraktion - einen Standardbrief verschickt hatten, forderte Carsten seine Leser auf, eben auch diesen Standardbrief zu verwenden und zu verschicken. Diesem Aufruf folgte der Chris natürlich sehr gerne. Und man mag es kaum glauben, zur gleichen Zeit wurde aus unserem Duo ein Trio, der Björn meldete sich: Er hatte dem Jürgen (von der CDU/CSU-Fraktion) geschrieben, und ebenfalls den selben Standardbrief zurückbekommen. Dem Carsten jedoch war das alles nicht genug, und so griff er zum Telefonhörer und rief die Anette an, um direkt eine Stellungnahme zu bekommen.

    Die Mitarbeiter der Anette waren gar nicht nett, zuerst sprachen sie davon, dass das Schreiben ein CDU/CSU-fraktionsinternes Schreiben sei, auf Hinweis vom Carsten, dass der Ortwin den gleichen Brief verschickt hatte, wurde aus dem Papier ein koalitionsinternes Schreiben. Dem Carsten wurde ausweichend geantwortet, illegaler Download vorgeworfen, und zum Schluß sagte man ihm, er würde ja in diesem System ganz gut leben. Da beendete der Carsten ganz schnell das Gespräch, sonst hätte er irgendwann noch was gesagt, was man einfach nicht sagt. Aber der Carsten, der gibt nicht auf, und so rief er das Büro vom Ortwin an, dort war man schon etwas freundlicher.

    Ein Mitarbeiter des Ortwin erklärte ihm nachvollziehbar die Situation im Büro des Abgeordneten, er pflichtete ihm sogar bei, dass die Aufforderung, nutzen Sie legale Downloadmöglichkeiten unglücklich gewählt sei und er bat darum, solche Anliegen per Brief zu klären, da, sobald eMail-Kampagnen das Postfach eines Mitgliedes des Bundestages überschwemmen, diese eben nicht individuell beantwortet werden können. Der Carsten bekam sogar eine Antwort von wem das Schreiben verfasst worden ist: Von der SPD-Arbeitsgruppe Recht. Der nächste Step für den Carsten, von der SPD-Arbeitsgruppe Recht, schickte man ihn aber gleich zum Bundesministerium der Justiz. Der Carsten hat große Ausdauer, und so rief er auch dort an.

    Am Anfang war es für den Carsten noch spannend, mit unserem Bundesministerium der Justiz zu telefonieren, er wurde von einer Stelle zur anderen weitergereicht, niemand fühlte sich verantwortlich für das Schreiben, bis, ja bis er die Aussage bekam, er möge sich doch bitte an den Absender des Schreibens wenden. Tja, der Absender argumentiert, wir haben den Schrieb nur verschickt, nicht verfasst, bitte an die Verfasser wenden, und diese argumentieren, man solle sich an den Absender wenden, Carsten fühlte sich, wie in einem schlechen Behörden-Witz. Aber auch hier der Hinweis, keine eMails scheiben, besser Briefe, und zum Schluß die Aussage, Ansprechpartner gibt es keine, einfach hinschicken und darauf vertrauen, dass es schon richtig weiter geleitet wird. Wirklich traurig.

    Auch der Björn war müde, weiter Briefe zu schreiben, und so investierte er ein paar Euro und rief in Berlin beim Jürgen an. Wie auch Carsten, wurde dem Björn gesagt, dass man besser einen Brief schreiben solle, dass nur zwei Mitarbeiter für den Schriftverkehr zuständig seien, und dass es so möglich sei, dass man seine eMail gar nicht gelesen hatte, sondern nur die Betreffzeile. Dieses Gespräch war für den Björn in weiten Teilen positiv, und machte für ihn den negativen Eindruck der Formmail wett.

    Der Carsten war so langsam richtig frustriert, beim Bundesministerium für Justiz ist niemand so richtig erreichbar, er fühlt sich auf den Arm genommen, und so legte er den Hörer wieder beiseite, und nahm wieder die Tastatur und schrieb ein paar Briefe. Zuerst schrieb er einen Brief an die Mitglieder des Bundestages, ein wirklich beeindruckender Brief. Doch auch direkt die Opposition, in Form der Linksfraktion sollte Post bekommen, und, man staune, der Carsten bekam sogar sehr flott Antwort. Ein Wunder ist es nicht, Die Linkspartei ist gegen die neue Urheberrechtsnovelle. Doch damit allein wollte sich der Carsten nicht zufrieden geben, und so fragte er noch mal explizit nach, was die Linkspartei zu tun gedenke. Als letztes bekam der Carsten eine Antwort von der Elke, wobei er sich übrhaupt nicht sicher ist, auf welches Schreiben diese denn nun geantwortet hat, ist dies aber auch egal, schreibt die Elke doch, dass sie sich zu dem Thema im Moment keine abschließende Meinung bilden kann.

    Der Chris war in der Zeit ziemlich faul und hat dem Treiben von Carsten nur begeistert zugeschaut. Er wollte lieber abwarten, bis der Ortwin ihm auf seine eMails antwortet. Am Sonnabend dann bekam der Chris tatsächlich Antwort von dem Ortwin, diesmal sogar in Form eines Briefes, nur der Inhalt, auch wenn der Chris ihn erwartet hatte, enttäuschte: Das Thema Recht ist nicht der Fachbereich des Ortwin, so dass dieser die erste eMail von dem Chris an die SPD-Arbeitsgruppe Recht (s. o.) mit Bitte um Stellungnahme weitergeleitet hat. Enttäuschend war dieser Brief, doch eine Frage von dem Carsten wurde nun beantwortet: Unsere Mitglieder des Bundestages wissen nicht (wenn es nicht ihr Fachbereich ist), was sie dort abnicken.

    Noch am selben Tag wurde der Chris richtig sauer, las er doch zwei neue Nachrichten zur Urheberrechtsnovelle und zur Vorratsdatenspeicherung der Telekommunikationsdaten. Nun fordert die Industrie unverblümt direkten Zugriff auf die persönlichen Daten von normalen Bundesbürgern, ohne den lästigen Umweg der Gerichte, und wenn die Daten schon vorliegen, möchte auch das amerikanische Heimatschutzministerium Zugriff auf diese Daten haben. Im Zuge dieser Eindrücke verfasste der Chris eine erweiterte Mail seiner zuerst geschriebenen, und schickte diese an die Opposition - den Grünen, der FDP und der Linkspartei. Er hofft auf Antwort, ebenso wie der Carsten noch hofft, oder der Björn, denn die Hoffnung soll man nie aufgeben. Wer seinen Abgeordneten auch eine Mail, einen Brief schreiben möchte, der kann aus dieser Liste seinen Angeordenten raussuchen, wer den Namen nicht kennt, kann hier in die Wahlkreise schauen. Je mehr Leute vernünftig argumentierend mitmachen, desto höher ist die Chance, dass etwas bewirkt werden kann. Ein Interview mit Stefan B. aus dem Jahr 2010, man kann nur hoffen, dass es nicht Realität wird, abschließend jedoch soll Carsten zu Wort kommen:


    quelle: gulli untergrund news


    P.S.: Da in dem Text massig Links sind, habe ich diese nicht übernommen. Bitte die Quelle aufrufen um die Links benutzen zu können.
     
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